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Happel, Eberhard Werner; Wiering, Thomas von [Oth.]; Härtel, Zacharias [Oth.]
E.G. Happelii Gröste Denkwürdigkeiten der Welt Oder so genannte Relationes Curiosæ (Dritter Theil): Worinnen fürgestellet/ und auß dem Grund der gesunden Vernunfft examiniret werden/ allerhand Antiquitäten/ Curiositäten/ Critische/ Historische/ Physicalische/ Mathematische/ Künstliche und andere Merckwürdige Seltzamkeiten/ Welche auff dieser Unter-Welt/ in der Lufft/ auff der See oder Land jemahlen zu finden gewesen/ oder sich noch täglich zeigen: Einem jeden curieusen Liebhaber zur Lust und Erbauung in Druck verfertiget/ und mit erforderten schönen Kupfern und andern Figuren erläutert — Hamburg: Gedruckt und verlegt durch Thomas von Wiering, 1687 [VD17 3:313201Y]

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.67344#0556

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474 L.LL47I08LL 6ukI0SL.

Ofen / ich sehe einlr-ekor mit silbern und,gül-
denen Geschirren besetzt / und einen schönen an
der Decken Hangenden Leuchter / auffden Bän-
cken liegen Polster und Decken/auff dem Tische
ein Mantel/ Hut und Degen. Daran spitzte
dieser allgemach die Ohren. Der Zauberer frag-
te/was sie weiter sehe/ und wer den in der Stu-
ben wäre? Ich sehe niemand/ sagt das Mägd-
lein/alß einen weissen Hund / der bey dem Ofen
liegt/ und darauff schrie sie; Ach jetzt sehe ich ei-
ne schöne Dame auffs herrlichste geputzt / in ei-
nem grünen Kleide. Was macht sie? Fragt
der Zauberer. Ich weiß nicht/sprach jene/was
sie schwächliches in der Lincken holen Hand hak/
welches sie mit der rechten Hand / und zwar mit
dem Daumen/den sie mit Speichel naß macht/
ausbreitet/und darzu lächelt. Ach/ ach/sagte sie
ferner/uun sehe ich auch einen Jüngling mit schö-
nen gelb krausen Haaren/ der beym Ofen stehet/
wd seine Bein-Kleider auff die Knie herunter
läst»
Als dieses der von Adelhvrete / erschrack er
über alle massen / weil er nicht einen geringen
Argwohn auff solch gestalten Jüngling hatte/ er
würde nicht viel guter Seide» mit seiner hinter-
lassenen Liebsten spinnen / weil alles / was das
Mägdlein gesagt/mtt seinerStuben/und mit der
Persohn und Kleidung -einer Ehefrauen genau
überein traff / wiewohl der Orth über hundert
Meilen davon entlegen war. Gieng also mit
verwirret - und bestüktztem Gemühte von dem
Zauberer hinweg / und gedachte auff nichts an-
ders / als wie er Mittel und Wege finden möge/
seiner Ehe-Frauen/wegen dieses Jünglings/als
einer treulosen Ehebrecherin/das Leben zu neh-
men. Er mietete ein Pferd/ darauff einen eyli-
gen Ritt in die Sclavercy zu thun / und spornete
dasselbe also an / daß er innerhalb zehen Tagen
nach Hause kam- Weil er aber / wegen seines
begangenen Mordes noch nicht sicher war/ ge-
trauete er sich nicht in die Stadt zu begeben/son-
dcrn kehrte aufdem nechstenDorffe bey einer un-
bekgnten Baurin ein / welche er nach einem lan-

gen Gespräche fragte / ob sie nicht diese Adeliche
DaM kcnnete / die da und da am Marckte woh-
nete / so und so hiesse ihr Nähme? Ach! Ich
kenne sie wohl/ sagte die Bäurin/ die liebe ehrli-
cheFran / welcher ich nur vordreyTagenEyer
und ärgere Früchte aus meinem Gärtlein zu
kauffe gebracht. Was machte sie guts ? Fragte
dieser weiter / wer hielt sich bey ihr auff ? Was
so! sie machen ? Versetzte die Alte / indem sie ih-
res lieben Ehe - Herms nun in die drey Wonaht
hat entbehren müssen/ und weiß nicht/ ob er noch
lebe oder todt sey/an welchem Orthe er sich auff-
halce / und wie cs ihm in der Frembde ergehen
möge- Dahero sie ihre Zeit mit lauter weinen
und wehklagen zubringet/ wünschet ihr lieberden
Todt als das Leben / wil auch von ihren Freun-
den gar keinen Trost annehmen. Darguff sagte
dieser: Weil ihr die Frau so wohl kennet/wollet
ihr mir nicht den Gefallen erweisen/ und ihr die-
sen Briefs überbringen/ mit dem Ersuchen/ daß
sie alleine mit euch möge zu mir an diesen Orth
kommen/tch habe ihren Ehemann vor zwey Mo-
naht noch gesund gesprochen / wenn sie wird zu
mir kommen/sol sie schon ein mehrers erfahren/
daß sie sich wohl wird zu frieden geben. Die
Baurin nahm den Brieff/und brachte ihn an ge-
hörigen Orth / in welchem ein güldener Ring
eingeschlossen/denn er ihr bey seiner Abreise vom
Finger gezogen / und nun als ein Zeichen feiner
Wiederkunfft zuschickte. Darüber ward die
Frau zum höchsten erfreuet / und kam alsobald
mit der Baurin auffdasDorff/siel auch/so bald
sie ihren Ehe-Liebsten ansichtig ward / ihm für
Freuden umb den Halß / und küsset ihn. Er
aber gab vvr/er habe etwas in geheim/ und allein
mit ihr zu reden / derowegen solle sie mit ihm i«
den nächsten Wald gehen / da er sie den alß eine
Treulose gedachte zu erwürgen / sich auff sein
Pferd zu setzen/und alsobald wieder davon zu rei-
ten/weil sie ihm aber so freundliche Worte gab/
und sich so freudig über seine Ankunfft erzeigete/
hielt er seinen Zorn noch etwas an sich/und satzte
sich mit ihr im Walde unter einen Baum/ fragte
bald
 
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