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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 78-102 (1. April - 30. April 1871)
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JM 102.

Jlbonaemcntejirrt» fr. l. 3 tr. in »eit'tl&erg
tur<i) nie ^oft fl. 1. 16 Ir. »iertrijä^rig.

@onntag, 30.

^it3tiß<n 3 fr, bie ^elirjerte, *'ei 2luöfunfti3*
ertljetlung 4 fr.

1871.

gür bie DRonate ÄRoi unb Suni werben
Seßeflungen auf ba« geibelbergcr Journal für
au«Wart« bei ben betreffenben 5}3ofianfialten, unb
hier bei ber ©rpebition unb ben ©rägern entgegen*
genommen. $reib fite bi« tnit ©rägerloljn 50 fr.

2>ie ©jpebition.

Sfctteftc fHa(tiri(ötcK.

SBerlin, 28. Dlpril. Dtei<h«tag«ßhung. ©ritte
Seratljung be« ©efehentwurfe« betreffenb bie an*
berrocitige geßßeflung ber 3Ratrifularbeiträg'e.
©er Antrag ber ©ommtffion auf unoerän*
berte Dlnnaf)me wirb beßuiti» angenommen. £ie*
rauf folgt bie 2. Seratßung be« ©efefsentwurfe«
betreffenb bie Serbinblichfeit Sum ©cbabenerfajs
bei ©ifenbaljnen, Sergwerfenn. Dlad) Dtbleßnung
ber Dtmenbement« wirb § 1 ber Dtegierung«»orlage
anoeränbert angenommen, ©ie ©ifjung würbe um
3SA Upr »ertagt. Dlächße ©ifsung morgen.

®ie wÄreunettung" erfährt, baß über bie
Saberetfe be« ibatfet« noch feine Seßimmung ge*
troffen iß, Jebod) fei »on ©eiten ber aiergte juerft
©m« unb barauf ©aßein oorgefcblagen. — ©Cm-
felben Statte Wirb gtaubwürblg »erfnpert, baß bie
»om Äaifer, wie ein ^icftgeö fatpolifche« Siatt be*
richtete, einer f«tt)olifchen ©eputation erteilte 3u*
fage, ber Äaifer werbe nach Seenbigung be« Ärie*
ge« gemefnfchaftlich mit anbern gürten ©dritte
gegen bie itatienißhe Dffupation Dtom« tljun, in
folcber ober ähnlicher gorrn unb Seftimmt|eit »om
Äaifer nicht ertheilt worben fei, fonberit nur bie
aflgemeine Sereitwfflfgfeit »erftchert würbe, bie be*
jügtiiben Serhältnfffe unb ßnterejfen f. ß. in ©r-
•wagung ju sieben, ©ic „Äreujjcitung" erfährt
ferner, baß bie ©ruppenfenbungeti nach granfreich
in foweit wieber aufgenommen werben foflen, al«
e« bie bauentbe ©rpaltuitg ber @d)lagfertigfeft
unterer bortfgen mobilen ©nippen bebingt.

JfftI, 28. Dlpril. (Sinei- SlbmfraHtät«*39efannt-
ma^ung jnfotge, iß bie £afnifperre fo weit befei*
tiat baß ba« gahrwaffer jwifchen ben rothen So*
ftn am weßti^en Ufer frei iß. ©en einfegetnben
©Riffen bleiben bie Sojen auf Sacfborb, ben au«-
gehenben auf ©teuerborb.

HRiin^ett, 27. Dlpril. ©er italienifcbe ©efanbte,
2Rar<hefe DRtgliorati, wirb »on hier abberufen,
bermuthlich wegen ber befannten Vorgänge.

©armßabt, 28. Slprfl. ©er gtnan$=2Rintßer
©thtnf hat heute bie erbetene Senßentrung erhal*
ten. ©er feitherige äRtnißerialratf) ». Siegeleben
würbe sum ißräßbenten be« ginans^inißerium«,

aßfnißerialrath ©chleiermadjcr sum ©irector ber
@taat«fcbutbentltgung«=@affe unb sum ©ommiffär
für ba« Solpkchnicum ernannt.

