Metadaten

Hauswedell & Nolte; Hauswedell & Nolte (Hamburg)
Auktion: Wertvolle Bücher und Autographen des 15.-20. Jahrhunderts: 23. u. 24. November 1983 — Hamburg: Hauswedell & Nolte, Nr. 250.1983

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.50131#0228
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Hauswedell & Nolte • Hamburg 13 • Pöseldorfer Weg 1

Bogen seinens seelischen Mitschwingens etwa von Baudelaire über Bang und Proust bis zu Trakl und
der Lasker-Schüler, der er in Jerusalem innigst verbunden war. Das Gespür für die Wahrheit des
Dichters befähigte ihn, Gestalten wie Julien Green und dem Hamburger Hans Henny Jahnn den
gleichen Rang zuzuerkennen. Für Jahnn forderte er kurz nach Erscheinen des PERRUDJA
emphatisch den Nobelpreis. Welch eine Kühnheit, welche Vorahnung! Nicht weniger erschüttert war
er von der »alles zeitgenössische Format überragenden Bedeutung« eines Stefan George.
Der Rausch und die Ekstase, die Kritik an den Übeln der Gesellschaft, das Aufbegehren gegen
Verlogenheit, schales Übereinkommen und Spießertum, das entsprach seiner Sehweise. Kein
Wunder, daß die Inhalte des Impressionismus ihm nahe waren. Wenn er von Karl Kraus sagt, er habe
die »FACKEL« mit Blut geschrieben, so gilt das für die Kritiken von FRANGO selbst. Der
Literaturfehden gab es genug. Das brach hervor aus der Unerbittlichkeit dem Geiste und einem
seltenen Verantwortlichkeitsgefühl echten Werten gegenüber.
Mit der Musik verhielt es sich nicht anders. Alles was berauschte und betörte, was erhob und tanzen
machte, sei es der Orchesterklang bei Richard Strauß oder aber eine Operettenmelodie, vorzugsweise
von Lehar — da war er in seinem Element. Er wies weit von sich den Unterschied zwischen der
»ernsten« Musik und der sogenannten »leichten« Muse und konnte sich über die Vertreter der nichts
als »schweren« Musik herzlich lustig machen. Er zitierte Puccini, der zu Korngold gesagt hat: »Ich liebe
jede Musik, die aus dem Herzen kommt, ob von Beethoven, Richard Strauss oder von Lehar«. Es
nimmt nicht Wunder, daß er Klassikern nicht sehr gewogen war, mit einer Ausnahme: Mozart.
Darüber hinaus umspannte seine musikalische Götterdynastie Meister wie Chopin, Tschaikowskij,
Verdi, Wagner, Puccini und reichte bis Richard Strauss, Strawinsky, Kurt Weill, Hindemith und die
Meister der Operette, von Johann Strauss bis Lehar, immer wieder Lehar. Die Liebe zu diesem reichte
hinein bis in die letzten tragisch verdüsterten Lebensjahre.
Ein eminenter Kenner der europäischen Literatur, kultivierte Frango von frühauf den Sinn, die Liebe
für das rare Buch, die Liebhaberausgabe, möglichst mit Illustrationen der Meister der Zeit. So kam
eine stattliche Anzahl seltener Drucke zustande.
Kurz zurück zur Biographie.- Die Zeitläufe drängten zum Verlassen von Kattowitz. Bemühungen zur
Erlangung der Einreisebewilligung nach Amerika zogen sich lange hin, - und scheiterten. Wichtige
Gremien setzten sich für ihn ein, Stipendien mußten erbeten werden. 1938 erfolgte schließlich die
Einwanderung nach Palästina. Die Zeit bis dahin zerrten an den Nerven des sehr zarten, schutzlosen
Menschen. Die Spuren der Unsicherheit dieser Zeit sollten ihn nie verlassen. - Es war ein Glücksfall,
daß er an der PALESTINE POST als Musik- und Kunstkritiker angenommen und vom Herausgeber
Agronski, dem späteren ersten Bürgermeister von Jerusalem, voll verstanden und gewürdigt wurde.
Mit großem Einfühlungsvermögen in das andere Milieu, die andere Sprache, konnte er seinem Beruf,
der immer Berufung war, nachgehen. Das Ballett, im Entstehen begriffen, fand in ihm einen warmen
Förderer. Gleichgesinnte Menschen waren ihm befreundet.
Dann ging es nicht weiter. Er zog einen Schlußstrich unter sein Leben. Eine Depression bemächtigte
sich seiner, die bis zum Ende anhielt. War es ein Protest gegen die Gewalten der Zeit, gegen
Technokratie und Mechanisierung des Lebens? So will es scheinen.
Möge in den letzten Augenblicken seines Lebens eine Melodie des geliebten Lehar in ihm erklungen
sein! Samuel Wassermann (Jerusalem)
Wir danken Herrn Wassermann für die Biographie seines Freundes Franz Goldstein. Die Bücher und Autographen seiner
Bibliothek werden in den Abteilungen: Moderne Pressendrucke — Moderne Literatur — Autographen angeboten und führen die
Einlieferungsnummer 50.
Wir waren bemüht, den Erhaltungszustand der Bücher weitgehend zu beschreiben, möchten aber darauf hin weisen, daß sich das
Schicksal des Besitzers auch an ihnen abgezeichnet hat.

190
 
Annotationen