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Abschnitt C. Capitel VII.
einem besonderen Capitel (C. XI) behandelt werden, und nur unter
der Voraussetzung, dass dieses in befriedigender Weise gelöst wer-
den wird, hat es überhaupt einen Sinn, sich mit der zweiten Frage
zu beschäftigen. Hier will ich nur soviel sagen, dass eine Selbst-
entzweiung nur dann unbegreiflich sein würde, wenn das Eine seine
Einheit (und mit ihr ein Stück seiner Wesenheit) aufgäbe, dass hin-
gegen eine Selbstentzweiung zu einer secundären (weil phänomena-
len) Vielheit, bei welcher die Einheit in der Vielheit gewahrt bleibt,
gerade erst die Mannichfaltigkeit in die abstracte Einheit bringt,
oder genauer ausgedrückt, dass ein Auseinandergeben des Einen zur
Vielheit nichts Anstössiges haben kann, wenn damit nur nicht Zer-
splitterung der Einen Substanz in viele isolirte Substanzen, son-
dern Manifestation des Eins seienden und bleibenden Wesens in
einer Vielheit von Functionen gemeint ist. Ist aber diese Viel-
heit verschiedener Functionen einmal gegeben, so muss nothwendig
in Folge des Umstandes, dass sie Functionen Eines Wesens sind,
die ideale Verschiedenheit ihres Inhalts einen nach Ausgleichung
strebenden ideellen Einfluss auf einander ausüben, welcher ideelle
Compromiss aber dadurch zum realen Conflict wird, dass die einan-
der compromittirenden ideellen Momente zugleich Inhalte realer
Willensacte sind. Es ist also ganz derselbe Process, der sich im
Bewusstsein des Individuums als Kampf zwischen verschiedenen
Strebungen, Begebrungen und Affecten vollzieht; so gut hier ein
Streit möglich ist unbeschadet der Einheit der Seele, deren Func-
tionen die sich kreuzenden Begehrungen sind, ebensogut auch im
All-Einen Unbewussten; der Kampf zweier Leidenschaften in einer
Menschenseele braucht an Wuth und aufreibender Erbarmungslosig-
keit wahrlich den Vergleich mit dem Kampf zweier hungrigen Wölfe
nicht zu scheuen. Der Unterschied ist nur der, dass, was auf sub
jectivem Boden innerhalb eines Individuums vor sich gebt, sich der
directen Beobachtung für Dritte entzieht, während der Kampf ver-
schiedener individualisirter Willensacte des Unbewussten dadurch
eine objectiv-phänomenale Realität besitzt, dass die in Conflict be-
findlichen Individuen einander und andre unbetheiligte Individuen
unmittelbar sinnlich afficiren. — Stellt man hingegen die Frage so:
„warum müssen die vielen Functionen des Einen Wesens so beschaf-
fen sein, dass sie mit einander collidiren, anstatt ungestört neben-
einander herzulaufen?“ so ist die Antwort in Cap. C.III. zu suchen:
„Ohne Collision verschiedenerWillensacte kein Bewusstsein“, — und
das Bewusstsein ist es, worauf es ankommt.
Abschnitt C. Capitel VII.
einem besonderen Capitel (C. XI) behandelt werden, und nur unter
der Voraussetzung, dass dieses in befriedigender Weise gelöst wer-
den wird, hat es überhaupt einen Sinn, sich mit der zweiten Frage
zu beschäftigen. Hier will ich nur soviel sagen, dass eine Selbst-
entzweiung nur dann unbegreiflich sein würde, wenn das Eine seine
Einheit (und mit ihr ein Stück seiner Wesenheit) aufgäbe, dass hin-
gegen eine Selbstentzweiung zu einer secundären (weil phänomena-
len) Vielheit, bei welcher die Einheit in der Vielheit gewahrt bleibt,
gerade erst die Mannichfaltigkeit in die abstracte Einheit bringt,
oder genauer ausgedrückt, dass ein Auseinandergeben des Einen zur
Vielheit nichts Anstössiges haben kann, wenn damit nur nicht Zer-
splitterung der Einen Substanz in viele isolirte Substanzen, son-
dern Manifestation des Eins seienden und bleibenden Wesens in
einer Vielheit von Functionen gemeint ist. Ist aber diese Viel-
heit verschiedener Functionen einmal gegeben, so muss nothwendig
in Folge des Umstandes, dass sie Functionen Eines Wesens sind,
die ideale Verschiedenheit ihres Inhalts einen nach Ausgleichung
strebenden ideellen Einfluss auf einander ausüben, welcher ideelle
Compromiss aber dadurch zum realen Conflict wird, dass die einan-
der compromittirenden ideellen Momente zugleich Inhalte realer
Willensacte sind. Es ist also ganz derselbe Process, der sich im
Bewusstsein des Individuums als Kampf zwischen verschiedenen
Strebungen, Begebrungen und Affecten vollzieht; so gut hier ein
Streit möglich ist unbeschadet der Einheit der Seele, deren Func-
tionen die sich kreuzenden Begehrungen sind, ebensogut auch im
All-Einen Unbewussten; der Kampf zweier Leidenschaften in einer
Menschenseele braucht an Wuth und aufreibender Erbarmungslosig-
keit wahrlich den Vergleich mit dem Kampf zweier hungrigen Wölfe
nicht zu scheuen. Der Unterschied ist nur der, dass, was auf sub
jectivem Boden innerhalb eines Individuums vor sich gebt, sich der
directen Beobachtung für Dritte entzieht, während der Kampf ver-
schiedener individualisirter Willensacte des Unbewussten dadurch
eine objectiv-phänomenale Realität besitzt, dass die in Conflict be-
findlichen Individuen einander und andre unbetheiligte Individuen
unmittelbar sinnlich afficiren. — Stellt man hingegen die Frage so:
„warum müssen die vielen Functionen des Einen Wesens so beschaf-
fen sein, dass sie mit einander collidiren, anstatt ungestört neben-
einander herzulaufen?“ so ist die Antwort in Cap. C.III. zu suchen:
„Ohne Collision verschiedenerWillensacte kein Bewusstsein“, — und
das Bewusstsein ist es, worauf es ankommt.