»erfaiße«, 27. Dlpril. ßn ber heutigen ©Ifcung
ber Dlationaloerfammlung hielt ©hier« eine längere
Diebe über bie gegenwärtige Sage, ©er Sßebner
erflärte, baß bie Dlrmee nunmehr gut organiftrt
fei unb bie wirfltcbcn Operationen gegen gort 3ffp
begonnen hätten, beftagte bie graufame Dtotpwen*
bigfeit be« Kampfe«, um bie nationale ©inbeit
unb wahre greiheit ju »ertbeibigen, betonte, baß
ba« Dtecbt auf ©eite ber Sertreter be« Sanbe« fei,
unb nahm bie Serfammlung gegen bie sahireichen
ihr gemachten Seewürfe in ©chu§, inbem er fte
al« eine feljr ttberale barßellte. ©hi«® »erftcherte
fcbließlid), baß Dtiemaub ben Untergang ber Dtcpu*
blif plane, ©ie Diebe be« (S^efö ber ©recutioge*
walt würbe »on ber Dtatlonaloerfammlung mit
großem SeifaH aufgenommen.

— ©ine »on ©hier« heute ertaffenc ©ircular*
bepefdje fagt, baß ftd) bie ©ruppen bi« auf 200
SReter ßfft) genähert haben.

— 28. Dlpril, 8 Ul)r DRorgen«. ©in ©eta*
«hement goberirter würbe biefe fßad)t in ber ©e*
genb »on |>autc*Srupere« in bie gludjt gcfcplagen;
bie Dßijfere würben su ©cfangenen gemacht, ©ie
Satterieen be« gort« »on Sffp ftnb beinahe »er*
ßummt. ©ie 2lnnäherung«arbeiten werben fortge*
fe^t. — ©ie ßournale soßeii ber geßrigen Diebe
©|ier« Seifall unb tabeln, baß Herbret fo unsel*
tig bie monarchtfdfe grage in Anregung brachte.

fjjari«, 26. Slpril. ©eßern forberte ber beutfehe
Kommanbant bie Diäumung be« »on ben gobevir*
ten beferen ©aint Duent«. ©te ©ommune gt-
horchte ber Dlußorberung, wie auch bei ber©e«ar-
mirung »on Sincentte«. ©ie Sarifer ßournalc
»erßehern, baß tu ber ©uilerienßraße s«ei Satte*
rien errichtet feien unb baß ber ©uilertenpalaß in
einen befeßigten Slaß umgewanbelt werben falle.

— 27. älpril. ©a« „SDiot b’orbre" fi^rtibt:
©ouloufe beßtibet ßch in »ollem Stufßanbe. Äera»
trp wollte bie Diationalgarbe entwaffnen, fließ Je*
bo<h auf SCBiberßanb. ©ie ©tabt iß »oll »on Sar*
rifaben.

— 27. Slpril 8 Ul)r Siorgett«. ©ie ©übfort«
haben burch ba« Sombarbemcnt beträchtli^en ©cha*
ben gelitten, ©ie ©efchoffe ber Serfailler faßen
mitten in bie gort«, ©ine große Slnsalß »on 2lr-
tißerißen würbe gelobtet, ©elbß bie Äaffematten
ßnb befchäbigt. — „3Rot b’orbre" fagt, bie gbbe*
rirten würben nöthigenfaß« fämmtlic^e ©übfort«
in btc 8uft fprengen. ©emfelben Statte sufolge

hatte ba« geucr ber göberirten bte »on ben Diegie*
rung«truppen auf ber ©erraffe »on DJieubon errich*
tete Satterie sum ©ehweigen gebracht. — Son com*
munalcr ©eite wirb »erßdicrt, baß ba« 195. Sa*
taillon ber göbertrten eine Sarricabe in ber Dhte
Sepronnet in Dleutllp genommen unb ba« geuet
»ott ber Sorte Staillot 5 ©ifdiüße ber Serfaißet
in ©ourbe»oie bemontirt habe. — ©eßern fanb
eine geheime ©ipung ber ©ommune ßatt.

