flkattemische Mitteilungen
»inianuil«» Hununet' l IMMMMMU
für clie ätuüierenüen cler kuperto-
Larolo-Untoersität zu Ueiüelderg.
Uerausgegeden vom Allgemeine^
8tuüenten-Nu8schuß. 6eschäst8stelle
Marstallhof Nr. 3 (Mensagebäuäe),
Ustflügel; Lernsprecher: Nr. 2535;
Bostscheckkonto: Nr. 23343 (Karls-
ruhe in Uaüen); Uankkonto: 8par-
gefellfchast für 8taät- unä Lanä-
gemeinüen in Neiüelberg / Umti.
llerkünlligungs-UIott üe8 Lageren
8enat8 üer Uninersttät Ueiüelderg.
8ommer-8emester 1922
mmmmmm 52. Hüttljühl'
erscheint mährenü cle8 8emester8
monatlich iweimai / Liegt unent-
geltlich in üen Uedäuclen üer Uni-
versität unü üen Uuchhanülungen
au8 / Uruür, Verlag u. Un;eigen-
Unnahme in üer Universität8-6uch-
üruckerei unü Verlag8duchhanü-
lung von s. Närning, Uauptstrasie
Nr. 55a, fernfprecher Nr. 413
Nn;eigenprei8: üie viergespaltene
Zeile 4.— Mark, 13 Zeilen für
üa8 gan;e Semester 233 Mark
tteiäelberg, 3. Mai 1922
? n 1^ 1 kUta Vlcim invenient. (Lin Bekenntnis von Lrnst Noritz Arndt.) — Kommilitonen! (Akad. Ausschuß sich Leibesübungen.) —
IiliIUi 1 . Der studentische Zwcingssport. — Leipziger Aalurwissenschaftliche Korrespondenz. Liebe akademische Bürgerinnen und "Bürger.
(Kreis Vereinigung zur Förderung des russischen Sprachstudiums Heidelberg.) — Lchwarzes Brett. — Neue Bücher. — Anzeigen.
viam invenient!
Em Bekenntnis von Lrnst Moritz Arndt.
Sie sagen und Klagen: das große deutsche Volk ist
in seinen Liefen mehr angesressen und verdorben, es ist
von Neid und haß und Vaterlandsvsrgessenheit mehr er-
füllt und zerwühlt, von wüsten und verruchten Trieben
und Lehren mehr durchweht und verwildert, als'Du und
andere Biederleute, die es zuweilen wohl ein treues und
edles Volk zu nennen wagen, eingestshen wollen; es kann
durch den Neid und die Gleichgültigkeit und Untreue der
Meinen und durch den Unverstand und die Verblendung
und Habsucht und Herrschsucht der Großen zu nichts kom-
men; es wird durch diese Zünden und Gebrechen auf die
Länge seinem politischen Schicksale nicht entgehen. Schau
dich um... Wie das alte Nom weiland über die Schu-
len von Nthen, Alexandria, Berptus und Trier polizeite,
so werden einst Leipzig, Göttingen, Bonn und Tübingen
unter der Polizeifuchtel moskowitischer, englischer und
französischer Zensoren ächzen, und russische und franzö-
sische Prokonsuln werden bestimmen, wie viele Soldaten
die deutschen Könige für den. Krieg drillen, wie viele
Schiffe die deutschen Städte Lmden, Bremen, Stettin und
Danzig werden auftakeln dürfen. Denn dahin ist es in
und mit Deutschland geraten...
So ist die Klage, und so ist der Schein, welcher für
den Nugenblick wirklich Wahrheit ist und also für die
Zukunft große Wahrscheinlichkeit zu werden drohen könnte.
Ich erkenne und bekenne diesen Schein und diese Wahr-
heit des Scheins für den Augenblick vollständig, muß aber
aus den allerbesten Gründen die Wahrscheinlichkeit seiner
deutschen Zukunft leugnen. Ich stelle mich mit allen From-
men und Tupfern, deren das Vaterland gottlob noch viele
zählt, kühnlich auf die höhe der Zeit und spreche von die-
ser höhe der Zeit herab mein Bekenntnis wie folgt aus:
1. Diese Zeit ist bei aller Übertreibung, Ausschwei-
fung und Verirrung der Ietztlebenden, bei allen bösen
predigten von einer erlogenen Freiheit und Glückseligkeit
auf Erden doch eine tapfere, sittlichere und also auch
christlich bessere Zeit als die Iahre meiner Kindheit und
Iugend, die Iahre zwischen 1770 und 1800, gewesen sind.
