JANTHURS GRAPHIK
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aufbrechen, deren sehnsüchtiges Rot in unendliche Tiefen und
dämmernde Fernen der Seele lockt. Indessen deute man diesen
Unterschied nicht als einen graduellen in dem Sinne, daß die späteren
Werke ohne weiteres als die vollkommeneren zu gelten hätten.
Vielmehr handelt es sich um völlig ungleichartige Dinge, um Vor-
gänge aus ganz verschiedenen Ebenen des Daseins und Bewußt-
seins. Diese Art Verschiedenheit wird dem Europäer von heute
schwer begreiflich werden. Denn in der Oberflächlichkeit seiner
entgötterten, durch den Materialismus entweihten Welt kennt er
nur eine der niedrigsten Bewußtseinssphären, etwa die Realität
der Zivilprozeßordnung, die er für die allein vorhandene und gültige
ansieht, ohne zu ahnen, in welcher Vielstufigkeit sich darüber die
erhabeneren Lebensformen entsprechend ihrem Intensitätsgrade auf-
bauen. Immerhin ist soviel klar, daß die Begrenztheit des lyrischen
Idylls Robinson einer anderen Ausdruckssphäre angehört als die
epischen Weiten des Gilgamesch, in denen alles Menschlich-Irdische
kosmisch-sternhaft schwebend verklärt erscheint. So erklärt es sich,
wenn in den letzten Werken, ohne daß eine Abschwächung des
Naturgefühls eingetreten wäre, eine Entrücktheit erreicht ist, gegen
welche frühere Arbeiten einen fast naturalistischen Eindruck
machen. Eine höhere Gehobenheit des Lebensgefühls hat eine
Annäherung an das Ornamentale bewirkt, die das Titelblatt des
Gilgamesch am besten erkennen läßt, indessen auch in anderen
Arbeiten vor allem bei der Verbindung gewisser Kompositions-
gruppen miteinander oder bei der Bezeichnung des Höhepunktes
der Intensitätskurve sichtbar ist. Das schon anfangs so starke
Naturgefühl erscheint nun, entsprechend seinem allgemeineren
Gehalt, in seltsamer Eindringlichkeit, lyrische Milde als un-
erhört süße Sanftmut, aller Ausdruck in klassischer Knappheit,
alles Kompositionelle in zauberhafter Steigerung, Einfachheit,
Reduziertheit.
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aufbrechen, deren sehnsüchtiges Rot in unendliche Tiefen und
dämmernde Fernen der Seele lockt. Indessen deute man diesen
Unterschied nicht als einen graduellen in dem Sinne, daß die späteren
Werke ohne weiteres als die vollkommeneren zu gelten hätten.
Vielmehr handelt es sich um völlig ungleichartige Dinge, um Vor-
gänge aus ganz verschiedenen Ebenen des Daseins und Bewußt-
seins. Diese Art Verschiedenheit wird dem Europäer von heute
schwer begreiflich werden. Denn in der Oberflächlichkeit seiner
entgötterten, durch den Materialismus entweihten Welt kennt er
nur eine der niedrigsten Bewußtseinssphären, etwa die Realität
der Zivilprozeßordnung, die er für die allein vorhandene und gültige
ansieht, ohne zu ahnen, in welcher Vielstufigkeit sich darüber die
erhabeneren Lebensformen entsprechend ihrem Intensitätsgrade auf-
bauen. Immerhin ist soviel klar, daß die Begrenztheit des lyrischen
Idylls Robinson einer anderen Ausdruckssphäre angehört als die
epischen Weiten des Gilgamesch, in denen alles Menschlich-Irdische
kosmisch-sternhaft schwebend verklärt erscheint. So erklärt es sich,
wenn in den letzten Werken, ohne daß eine Abschwächung des
Naturgefühls eingetreten wäre, eine Entrücktheit erreicht ist, gegen
welche frühere Arbeiten einen fast naturalistischen Eindruck
machen. Eine höhere Gehobenheit des Lebensgefühls hat eine
Annäherung an das Ornamentale bewirkt, die das Titelblatt des
Gilgamesch am besten erkennen läßt, indessen auch in anderen
Arbeiten vor allem bei der Verbindung gewisser Kompositions-
gruppen miteinander oder bei der Bezeichnung des Höhepunktes
der Intensitätskurve sichtbar ist. Das schon anfangs so starke
Naturgefühl erscheint nun, entsprechend seinem allgemeineren
Gehalt, in seltsamer Eindringlichkeit, lyrische Milde als un-
erhört süße Sanftmut, aller Ausdruck in klassischer Knappheit,
alles Kompositionelle in zauberhafter Steigerung, Einfachheit,
Reduziertheit.