Der eben erwähnte Graf o Armentleres,
ein Tnſtblickender Sechziger, auf deſſen Antli
die Leidenſchaften tiefe Spuren zurückgelaſſen
hatien, mar Adalbert mit beſonderem Wohlwol-
len entgegengefommen. Da er viel Sinfluß
bei Hof befaß und reine große Vorliebe fur
alle8, was Deutſchland betraf, an. den Tag
legtes, fo fühlte ſich Adalbert unwillkürlich zu
ihin hingezogen und glaubte in ihm einen Gön
“ner gefunden zu baben! durch deſſen Beiſtand
er ſich zu den löchſten Ehrenſtellen emporſchwin-
gen fönne. In Dden Sälen des Orafen von
YUrmentieres pflegte ſich an beſtimmten Abenden
alle8, was auf Geiſt! Wig und feinen Zon
Anfpruch machte, zu verfammeln, Adalbert war
gon jenenı auf da8 dringeneſte zu dieſen geſel-
ligen Zufammenkünften eingeladen worden und
dieſelben übten bald eine ſolche Anziehungskraft
auf ihn aus, daß er kaum die Stunde erwar-
ten konnte, welche ihn dorthin rief. Der Mag-
net, von dem er dorthin gezogen wurde , wa
eine junge Marquife, Laura von Rem o us
lins mit NMamen, die ſich durch vollendete
Schönheit, königlichen Anftand, hohe Geiſtes-
bildung und liebenswürdige Naivetät auszeich-
nete. Obwohl die Zahl ihrer Ahnen nicht be-
ſonders groß fein follte, wie man fagte, 10
war fle dennoch von einer Schaar von Ver-
ehrern umrtingt, unter denen ſich ſelbſt Glieder
des königlichen Haufes befanden, Sie nahm
indeſſen die Huldigungen der meiſten mit ſtol
zer Kälte auf. Beſonders abſtoßend zeigte ſie
ſich gegen die faden, fhmeichelnden Höflinge,
die Honig auf den Lippen und Gift im Her-
zen irugen, und fagie denſelben oft mit der
kuͤckſichtslofeſten Offenbeit die biuerſten Wahrbei:
ten ing. Geſicht. Selbſt offenherzig, natürlich
und naiv, ſchten fie nur an Ddenjenigen Gefal-
len zu finden, welche mit ähnlichen Eigenſchaf-
ten begabt, eine intereffante Unterhaltung zu
führen verſtanden und fie“ mit leeren Schmei-
cheleien und nichtsſagenden Redensarten ver-
ſchonten.
Fortſetzung folgt.)
Die Marketenderin von Fontenoy. *)
Erzählung aus der Regierungszeit Ludwigs XV.
Im Frühlinge des Jahres 1745 betraute
der König Ludwig XV. ven Marſchall von
Sachſen mit dem Oberbefehle des Heexes, wel-
ches für die Kriegführung in Flandern beſtimmt
war.
Moritz eröffnete dieſen Feldzug mit der en-
gen Einſchließung von Dornick, eine der Fe-
ſtungen, welche die Holländer in Gemäßheit des
Vertrages von Utrecht beſetzt hielten. **
Für die Verbuͤndeten war es von großem
Belang, dieſe wichtige Stellung zu halten, und
ſie uͤbertrugen ihrerſeiis dem Herzoge von Cum-
verland die Sorge, das franzöſiſche Heer nicht!
nur zur Aufhebung der Belagerung dieſer Stapt,
ſondern auch zum Rückgange über die Schelde
zu zwingen. Sobald der Marfhall von den
Abſichten des Feindes Kenntniß genommen, ließ
*) Wir verdauken dieſe Anekdote der Zeder Des
— Major v. F „frühern Profeffors der
Lunſt⸗ und Kriegsgeſchichte Dieſer Schriftſteller,
in unferer Stadt beretis bekannt durch ſeine Arbei-
ten über „die Kunſt, der deutſchen Zugend
— Schwiertakeit die franzöfiſche
* vrache zu Lehven”, wird alsbald in unferem
Sournal hiftortfde Zragmente qus der Unterredung
des Kaiſers Nayolkeon mit General Drouet wäh-
Tend ſeines Aufenthalts }
8 fenthalts auſ St. Elba erfcheinen
* urch den Vertrag von Utrecht (1713
* Nudwig XIV. in die Befetzung von —
2 Yoern, Turnes und Pocheringue durch die
Ander gewilligt, uUnd auf diefe Bedingung hin
WUrDe Roſſet nebft den dazıu 0
| ehö
an Frankreich — On Dllfd?af‘f“
er 20,000 Mann vor Dornick und rückte an
der Spitze von welteten 60,000 den Verbün-
deten entgegen.
