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Hagen, Friedrich Heinrich von der
Die Schwanensage (aus: Abhandlungen der Berliner Akademie. Philos.-histor. Kl., 1848, S. 513 - 577) — Berlin, 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.3982#0001
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Die Schwanensage.O

Von

Hrn- von der HAGEN.

AIVMMM'VVMIMM

[Gelesen in der Akademie der Wifsenschaften am 26. Februar 1846.]

Ü.

berall sehen wir in den Mythologien Verwandlungen der Götter und
Menschen in Thiere und andere Geschöpfe, oder diese Wesen als ihre Bo-
ten, Gefährten, Lieblinge, deshalb Opfer und Sinnbilder, Zeichen (signd),
und noch als Fahnen und Wappen. Auch sehen wir die Thiere selber un-
mittelbar göttlich verehrt, sowie sie in Dichtungen menschlich gebaren und
reden. Diefs mufs einen tiefern Grund haben, als blofs in dem wunderbaren
(dem Menschen abgehenden) Instinct und in der übermächtigen Gröfse und
Kraft der Thiere; und wie Ovid sein grofses Metamorphosengedicht mit der
Weltschöpfung anhebt, mufs die Betrachtung hier ab ovo beginnen.

Die älteste mythische Grundlage dieser Erscheinungen ist der in so
manchen Mythologien ausgedrückte Makrokosmus: in der Germanisch-Nor-

(*) Diese Zusammenstellung von Mythen und Sagen ist nicht an einem vorausgesetz-
ten oder daraus abgezogenen speculativen System bemefsen: sondern man hat gesucht
diese Mythen und Sagen so viel als möglich aus sich selber zu erklären, und die Gedan-
ken und "Vorstellungen der Vorwelt zu erratben und zu deuten. "Wenn dabei auch die
fpäteren Bildungen und Deutungen, ja die noch lebenden Sagen und Mären mitsprechen:
so möge man bedenken, dafs manchmal das Alteste noch lebendig geblieben, und dafs selbst
die späteren mystischen Ausbildungen und Philosopheme oft das Erzeugnis desselben Sin-
nes und Geistes sind, aus welchem die Mythen unbewufst hervorgegangen. Dafs die Ety-
mologie dabei aushelfen mufs, versteht sich von selber; denn, wie der Mythus noch re-
det wo die Geschichte verstummt, so bleibt oft das Wort noch lebendig, wo auch der
Mythus verschwindet. Überdiefs ist die Sage selber oft etymologisch, und zwar meist un-
richtig, wenngleich mit Sinn. Ferner, wenn Tacitus sogar von dem auserwählten Volke
sagt mos sordidus et absurdus ludaeorum, so wird man sich nicht wundern, dafs in den
Wundern unsers mythologischen Heidenthums auch manches Wunderliche mit unterläuft.
Endlich, kennt das mythologische Alter, wie das Kind, kein Wunder, weil beide noch ur-
kräftig fühlen, dafs sie überall von Wundern umgeben, gebalten und getragen sind, darin
leben und weben.

Philos.-hislor. Kl. 1846. Ttt
 
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