Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
24

Richard Hauschild

allesamt nichtindogermanische, für uns bis jetzt zumeist undeutbare,
wohl hauptsächlich protohattische Namen; so etwa der als Ahnherr
der Dynastie geltende Lab ar na oder Tab ar na, der von dem er-
wähnten, ebenfalls unindogermanisch benannten Anitta und dessen
Vater Pithana durch eine bis heute nicht auszufüllende Lücke von
ca. 150—200 Jahren getrennt ist, oder dessen Sohn Hattusili I. (= ‘der
von Hattusa’), der sich nach der Hauptstadt benennen ließ, ursprüng-
lich aber wohl, wie sein Vater, Labarna hieß1). In dem Namen Hattu-
sili ist — wie auch bei dem Königsnamen Mursili — auch die Ab-
leitungssilbe -Ui typisch protohattisch. Ähnlich bei den anderen Kö-
nigen. Man knüpfte eben auch in dieser Beziehung bewußt an ein-
heimische Traditionen2) an, eine Tatsache, die man freilich nicht
überbewerten darf: haben doch auch die alten Körner unter dem Ein-
fluß der herrschenden Etrusker das indogermanische Namensystem
aufgegeben, ohne deswegen aufzuhören, Indogermanen zu sein; haben
doch andererseits die Mitannikönige zäh an der indogermanischen
Namentradition festgehalten und sind trotzdem im Hurritertum unter-
gegangen ! Indogermanische Namen gibt es bei den Hethitern über-
haupt nicht mehr; im besonderen fehlen die typischen, aus zwei Wort-
elementen zusammengesetzten Bildungen des Beispiels ai. Deva-datta,
gr. Φίλ-ιππος, gall. Dumno-rix, germ. Hilde-brant usw.
Es erscheint angebracht, von einem indogermanisch bestimmten
Hethiterreich erst von dem Zeitpunkt an zu sprechen, seitdem Hattusa
die Hauptstadt geworden war. Wie angedeutet, beginnen die Hethiter
selbst jedoch die Geschichte ihres Reiches mit Labarna I. (um 1590?),
dessen Namen die späteren Könige ebenfalls führten — eine Titulatur
0 Labarna ist eigentlich ein Appellativum = ‘Herrscher’. — Die verschie-
denen Formen Labarna, Tabarna, ja sogar Tlabarna deuten auf einen proto-
hattischen Anlautkonsonanten, der den Hethitern ursprünglich fremd war
und den sie bald so, bald so Wiedergaben. Ähnliches Schwanken auch im
Vorgriechischen (vgl. Όδυσσενς: Όλυττενς). Vgl. dazu F. Sommer, ,,HuH“,
S. 92, und A. Heubeck, „Praegraeca“, 1961, S. 24—27.
2) Dieser Traditionstreue ist auch die Erhaltung einer Anzahl proto-
hattischer Texte zu verdanken: die Sprache blieb im Kultus bis zum Unter-
gang des Reiches erhalten, obwohl sie um 1400 bereits ausgestorben war.
Vgl. A. Kammenhuber, „Protohattisch-Hethitisches“, MSS, Heft 14 (1959)
S. 63ff.
 
Annotationen