Den Heerestheil unter dem Oberbefehle des
engliſchen Fürften, in der gleichen Stärke von
60.000 Mann, bildeten Deftreicher, Holländer,
Hannoveraner und Engländer.
Den 9. Mai 1745 war das Dorf Fonte-
noy in Folge der vom Marſchall von Sachſen
getkoffenen Anordnungen angefullt mit Geſchütz,
Kiſteu, Gepäck und all dem kriegeriſchen Zu-
behör, das eine bevorſtehende große Schlacht
erfordert. Der franzöſtſche Feldherr haͤtte die-
ſen Flecken zum Mittelpunkte ſeiner kriegeriſchen
Bewegungen auserfebhen,
Seveckt durch einen Hohlweg, der vom Ge-
hölze von Baͤrri hinabſteigt, war Fontenoy
nichts deſtoweniger verſchanzt worden und durch
Gefchutz vertheidigt. - Zur Rechten nabmen 3
Bruftwehren ohngefähr -Ddie Hälfte des Raumes
ein, der es von Aetoing trennt; die Linke war
gedeckt durch das Gehölz von Barri, deſſen Zu-
gang durch 2 Banner vom Regimente Graſſin
vertheidigt würde.
Die Vorbereitungen zur großen Schlacht
waren beendigt, Offiziere und Soldaten über-
ießen ſich der am Vorabende eines großen
Kumpfes fo nöthigen Ruhe! Die Diftziere, Die
in den fhönften Häuſern des Dorfes einquar-
tiert waren, ſprachen von der Ankanft des Kö-
nig$8, der den Morgen das Schlaͤchtfeld in Be-
gleinung des Maxfchalls von Sachfen beſucht
ſatie. Die Soldaten ihrerfett8 gaben vergnügt
die Zulage aus, welche ihnen von Ludwig XV.
als ganz beſonderes Zeichen ſeiner Befriedigung
bewilligt worden. Kaum vermochten die Mar-
ketendekinnen den Durſt der lachenden und ſin-
genden Tapferen zu befriedigen, von denen
Mancher vielleicht morgen auf dem Felde der
Ehre bleiben konnte. *
Der Marſchall vun Sachſen war immer
etwas ſchwach für das ſchöne Geſchlecht, er em-
pfahl ſeinen Offizteren, nur Frauen von voll-
kommener Schönheit Marketender-Beſtallungen
zu ertheilen, indem er nach Weiſe der Zeit ſagte
daß der ſchreckvolle Gott Mars und die anmu-
thige Göttin der Liebe ſehr gut zuſammen ge:
lebt hätten. Auch waren alle Marketenderin-
nen im Heere des Marſchalls auserleſene Schön-
heiten, und das Handwerk, das ſie trieben, ſchien
damals ſchlechthin eine Gilde für huͤbſche Frauen.
Unter dieſem Zuſammenfluß jungex und
ſchöner Dirnen, die das Borrecht hatten den
franzöſtſchen Muth abzukühlen, gab e8 eine,
deren Reize die Anmuth der Genoſſtnnen über-
ſtrahlte, wie die Goldfranfen eines Oberſten
des königlichen Hauſes die beſcheidenen Litzchen
eines Kriegers vom Regiment Graſſin! Dieſe
Marketenderin führte den Namen ‚, Amazone
Roſe“, den ihr die Soldaten in Bewunderung
ihres Muthes gegeben.! Roſe hatte alle Feld-
züge unter der Herrſchaft Ludwigs XV. mit-
gemacht; ſie konnte zur Zeit der Schlacht von
Fontenoy 30 Jahre zählen und da war ſie
friſch, aufgeweckt und reizend, wie ein junges
Mädchen von fünfzehn.! Der Marſchall von
Sachſen hatte ihr mehr als ein Mal vertrau-
lich das Kinn geſtreichelt, eine Ehre, die manche
Qame vom Hofe nicht verſchmäht haben würde.