Ich lasse sie weder von Blöden und Kurzsichtigen, noch
von Mondblinden und Zurücksichtigen verleumden. Wer
Deutschland um 179H oder 1810 gesehen hat, wer von
ihm den Blick auf das Ganze der Welt wirft, der muß
bekennen: die Menschheit ist trotz aller mannigfaltigen
Abirrungen in dem letzten halben Iahrhundert in dem
Wirklichfreien und Wirklichmenschlichen doch sehr vorge-
schritten.
2. Für die Zukunft vertraue ich dem lebendigen
Geiste, der in ihr lebt, ich vertraue auch dem deutschen
Geiste und der deutschen Wissenschaft und dem deutschen
Gedanken, ja dem Geiste und dem Gedanken einer deut-
schen Liebe und Gemeinsamkeit, welche mir aus dem
Schlummer eines halben Iahrtausends erwacht scheinen.
Venn wem dürfte ich vertrauen, dürste ich Gott und sei-
nem Evangelium noch vertrauen, wenn ich diesen höch-
sten Evangelisten der Menschheit nicht glauben wollte?
Darum rufe ich auch mit dem alten Heiden Livius: Fata
viam invenient. Das übersetze ich mir in aller Kürze:
„Gott verläßt keinen Deutschen, wenn er sich selbst nicht
verläßt". Geist und Gedanken werden endlich das Vater-
land finden und schaffen, welches in diesen jüngsten Iah-
ren wieder vergeblich gesucht worden ist. Wir haben viele
hin- und Herläufe gemacht, wir werden noch viele An-
läufe und Rückläufe machen, auch manchs Iahre noch
machen — doch wir haben die lebendigste Sehnsucht nach
dem Schatze, der gefunden werden soll, und sprechen aber-
mals: Fata viam invenient!
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»inianuil«» Hununet' l IMMMMMU
für clie ätuüierenüen cler kuperto-
Larolo-Untoersität zu Ueiüelderg.
Uerausgegeden vom Allgemeine^
8tuüenten-Nu8schuß. 6eschäst8stelle
Marstallhof Nr. 3 (Mensagebäuäe),
Ustflügel; Lernsprecher: Nr. 2535;
Bostscheckkonto: Nr. 23343 (Karls-
ruhe in Uaüen); Uankkonto: 8par-
gefellfchast für 8taät- unä Lanä-
gemeinüen in Neiüelberg / Umti.
llerkünlligungs-UIott üe8 Lageren
8enat8 üer Uninersttät Ueiüelderg.
8ommer-8emester 1922
mmmmmm 52. Hüttljühl'
erscheint mährenü cle8 8emester8
monatlich iweimai / Liegt unent-
geltlich in üen Uedäuclen üer Uni-
versität unü üen Uuchhanülungen
au8 / Uruür, Verlag u. Un;eigen-
Unnahme in üer Universität8-6uch-
üruckerei unü Verlag8duchhanü-
lung von s. Närning, Uauptstrasie
Nr. 55a, fernfprecher Nr. 413
Nn;eigenprei8: üie viergespaltene
Zeile 4.— Mark, 13 Zeilen für
üa8 gan;e Semester 233 Mark
tteiäelberg, 3. Mai 1922
? n 1^ 1 kUta Vlcim invenient. (Lin Bekenntnis von Lrnst Noritz Arndt.) — Kommilitonen! (Akad. Ausschuß sich Leibesübungen.) —
IiliIUi 1 . Der studentische Zwcingssport. — Leipziger Aalurwissenschaftliche Korrespondenz. Liebe akademische Bürgerinnen und "Bürger.
(Kreis Vereinigung zur Förderung des russischen Sprachstudiums Heidelberg.) — Lchwarzes Brett. — Neue Bücher. — Anzeigen.
viam invenient!
Em Bekenntnis von Lrnst Moritz Arndt.
