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Hagen, Friedrich Heinrich von der
Handschriftengemälde und andere bildliche Denkmäler der deutschen Dichter des 12. - 14. Jahrhunderts — Berlin, 1853

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https://doi.org/10.11588/diglit.3980#0003
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Minnesinger, in sprechender oder singender Gebärde vor seiner Geminnten;
die abwehrend ihm gegenüber steht: wie er in seinen Liedern sich beschwert,
dafs er vergeblich minnesinge und fern von ihr sein Leid klagen müfse.
Selbst die Einbiegung der mittleren Finger stimmt überein, ist in dem neue-
ren grösseren Gemälde nur zierlicher, den vierten Finger zum Daumen bie-
gend, was auch das Fräulein wiederholt, die ebenso mit aufgehobener Lin-
ken, welche das ältere Bild (') auf die Hüfte stützt, fast parodisch dasteht.
Beide, auch blondlockig, tragen Kränze von Goldperlen, anstatt des rothen
Goldblumenkranzes nur des Fräuleins auf dem altern Gemälde. Beider ein-
fache Gewänder, auch mit Goldsäumen an Kragen und Ärmeln, sind ohne
Querstreifen, mit weifsen Perlen gegürtet und vor der Brust geschmückt:
sein Rock ist blau, der ihrige hell veilchenfarb. Die weitere Fortbildung
in Gestaltung und Gewandung hat auch hier das neure gröfsere Gemälde
vor dem altern voraus. Wappenschild und Helmschmuck stimmt auf beiden
Bildern auch fast ganz überein. Im Schilde sind nur die Farben umgekehrt,
es scheint, nicht so richtig, der Grund golden und die Pfeilspitze rot. Das
goldene Hirschgeweih hat nur vier Zacken, anstatt fünfe, und eben so vil
rote fünfblättrige Blumen mit goldner Mitte an den Zacken-Spitzen. Ein
eigentümlicher hornartiger Fortsatz des Geweihes schliefst sich auf beiden
Seiten unten an den Helm, der nicht golden, sondern silbern ist, und noch
die Visirlöcher und Helmbänder zeigt. (2)

Difs ist das alte Stretlingische Wappen, dessen von der Rechten zur
Linken schräg emporstehende Pfeilspitze die Herren von Stretlingen auf dem
nahen Wimmis, mit demselben Helmschmuck, im quergeteilten Schilde, am
vollständigen befiderten Pfeile, über drei Blumen, führten. (3) Eine An-
spilung hierauf ist villeicht im ersten Liede des Minnesingers die Auffor-
derung der Frau Minne, ihren Pfeil (ßrdle) gegen die Geliebte zu gebrau-

(') Genaue Beschreibung desselben mit seinen Farben gibt meine Geschichte Hein-
richs von Stretlingen, Minnesinger T. IV, S. 117.

(2) In Stumpfs Schweizerchronik S. 539. Siebmachers Wappenbuch Bd. 2, S. 33.
Ein altes Steinbild in Thun wird weiter unten vorkommen.

(3) Stumpf a. a. O. C. Burgener, bei J. G. Hottinger und G. Schwab Bitterburgen
und Bergfchlöfser Bd. 2 (Chur 1830), S. 313-32 über „Strättlingen", nennt das Feld auch
rot, den Pfeil aber weifs (S. 320), und mit Berufung auf Tschudi, die Rosen auch weifs.
So steht es in Tscbudi's handschriftlichem Wappenbuche bei Graf v. Mülinen zu Bern.
S. Heer, in Schweizer Ritterburgen Bd. 3 (1839), S. 38.
 
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