Die Offiziere achteten ſie, die Soldaten ſprachen
mit ihr nur nach ihrem Friegsmäßigen Gruße,
und die ſtolze Amazone thronte wie eine Her-
zogin von Verfailles hint r ihrem Fäßchen, um
verfhlangen und für eine einzige Locke ibres
ſchwarzen Haares tauſendfach dem Tod getrotzt
hätten.
Unſere hübſche Marketenderin mar ebenſo
klug als ſchön. Nie hatte ein Soldat Niebes-
erklärungen gewagt! Der böflich ſchüchterne
Haufe begnügte ſich, zu feufzen und der Ama-
zone ſeine kleine Münze für Branntwein hin-
zugeben, der geſchenkt von den Händen dieſer
Orazie, dın in ſeiner Begeifterung nur. mit
dem Nektar der Götter verglichen werden zu
können ſchien-
Jedoch war Roſe nicht ünempfindlich und
längſt hatte ſie ihr Herz einem Feldwebel bei
den franzoͤſtfchen Leibwaͤchen geſchenkt. Der
fühne Tournefol hatte ſeine Litzen duxch Zap-
ferkeit und gute Führung erworben, Seit zehn
Jaͤhren bei derſelben Abtheilung in Dienſt, hatte
er ſich die Achtung und das volle Vertrauen
der Offtziere zuzuziehen gewußt! . Ale, mit
Ausgnahme des Lieutenant Georg von Laval,
liebten den tüchtigen Feldwebel. Der Haß die-
ſes Offtziers war unerkläxlich und der arme
Tournefol fuchte vergebens nach dem Beweg-
grunde; dieſer Haß blieb fuͤr ihn ein unlös-
bares Räthſel. ;
Mitten unter den Geſchäften, die die Vor-
bereitung zur Schlacht erheifchte, ward Tour-
neſol fo grob von ihm behandelt, daß er nie-
dergeſchlagen und verſtört zu Rofe’s Marketen-
der Schenke zurückkam.
Waͤs haft Du denn, Tourneſol? fragte ihn
die Marketenderin. Sollte man doch fagen, Du
fuͤrchteſt ſchon die Kugeln, die die engliſchen
Flinten bald herüberſchicken werden.
Fortſetzung folgt.)
..Gloſſen.
Sorg nicht, daß Du zufammen raffeſt,
Entſage Aller Hade Sier !
Das, was Du.haft, gebört nicht Dir,
Es fei das Pfund, womir Du ſchaffeſt!
Die Welt bleibt ewig Welt 4 Zeiten bleiben
eiten,
D'rin fällt uns unſer Loos, meiſt wie wirs ſelbſt
bereiten!
Geht's auf der Welt Dir ſchlimm tlagſt Du das
7* Schickſal an z
Und iſt Dir aber wohl, hals Dein Verftand
gethan!?
Die Welt nimm ıdie ſte iſt, Du briggſt ſie nicht
} zum Ziel;
Doch thu' das Deine treu; in alem Guten Viel
C. Vorholz.
Vermiſchtes.
x . Für Dramattker und Roman⸗Erfinder
wird es ein großer Troſt feim, zu vernehmen,
daß mitten im 19. Jahrhundert der Fall vor-
gekommen, daß einer Mutter ein falſcher
Sohn untergeſchoben worden, daß der
waͤhre endlich zurückgekehrt und das Mutterherz
ihn augenblicklich erkannt habe, obgleich der
falſche ihım feinen Platz in der Familie, nicht
zutwillig abtreten wollie. Der Fall iſt in der
Nahe von Linz vorgekommen, und hat zu einer
gerichtlichen Unterſuchung geführt. Uebrigens
iſt die Verwechslung febr einfach vor ſich ge-
gangen. Der wahre Sohn iſt im Alter von
zehn Jabren den Eltern entlanfen, und hatte
ſich in Bayern bei einem Bauern verdungen-
Nach mehreren Jahren braͤchte ein Hauſtrer
einen jungen Burfhen, der dem Entlaufenen
ſehr alich, den Eltern Heimr und dieſe fütterten
den jungen Kukuͤk nach Kräften auf. Da er
aber immer liederliche Streiche machte, und
mebrurals entlief, fo wollte zuletzt ſeine vers
meintliche Mutter nichis mebr von ibm wiſſen.
Um die Hiſtorie noch moraliſcher zu machen,
geworden-
-
Verautwortlicher Redacteur: K. Nieckher. /
Druck und Verlag von G. Reichard.
