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Hauswedell & Nolte (Hamburg)
Auktion: Wertvolle Bücher und Autographen des 15.-20. Jahrhunderts — Nr. 284.1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.65967#0008
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Tafel 2


285 Ph.-E. Lafosse.
Cours d'hippiatrique. 1772.

Montag ^ 1. den 10, Jiill.
Berlin, 1 Hf lffi
Die medicioche Deform.

?LXXVII.


Eine Wochenschrift
horausgegebon von
K. Virchow und H. Leninscher.

410 Zelte 2 Suri

Was die „tuedicinische Reform" will.

nische Hierarchie in der Behaglichkeit und Selbst-
zufriedenheit ihres „Seins" hätte gestört werden

; Jetzt, wo die Macht des Volkswillcns die „brei-
Itesten Grundlagen", das demokratische Prineip zur
Anerkennung gebracht bat, ist es an der Zeit, überall
;und ohne Rückhalt dessen Consequenzen durch des
I freie Wort, geschriebenes und gesprochenes, geltend
bau herzugehracht werden. Welche andere Aufgabe| Izu machen. Schon treten aller Orten die Aerzte in
IVersammlungen zusammen, die Bedürfnisse ihres Stan-
des, ihrer Kunst und Wissenschaft durch gemeinschaft-
liche Berathungen festzustellen und ihre Interessen
aus der Hand von „Vorgesetzten" zu nehmen, welche
leider nur zu oft die Roccoco-Systomo ihrer Akten-
tische für den natürlichen Ausdruck des Rechts hiel-
ten oder gar die äusserste Zähigkeit der Selbstsucht
den gerechten Wünschen ihrer Zeitgenossen enlgegen-
stellten. Aber auch die Presse hat eine neue Stel-
lung eingenommen. Es genügt nicht mehr, in mo-
nographischer Form die Wünsche Einzelner zur all-
gemeinen Kenntniss gelangen zu sehen; cs sind
periodische Organe nöthig, welche die Wünsche Vie-
ler, ja wenn möglich Aller tlarzustcllen und gegen-
seitig nuszugleichcn suchen, welche die Schritte der
gesetzgebenden Gewalt (also jetzt der Volksvertre-
tung) verfolgen, insbesondere aber die Maassregeln
der ausübenden Gewalt überwachen, nicht weil wir
ein historisches Recht haben, ihr zu misstrauen, son-
dern weil cs sich für freie Männer von selbst ver-
steht, dass sie ihre Angelegenheiten auch selbst in
Acht nehmen.
Dio „medicimsche Reform" wird versuchen, diese
IAufgabe durch leitende und diseutireude Artikel, durch
[Berichte über die ärztlichen Reform-Versammlungen,
durch Besprechung der neuen Reformschriften, durch
Mittheilungen über die Schritte der gesetzgebenden
und ausübenden Gewalt, soweit sie ihr bekannt wer-

Die „medieinischo Reform" tritt zu einer Zeit ins
Leben, wo die Umwälzung unserer alten Staatsver-

dem Abräumen des alten Schutts und dem Aufbau!
der neuen Institutionen thätig zu sein? Politische!
Stürme von so schwerer und gewaltiger Natur, wief
sie jetzt über den denkenden Theil Europas dabin-i
brausen, olle Theile des Staats bis in den Grund er-i

allgemeinen Lebonsonschauung. Dio Medicin kann!
dabei allein nicht unberührt bleiben; eine radicale|
Reform ist auch bei Ihr nicht mehr aufzuschiebou.|
Eine Reform überhaupt war ja schon lange als
eine der dringendsten Aufgaben der Gesetzgebung
anerkannt. Das Ministerium Eichhorn hatte bekannt-;
lieh diesen Gegenstand mit einem unerwarteten Ernst|
in Angriff genommen und durch Hm. Schmidt mit 1
einer liebenswürdigen Offenheit die officicllen Grund-
sätze der öffentlichen Kritik biossgeslelit. Viele Vor-
schläge waren darauf laut geworden, ober noch meh-
rere waren unterdrückt werden, denn wozu hätte es
nützen sollen, in dem christlich-germanischen Staat,
dessen Bureaukratie das Vollgefühl ihrer Allmacht und
Erbweisheit gegenüber dem beschränkten und unmün-
digen Untertbanen-Verslande beim besten Willen doch
nie ganz verleugnen konnte, Principien der öffentli-
chen Gesundheitspflege zu entwickeln, welche dem
Prineip von Gottes Gnaden zuwider liefen, oder Ein-
richtungen zur Entwickelung unserer Wissenschaft
und Kunst zu verlangen, durch welche die medici-


278 R. Virchow u. R. Leubuscher.
Die medizinische Reform. 1848-49.

312 J. Latham. A General Synopsis of^
1781-1801.
 
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