Sie sagen und Klagen: das große deutsche Volk ist
in seinen Liefen mehr angesressen und verdorben, es ist
von Neid und haß und Vaterlandsvsrgessenheit mehr er-
füllt und zerwühlt, von wüsten und verruchten Trieben
und Lehren mehr durchweht und verwildert, als'Du und
andere Biederleute, die es zuweilen wohl ein treues und
edles Volk zu nennen wagen, eingestshen wollen; es kann
durch den Neid und die Gleichgültigkeit und Untreue der
Meinen und durch den Unverstand und die Verblendung
und Habsucht und Herrschsucht der Großen zu nichts kom-
men; es wird durch diese Zünden und Gebrechen auf die
Länge seinem politischen Schicksale nicht entgehen. Schau
dich um... Wie das alte Nom weiland über die Schu-
len von Nthen, Alexandria, Berptus und Trier polizeite,
so werden einst Leipzig, Göttingen, Bonn und Tübingen
unter der Polizeifuchtel moskowitischer, englischer und
französischer Zensoren ächzen, und russische und franzö-
sische Prokonsuln werden bestimmen, wie viele Soldaten
die deutschen Könige für den. Krieg drillen, wie viele
Schiffe die deutschen Städte Lmden, Bremen, Stettin und
Danzig werden auftakeln dürfen. Denn dahin ist es in
und mit Deutschland geraten...
So ist die Klage, und so ist der Schein, welcher für
den Nugenblick wirklich Wahrheit ist und also für die
Zukunft große Wahrscheinlichkeit zu werden drohen könnte.
Ich erkenne und bekenne diesen Schein und diese Wahr-
heit des Scheins für den Augenblick vollständig, muß aber
aus den allerbesten Gründen die Wahrscheinlichkeit seiner
deutschen Zukunft leugnen. Ich stelle mich mit allen From-
men und Tupfern, deren das Vaterland gottlob noch viele
zählt, kühnlich auf die höhe der Zeit und spreche von die-
ser höhe der Zeit herab mein Bekenntnis wie folgt aus:
1. Diese Zeit ist bei aller Übertreibung, Ausschwei-
fung und Verirrung der Ietztlebenden, bei allen bösen
predigten von einer erlogenen Freiheit und Glückseligkeit
auf Erden doch eine tapfere, sittlichere und also auch
christlich bessere Zeit als die Iahre meiner Kindheit und
Iugend, die Iahre zwischen 1770 und 1800, gewesen sind.
Ich lasse sie weder von Blöden und Kurzsichtigen, noch
von Mondblinden und Zurücksichtigen verleumden. Wer
Deutschland um 179H oder 1810 gesehen hat, wer von
ihm den Blick auf das Ganze der Welt wirft, der muß
bekennen: die Menschheit ist trotz aller mannigfaltigen
Abirrungen in dem letzten halben Iahrhundert in dem
Wirklichfreien und Wirklichmenschlichen doch sehr vorge-
schritten.
2. Für die Zukunft vertraue ich dem lebendigen
Geiste, der in ihr lebt, ich vertraue auch dem deutschen
Geiste und der deutschen Wissenschaft und dem deutschen
Gedanken, ja dem Geiste und dem Gedanken einer deut-
schen Liebe und Gemeinsamkeit, welche mir aus dem
Schlummer eines halben Iahrtausends erwacht scheinen.
Venn wem dürfte ich vertrauen, dürste ich Gott und sei-
nem Evangelium noch vertrauen, wenn ich diesen höch-
sten Evangelisten der Menschheit nicht glauben wollte?
Darum rufe ich auch mit dem alten Heiden Livius: Fata
viam invenient. Das übersetze ich mir in aller Kürze:
„Gott verläßt keinen Deutschen, wenn er sich selbst nicht
verläßt". Geist und Gedanken werden endlich das Vater-
land finden und schaffen, welches in diesen jüngsten Iah-
ren wieder vergeblich gesucht worden ist. Wir haben viele
hin- und Herläufe gemacht, wir werden noch viele An-
läufe und Rückläufe machen, auch manchs Iahre noch
machen — doch wir haben die lebendigste Sehnsucht nach
dem Schatze, der gefunden werden soll, und sprechen aber-
mals: Fata viam invenient!
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