2
ein Tnſtblickender Sechziger, auf deſſen Antli
die Leidenſchaften tiefe Spuren zurückgelaſſen
hatien, mar Adalbert mit beſonderem Wohlwol-
len entgegengefommen. Da er viel Sinfluß
bei Hof befaß und reine große Vorliebe fur
alle8, was Deutſchland betraf, an. den Tag
legtes, fo fühlte ſich Adalbert unwillkürlich zu
ihin hingezogen und glaubte in ihm einen Gön
“ner gefunden zu baben! durch deſſen Beiſtand
er ſich zu den löchſten Ehrenſtellen emporſchwin-
gen fönne. In Dden Sälen des Orafen von
YUrmentieres pflegte ſich an beſtimmten Abenden
alle8, was auf Geiſt! Wig und feinen Zon
Anfpruch machte, zu verfammeln, Adalbert war
gon jenenı auf da8 dringeneſte zu dieſen geſel-
ligen Zufammenkünften eingeladen worden und
dieſelben übten bald eine ſolche Anziehungskraft
auf ihn aus, daß er kaum die Stunde erwar-
ten konnte, welche ihn dorthin rief. Der Mag-
net, von dem er dorthin gezogen wurde , wa
eine junge Marquife, Laura von Rem o us
lins mit NMamen, die ſich durch vollendete
Schönheit, königlichen Anftand, hohe Geiſtes-
bildung und liebenswürdige Naivetät auszeich-
nete. Obwohl die Zahl ihrer Ahnen nicht be-
ſonders groß fein follte, wie man fagte, 10
war fle dennoch von einer Schaar von Ver-
ehrern umrtingt, unter denen ſich ſelbſt Glieder
des königlichen Haufes befanden, Sie nahm
indeſſen die Huldigungen der meiſten mit ſtol
zer Kälte auf. Beſonders abſtoßend zeigte ſie
ſich gegen die faden, fhmeichelnden Höflinge,
die Honig auf den Lippen und Gift im Her-
zen irugen, und fagie denſelben oft mit der
kuͤckſichtslofeſten Offenbeit die biuerſten Wahrbei:
ten ing. Geſicht. Selbſt offenherzig, natürlich
und naiv, ſchten fie nur an Ddenjenigen Gefal-
len zu finden, welche mit ähnlichen Eigenſchaf-
ten begabt, eine intereffante Unterhaltung zu
führen verſtanden und fie“ mit leeren Schmei-
cheleien und nichtsſagenden Redensarten ver-
ſchonten.
Fortſetzung folgt.)
Die Marketenderin von Fontenoy. *)
Erzählung aus der Regierungszeit Ludwigs XV.
Im Frühlinge des Jahres 1745 betraute
der König Ludwig XV. ven Marſchall von
Sachſen mit dem Oberbefehle des Heexes, wel-
ches für die Kriegführung in Flandern beſtimmt
war.
Moritz eröffnete dieſen Feldzug mit der en-
gen Einſchließung von Dornick, eine der Fe-
ſtungen, welche die Holländer in Gemäßheit des
Vertrages von Utrecht beſetzt hielten. **
Für die Verbuͤndeten war es von großem
Belang, dieſe wichtige Stellung zu halten, und
ſie uͤbertrugen ihrerſeiis dem Herzoge von Cum-
verland die Sorge, das franzöſiſche Heer nicht!
nur zur Aufhebung der Belagerung dieſer Stapt,
ſondern auch zum Rückgange über die Schelde
zu zwingen. Sobald der Marfhall von den
Abſichten des Feindes Kenntniß genommen, ließ
*) Wir verdauken dieſe Anekdote der Zeder Des
— Major v. F „frühern Profeffors der
Lunſt⸗ und Kriegsgeſchichte Dieſer Schriftſteller,
in unferer Stadt beretis bekannt durch ſeine Arbei-
ten über „die Kunſt, der deutſchen Zugend
— Schwiertakeit die franzöfiſche
* vrache zu Lehven”, wird alsbald in unferem
Sournal hiftortfde Zragmente qus der Unterredung
des Kaiſers Nayolkeon mit General Drouet wäh-
Tend ſeines Aufenthalts }
8 fenthalts auſ St. Elba erfcheinen
* urch den Vertrag von Utrecht (1713
* Nudwig XIV. in die Befetzung von —
2 Yoern, Turnes und Pocheringue durch die
Ander gewilligt, uUnd auf diefe Bedingung hin
WUrDe Roſſet nebft den dazıu 0
| ehö
an Frankreich — On Dllfd?af‘f“
er 20,000 Mann vor Dornick und rückte an
der Spitze von welteten 60,000 den Verbün-
deten entgegen.
