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Akademische Mitteilungen / Allgemeiner Studenten-Ausschuß der Universität Heidelberg: für die Studierenden der Ruperto-Carola-Universität zu Heidelberg ; amtl. Verkündigungsblatt des Engeren Senates der Universität Heidelberg: Winter-Halbjahr 1921/22 — Heidelberg, 1921-1922

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Nummer 1 (19. Oktober 1921)
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https://doi.org/10.11588/diglit.57687#0001
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flkaäemliche Mitteilungen

NNIMI. llununel' 1 mumm.
kür üie 8tuüierenüen üer Auperto-
Larola-Universität ;u Ueiüelkerg,
Uerav8gegeden vom klllgemeinen
8tuüenten-ktu8schust. 6eschäst8steIIe
Marstollhof Nr. 3 (Mensagekäuüe),
Uststügel; kernsprecher: Nr. 2505;
Postscheckkonto: Nr. 28043 (Narl8-
ruhe in Kalten); kankkonto: 8pvr-
gefellfchast für 8toüt- unü Lanü-
gemeinüen in Ueiüelkerg / Nmtl.
Nerkünüigung8-6Iatt üe8 Lngeren
8enat8 üer Universität Neilielderg.
Minter-8emestef 1621/22


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erscheint mährenü üe8 8emester8
monatlich zweimal / Liegt unent-
geltlich in üen kekäuüen üer Uni-
versität unü üen kuchhanülungen
au8 / llruck, Nerlag u. Unzeigen-
Nnnahme in üer Universität8-6uch-
üruckerei unü Nerlag8duchhanü-
lung von s. Närning, Uauptstratze
Nr. 55a, kernsprecher Nr. 41g
Anzeigenpreis üie viergespaltene
Zeile 2.— Mark, 10 Zeilen für
üa8 ganze 8emester 100 Mark
tteiäelderg, 19. tlktoder 1921

vom Ltudentsein. — Mehr akademische Berufsberatung! von Dr. 8. A. Roemer-Höttingen. — Lin Nachwort hierzu. —
I II 0 u II . Besuch der deutschen Universitäten und Technischen Hochschulen im Wintersemester HS20/2H. — Schwarzes Brett. —


vom Äuüentsein

wir alle fühlen, daß diese Frage keine gleichgültige
ist. Was heißt Student sein? weshalb studierst du? An
dieser Frage scheiden sich die Geister in zwei deutlich er-
kennbare Nichtungen, in die Philister und die eigent-
lichen Akademiker.
Der Philister studiert um des Examens willen. In
der Wissenschaft sieht er „die tüchtige Ruh, die ihn mit
Lutter versorgt". Seine Gedanken beschäftigen sich mit
dem, worauf der examinierende Professor „wert legt",
wenn er sich selbst gegenüber ehrlich bleibt, muß er ge-
stehen, daß er sich überhaupt in keinem Verhältnis zur
Hochschule fühlt außer in dem eines Lehrlings dem Bu-
reau seines Prinzipals gegenüber. Student sein, heißt
ihm nichts weiter als Examen machen, um eins akade-
mische Laufbahn einschlagen zu können.
Anders der eigentliche Akademiker. Ihm wird das
Hochschulstudium zum wichtigsten Stück seiner inneren Ent-
wicklung. Wohl hofft auch er, am Ende seiner Studen-
tenzeit ein Examen mit Ehren zu bestehen, aber sein Stu-
dium ist ihm doch etwas anderes als lediglich das Lin-
lernen von Prüfungsstoff. Ls ist ihm Mittel zu einem
höheren Zweck. Ie nach Neigung und innerem Beruf
faßt er die Frage mehr individuell oder mehr so-
zial auf. Student sein heißt ihm entweder nach wis-
senschaftlicher Erkenntnis streben oder nach
einer vollwertigen Ausbildung als Staats-
bürger. Beide Ideen wurzeln im Grunde im gleichen
Boden, nämlich in der Treue gegen das eigene Innere,
und können sich in seltenen Fällen in einer Person har-
monisch verbinden. In der Regel treten sie nach außen
in verschiedenem Gewands auf.
Wir wollen diese Verschiedenheit im Wesen wahrer
Akademiker verstehen.
Wenn du ein wissenschaftlicher Nopf von
Haus aus bist, so zieht dich die ulms muter unwidersteh-

lich in den großen Nreis derer, dis nach einem von Vor-
urteilen freien Weg nach Wahrheit streben. Du darfst
dich dann trotz aller Bescheidenheit ausgenommen fühlen
in die unsichtbare Gemeinde derer, die ihr Leben dem
hohen Trieb nach Erkenntnis untergeordnet haben, und
die in dieser Unterordnung das Glück wirklicher Unab-
hängigkeit genießen. Das sind die Bitter des Geistes,
die Einsamen und doch verwandten, die berufen sind, das
von den Vätern übernommene Gut wissenschaftlicher Er-
kenntnis zu hüten und zu mehren und der nächsten Ge-
neration zu neuer Fortbildung zu übergeben.
Bist du hingegen eine praktische Natur, die sich
dem Leben entgegenstreckt in seinem vielgestaltigen Reich-
tum, so wird dir als Höchstes Ideal der Hochschulerziehung
die Ausbildung deiner Persönlichkeit erscheinen. Dann
wirst du es vermeiden, ausschließlich Fachstudium zu trei-
ben oder Examina zu präparieren; frei wie der Schwim-
mer der tanzenden Welle entgegen, wirst du die Stirne
bieten dem heiterernsten Ansturm der geistigen Bewegungen
der Zeit, wie sie im Nahmen einer modernen Hochschule
zusammenströmen. Dir heißt Student sein: dem Leben als
Ganzem studierend entgegentreten. Erkenntnisse suchst
auch du, über du suchst sie im Leben selbst, dessen unge-
ahnte Fülle in allen Adern des Hochschulbetriebes pul-
siert.
was heißt Student sein? — prüfe dich, ob du zu
einer der beiden zuletzt genannten Richtungen gehörst, die
allein den Ehrennamen „Student" verdienen. Und wenn
du bekennen mußt, zu den anderen zu gehören, zu den
Philistern und Brotstudenten, dann meide die Berührung
mit uns. Du hast nichts zu bieten als Fäulnis und Ent-
artung; und du hast von uns nichts zu erwarten außer
Verachtung.
Vus: Wilhelm Dhr, vom llampf der Jugend, klkad.
Betrachtungen. München l9l4, polit. Verlag V. Heller.
(4. Kufl. Mk. 7.—.)

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