erfinden, die immer wieder zu den am meisten erregenden und eigen-
tümlichsten Beispielen exotischer Kunst gehören. Sie sind wie ein nach
außen gekehrtes Skelett. Die Funktion des Skeletts scheint nur verlagert
zu sein. Sonst gibt es der Gestalt den Halt von innen. Hier hält es die
Gestalt von außen. Vielleicht, daß der Instinkt oder das Bewußtsein hier
eine Symbolik gefunden hat. Es hat einen handgreiflichen Sinn, wenn
Ahnenfiguren als skelettäre Wesen dargestellt werden. Vor diesem Hinter-
grund mag sich die Leistung erheben. Sie ist außerordentlich. Die Fi-
guren haben die Einheit eines gewachsenen Baums. In der Tat sind sie
auch wenig oder gar nicht zusammengestückt, wenigstens da, wo sie ihre
vollkommene Form erreicht haben. Das Ideal besteht, die komplizierteste
Figur aus einem einzigen Stammstück herauszuholen. Es ist nicht mög-
lich, in der höchsten Komplikation fester und organischer zu sein. Für
den oberflächlichen Anblick scheinen mechanische Erfindungen dazustehn.
Bald wird klar, daß hier ein natürlicher Impuls von barbarischer Stärke
gewaltet hat. Das scheinbar Rationale, die Mathematik dieser Figuren ist
aus dem Irrationalen hervorgegangen, dem das Rationale nur wie Peripherie
gegenübersteht. Dazu stimmt, daß die Figuren, scheinbar von außen nach
innen konstruiert, da sie ja mit dem hineinschneidenden Messer von der
Oberfläche nach der Tiefe zu gearbeitet sind, in Wahrheit — in der Idee
— von innen nach außen entstehn. Das Zentrum der Spannung sitzt
innen und treibt die Spannung durchaus ins Konvexe. So sind die pro-
duktiven Paradoxien schöpferischer Menschen. Der schnitzende Mann
sitzt außerhalb des Stamms, konzentrisch ihn umfangend. Aus dieser tat-
sächlichen Situation versetzt er sich in die noch viel tatsächlichere ima-
ginäre. Er verbirgt sich in der Mitte des Stamms und wirkt dort wie ein
Holzgeist von innen nach außen; drängend, bogenspannend. Der außen
Sitzende hat nur die Aufgabe, die Grenzen des Konvexen zu bestimmen.
Er hat also nur eine regulierende Funktion. Das produktive Element sitzt
in der Mitte des Holzes und wirkt exzentrisch zur Oberfläche des Zylinders
und der Kugel hin. Die Begegnung der Funktionen, der exzentrischen
und der konzentrischen, der vortreibenden und der zurücktreibenden,
der inwendigen und der auswendigen, bringt einen besonders betonten
Augenblick des Gleichgewichts hervor. Die Dialektik der entgegen-
gesetzten Bewegungen bringt hier ein wirkliches Ergebnis zustande. Die
polaren Kräfte vereinigen sich in einem höchst nachdrücklichen Kom-
5 Hausenstein, Barbaren und Klassiker
65
tümlichsten Beispielen exotischer Kunst gehören. Sie sind wie ein nach
außen gekehrtes Skelett. Die Funktion des Skeletts scheint nur verlagert
zu sein. Sonst gibt es der Gestalt den Halt von innen. Hier hält es die
Gestalt von außen. Vielleicht, daß der Instinkt oder das Bewußtsein hier
eine Symbolik gefunden hat. Es hat einen handgreiflichen Sinn, wenn
Ahnenfiguren als skelettäre Wesen dargestellt werden. Vor diesem Hinter-
grund mag sich die Leistung erheben. Sie ist außerordentlich. Die Fi-
guren haben die Einheit eines gewachsenen Baums. In der Tat sind sie
auch wenig oder gar nicht zusammengestückt, wenigstens da, wo sie ihre
vollkommene Form erreicht haben. Das Ideal besteht, die komplizierteste
Figur aus einem einzigen Stammstück herauszuholen. Es ist nicht mög-
lich, in der höchsten Komplikation fester und organischer zu sein. Für
den oberflächlichen Anblick scheinen mechanische Erfindungen dazustehn.
Bald wird klar, daß hier ein natürlicher Impuls von barbarischer Stärke
gewaltet hat. Das scheinbar Rationale, die Mathematik dieser Figuren ist
aus dem Irrationalen hervorgegangen, dem das Rationale nur wie Peripherie
gegenübersteht. Dazu stimmt, daß die Figuren, scheinbar von außen nach
innen konstruiert, da sie ja mit dem hineinschneidenden Messer von der
Oberfläche nach der Tiefe zu gearbeitet sind, in Wahrheit — in der Idee
— von innen nach außen entstehn. Das Zentrum der Spannung sitzt
innen und treibt die Spannung durchaus ins Konvexe. So sind die pro-
duktiven Paradoxien schöpferischer Menschen. Der schnitzende Mann
sitzt außerhalb des Stamms, konzentrisch ihn umfangend. Aus dieser tat-
sächlichen Situation versetzt er sich in die noch viel tatsächlichere ima-
ginäre. Er verbirgt sich in der Mitte des Stamms und wirkt dort wie ein
Holzgeist von innen nach außen; drängend, bogenspannend. Der außen
Sitzende hat nur die Aufgabe, die Grenzen des Konvexen zu bestimmen.
Er hat also nur eine regulierende Funktion. Das produktive Element sitzt
in der Mitte des Holzes und wirkt exzentrisch zur Oberfläche des Zylinders
und der Kugel hin. Die Begegnung der Funktionen, der exzentrischen
und der konzentrischen, der vortreibenden und der zurücktreibenden,
der inwendigen und der auswendigen, bringt einen besonders betonten
Augenblick des Gleichgewichts hervor. Die Dialektik der entgegen-
gesetzten Bewegungen bringt hier ein wirkliches Ergebnis zustande. Die
polaren Kräfte vereinigen sich in einem höchst nachdrücklichen Kom-
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