Den Heerestheil unter dem Oberbefehle des
engliſchen Fürften, in der gleichen Stärke von
60.000 Mann, bildeten Deftreicher, Holländer,
Hannoveraner und Engländer.
Den 9. Mai 1745 war das Dorf Fonte-
noy in Folge der vom Marſchall von Sachſen
getkoffenen Anordnungen angefullt mit Geſchütz,
Kiſteu, Gepäck und all dem kriegeriſchen Zu-
behör, das eine bevorſtehende große Schlacht
erfordert. Der franzöſtſche Feldherr haͤtte die-
ſen Flecken zum Mittelpunkte ſeiner kriegeriſchen
Bewegungen auserfebhen,
Seveckt durch einen Hohlweg, der vom Ge-
hölze von Baͤrri hinabſteigt, war Fontenoy
nichts deſtoweniger verſchanzt worden und durch
Gefchutz vertheidigt. - Zur Rechten nabmen 3
Bruftwehren ohngefähr -Ddie Hälfte des Raumes
ein, der es von Aetoing trennt; die Linke war
gedeckt durch das Gehölz von Barri, deſſen Zu-
gang durch 2 Banner vom Regimente Graſſin
vertheidigt würde.
Die Vorbereitungen zur großen Schlacht
waren beendigt, Offiziere und Soldaten über-
ießen ſich der am Vorabende eines großen
Kumpfes fo nöthigen Ruhe! Die Diftziere, Die
in den fhönften Häuſern des Dorfes einquar-
tiert waren, ſprachen von der Ankanft des Kö-
nig$8, der den Morgen das Schlaͤchtfeld in Be-
gleinung des Maxfchalls von Sachfen beſucht
ſatie. Die Soldaten ihrerfett8 gaben vergnügt
die Zulage aus, welche ihnen von Ludwig XV.
als ganz beſonderes Zeichen ſeiner Befriedigung
bewilligt worden. Kaum vermochten die Mar-
ketendekinnen den Durſt der lachenden und ſin-
genden Tapferen zu befriedigen, von denen
Mancher vielleicht morgen auf dem Felde der
Ehre bleiben konnte. *
Der Marſchall vun Sachſen war immer
etwas ſchwach für das ſchöne Geſchlecht, er em-
pfahl ſeinen Offizteren, nur Frauen von voll-
kommener Schönheit Marketender-Beſtallungen
zu ertheilen, indem er nach Weiſe der Zeit ſagte
daß der ſchreckvolle Gott Mars und die anmu-
thige Göttin der Liebe ſehr gut zuſammen ge:
lebt hätten. Auch waren alle Marketenderin-
nen im Heere des Marſchalls auserleſene Schön-
heiten, und das Handwerk, das ſie trieben, ſchien
damals ſchlechthin eine Gilde für huͤbſche Frauen.
Unter dieſem Zuſammenfluß jungex und
ſchöner Dirnen, die das Borrecht hatten den
franzöſtſchen Muth abzukühlen, gab e8 eine,
deren Reize die Anmuth der Genoſſtnnen über-
ſtrahlte, wie die Goldfranfen eines Oberſten
des königlichen Hauſes die beſcheidenen Litzchen
eines Kriegers vom Regiment Graſſin! Dieſe
Marketenderin führte den Namen ‚, Amazone
Roſe“, den ihr die Soldaten in Bewunderung
ihres Muthes gegeben.! Roſe hatte alle Feld-
züge unter der Herrſchaft Ludwigs XV. mit-
gemacht; ſie konnte zur Zeit der Schlacht von
Fontenoy 30 Jahre zählen und da war ſie
friſch, aufgeweckt und reizend, wie ein junges
Mädchen von fünfzehn.! Der Marſchall von
Sachſen hatte ihr mehr als ein Mal vertrau-
lich das Kinn geſtreichelt, eine Ehre, die manche
Qame vom Hofe nicht verſchmäht haben würde.
