GESPRÄCH ÜBER KUNST
21
Die Gelegenheit zur Solonummer war da. DerFanatiker nahm
kurzen Anlauf, sprang ab, stürzte kopfüber in Kierkegaard-Ekstase.
Vier Minuten blieb er unter Wasser, tauchte sprudelnd auf und
wirbelte in einer ironischen Schluß-Pirouette etwaige Spuren von
Selbstgefälligkeit aus der Vorführung.
Der Vierte gähnte krampfhaft-verstohlen durch die Nase.
Stumm, das Haupt gesenkt, schritten der Hochmütige und der Kluge.
Am Ende hält der Esel die Stille für „ergriffenes Schweigen",
dachten sie...
Der Hochmütige warf sachte hin: „Leider bin ich ein Ignorant."
Es war ja nicht viel, aber immerhin eine kleine feine liebens-
würdige Note.
Der Gescheite hatte die Minuten, während deren der Fanatiker
unter Wasser war, nicht verläppert, sondern sich etwas Neues zur
Verwirrung der Standpunkte ausgedacht.
„Kierkegaard ist gut übersetzt", sagte der Vierte.
Domm, Domm... Zwei Schläge der Kirchenuhr.
Der Hochmütige fühlte Schlaf auf den Lidern. Aber etwas
hielt ihn quälend munter: er hatte nicht genug leicht, klug, wissend,
unnervös-überlegen gesprochen. Ein spitzzähniger Gedanke nagte:
sie haben meine Hirn-Maschine knarren und keuchen gehört...
Oh...
Den Fanatiker überfiel jäh die Angst: am Ende gilt Kierke-
gaard nicht mehr bei den Jungen!... Ich muß vor dem Abschied
noch etwas für den Expressionismus... etwas ganz Radikales...
etwas Über-Zukünftiges . . . etwas leidenschaftlich Grausames, aus
echter Jugend-Hitze hervorgefunkt.
Das falsche Beispiel von früher wurmte den Klugen... Falsch,
was ist falsch?.. Es kommt auf den Elastizitätsgrad, nicht auf den
Inhalt der Behauptung an... Ohne sein Sodbrennen heute abend
hätte er das Beispiel herausgehauen... Nicht schlecht!... ist das
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Die Gelegenheit zur Solonummer war da. DerFanatiker nahm
kurzen Anlauf, sprang ab, stürzte kopfüber in Kierkegaard-Ekstase.
Vier Minuten blieb er unter Wasser, tauchte sprudelnd auf und
wirbelte in einer ironischen Schluß-Pirouette etwaige Spuren von
Selbstgefälligkeit aus der Vorführung.
Der Vierte gähnte krampfhaft-verstohlen durch die Nase.
Stumm, das Haupt gesenkt, schritten der Hochmütige und der Kluge.
Am Ende hält der Esel die Stille für „ergriffenes Schweigen",
dachten sie...
Der Hochmütige warf sachte hin: „Leider bin ich ein Ignorant."
Es war ja nicht viel, aber immerhin eine kleine feine liebens-
würdige Note.
Der Gescheite hatte die Minuten, während deren der Fanatiker
unter Wasser war, nicht verläppert, sondern sich etwas Neues zur
Verwirrung der Standpunkte ausgedacht.
„Kierkegaard ist gut übersetzt", sagte der Vierte.
Domm, Domm... Zwei Schläge der Kirchenuhr.
Der Hochmütige fühlte Schlaf auf den Lidern. Aber etwas
hielt ihn quälend munter: er hatte nicht genug leicht, klug, wissend,
unnervös-überlegen gesprochen. Ein spitzzähniger Gedanke nagte:
sie haben meine Hirn-Maschine knarren und keuchen gehört...
Oh...
Den Fanatiker überfiel jäh die Angst: am Ende gilt Kierke-
gaard nicht mehr bei den Jungen!... Ich muß vor dem Abschied
noch etwas für den Expressionismus... etwas ganz Radikales...
etwas Über-Zukünftiges . . . etwas leidenschaftlich Grausames, aus
echter Jugend-Hitze hervorgefunkt.
Das falsche Beispiel von früher wurmte den Klugen... Falsch,
was ist falsch?.. Es kommt auf den Elastizitätsgrad, nicht auf den
Inhalt der Behauptung an... Ohne sein Sodbrennen heute abend
hätte er das Beispiel herausgehauen... Nicht schlecht!... ist das