Die Offiziere achteten ſie, die Soldaten ſprachen
mit ihr nur nach ihrem Friegsmäßigen Gruße,
und die ſtolze Amazone thronte wie eine Her-
zogin von Verfailles hint r ihrem Fäßchen, um
verfhlangen und für eine einzige Locke ibres
ſchwarzen Haares tauſendfach dem Tod getrotzt
hätten.
Unſere hübſche Marketenderin mar ebenſo
klug als ſchön. Nie hatte ein Soldat Niebes-
erklärungen gewagt! Der böflich ſchüchterne
Haufe begnügte ſich, zu feufzen und der Ama-
zone ſeine kleine Münze für Branntwein hin-
zugeben, der geſchenkt von den Händen dieſer
Orazie, dın in ſeiner Begeifterung nur. mit
dem Nektar der Götter verglichen werden zu
können ſchien-
Jedoch war Roſe nicht ünempfindlich und
längſt hatte ſie ihr Herz einem Feldwebel bei
den franzoͤſtfchen Leibwaͤchen geſchenkt. Der
fühne Tournefol hatte ſeine Litzen duxch Zap-
ferkeit und gute Führung erworben, Seit zehn
Jaͤhren bei derſelben Abtheilung in Dienſt, hatte
er ſich die Achtung und das volle Vertrauen
der Offtziere zuzuziehen gewußt! . Ale, mit
Ausgnahme des Lieutenant Georg von Laval,
liebten den tüchtigen Feldwebel. Der Haß die-
ſes Offtziers war unerkläxlich und der arme
Tournefol fuchte vergebens nach dem Beweg-
grunde; dieſer Haß blieb fuͤr ihn ein unlös-
bares Räthſel. ;
Mitten unter den Geſchäften, die die Vor-
bereitung zur Schlacht erheifchte, ward Tour-
neſol fo grob von ihm behandelt, daß er nie-
dergeſchlagen und verſtört zu Rofe’s Marketen-
der Schenke zurückkam.
Waͤs haft Du denn, Tourneſol? fragte ihn
die Marketenderin. Sollte man doch fagen, Du
fuͤrchteſt ſchon die Kugeln, die die engliſchen
Flinten bald herüberſchicken werden.
Fortſetzung folgt.)
..Gloſſen.
Sorg nicht, daß Du zufammen raffeſt,
Entſage Aller Hade Sier !
Das, was Du.haft, gebört nicht Dir,
Es fei das Pfund, womir Du ſchaffeſt!
Die Welt bleibt ewig Welt 4 Zeiten bleiben
eiten,
D'rin fällt uns unſer Loos, meiſt wie wirs ſelbſt
bereiten!
Geht's auf der Welt Dir ſchlimm tlagſt Du das
7* Schickſal an z
Und iſt Dir aber wohl, hals Dein Verftand
gethan!?
Die Welt nimm ıdie ſte iſt, Du briggſt ſie nicht
} zum Ziel;
Doch thu' das Deine treu; in alem Guten Viel
C. Vorholz.
Vermiſchtes.
x . Für Dramattker und Roman⸗Erfinder
wird es ein großer Troſt feim, zu vernehmen,
daß mitten im 19. Jahrhundert der Fall vor-
gekommen, daß einer Mutter ein falſcher
Sohn untergeſchoben worden, daß der
waͤhre endlich zurückgekehrt und das Mutterherz
ihn augenblicklich erkannt habe, obgleich der
falſche ihım feinen Platz in der Familie, nicht
zutwillig abtreten wollie. Der Fall iſt in der
Nahe von Linz vorgekommen, und hat zu einer
gerichtlichen Unterſuchung geführt. Uebrigens
iſt die Verwechslung febr einfach vor ſich ge-
gangen. Der wahre Sohn iſt im Alter von
zehn Jabren den Eltern entlanfen, und hatte
ſich in Bayern bei einem Bauern verdungen-
Nach mehreren Jahren braͤchte ein Hauſtrer
einen jungen Burfhen, der dem Entlaufenen
ſehr alich, den Eltern Heimr und dieſe fütterten
den jungen Kukuͤk nach Kräften auf. Da er
aber immer liederliche Streiche machte, und
mebrurals entlief, fo wollte zuletzt ſeine vers
meintliche Mutter nichis mebr von ibm wiſſen.
Um die Hiſtorie noch moraliſcher zu machen,
geworden-
-
Verautwortlicher Redacteur: K. Nieckher. /
Druck und Verlag von G. Reichard.
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