— Slittag«. ©a« „ßourn. off." erinnert baran,
baß fein ©egenfianb ober ßtutmer eine« fremben
Sfuger« requirirt werben barf. — ©uveh Serfü*
gung ber ©ommune iß ein nulitärißhc« Sureau
gefchaffen wovbett, beffeu Slnfgabc bariti heßehen
wirb, SJaffen su requiriren unb Diachforfchungen
nach beit ©ienßoerweigcrern ansufteßen, um biefelben
utwecsüglich in bie Sataißone ihrer betreffenben
Dlrronbtffemcnt« einsuoerkihen. ßebe Sluntcipali*
tät ßeßt 7 Sfitglieber $u biefetn Sureau, welche
burch Su bevfelben gehörigen ©ommune»DRit-
glieber ernannt werben. — ©ine Sefanntmachung
be« ©clegirten für ba« Dieffort ber 8eben«bebürf-
niffe befagt: 3Bir haben 8ehen«mittel für eine lange
Seit, ba« Sübtffum barf ßch al« »oflßänbig.ge*
fchü^t gegen auf bie Dfoth gegrünbete ©pecnlatfo*
nen betrachten. — Dlaoul Diigault Iß jum Slot«“
rator ber ©ommune ernannt. — ©in »on geßern
batirtcr ©rlaß ber ©ommunemitglieber be« 12. Dir*
ronbiffement« bewißigt ben im Sliter »oit 19—40
ßahrett ßebenben Sürgern beffeiben eine leßte griß
»ott 48 ©tunben, um in ben ©ienß ber Dlationai*
garte su treten, unter .Dlnbrohung »on Serljaftung
unb Uehevwetfung an ba« itrieg«gert<ht. — ©ie
©ommune etnpßng geßern eine ©eputation ber S«-
tifer greimaurer, welche erflärte, baß bie greimau*
rer, nachbcm fte afle Drittel ber Serföhnung mit
Scrfaiße« erfepöpft hätten, entfcbloffen waren, ihr
Sanner auf ben SBällcn »on Suri« aufsupßangen.
SBentt nur eine eingtqe Jfugcl biefelben träfe, fo
würben fte (bte greimaurer) mit Segeißerung ge*
gett ben geinb ber ©ommune ntarfcbireit. ©in DJla*
ttifeß ber greimaurer erlägt einen Aufruf an ihre
Srüber in granfreidj gegen bie ißolitif ©hier«’.—
„Stot b’orbre" will wißen, baß ©ouloufe ftch im
öoßen Dlufßanbe heßnbet.

— 6 Uhr Dlhb«. ©ie Satterie »on ©ourheoote
beließt heute bie fßortc SRaißot uttb bie Sarri*
cabe am ©riumphhogett. 2ln ber S»»te be« ©erne«
iß bie f?anonabe fe^r lebhaft, ©ie göberfrten
haben auf ber rechten ©eite ber »on S«*i« nach
5l«niere« führenben ©traße, ungefähr 1000 äReter
»on ber ©eine, Satterlen errichtet, welche heßimmt

$iftorifdje Dtooeßette »on g. Stinf..
(gortfefeung.)

©te fah ihn ahcrmal« mit einem ßrahlettben
8acheln an unb ließ ihn bann betäubt ßcben, wah»
tenb ße ben 2lrm be« hfruntretenben 8cftocg ergriff
u. bemfelben leife ein paar SBortc in’« Ohr ßüßerte.

„DRaJeßät foßen fofort 3lu«funft haben," ent*
gegnete biefer ehenfo leife j „fte wirb e« ni^t ge*
Wagt haben, ben S«l«ß 8« »klaffen.*

(Slconora gapuf^fin hatte ftch tief in ber matt
erleuchteten Stühe »erborgen, ©ie lärmenbe aRuftf
fchnitt ihr in’« £ers, unb ©hräne auf ©hrane rann
über bie bleiche SBange auf <hr feibene« ©ewanb
herab. ^a^tc ^re,c ^evwanbten, bie ©lifa*
beth’« 2Raß)tfpruch nach bem ßarren ©fbirfen ent*
führt, unb flogt« bitter bie grau an, bie ein fchulb*
lofe« ^>ers folgen Dualen prei«gegeben hatte, ©ie
preßte bie gefalteten >Pon^e auf bte Sruß u. bra^h
in ein halb erßicfte« DBeinen an«.

„©leonora," faßte pl»h»^ «ine weieße, milbe
Stimme bid^t in if>ver Df ah«. *©u Weinß? wiflß
©u ber ©raufamfeit bie gveube gönnen, einen
©rtumph über bich s“ erringen?"

©a« Junge Stäbchen troefnete ßhtteß ihre ©hra*
nen bei ber unerwarteten Dlnrebe.

,,^at ße ihn nicht fdjon errungen, geobor?"
entgegnete ße nicht ohne Sitterfeit. ,£ann ße mehr
wünfehen?"

„Dlrme ©leonora," fagte ber Junge DRann weich,
ihre fchmale f)anb ergreifenbj „ich weiß, wa« ©u
ieibeß, aber ich weiß auch, baß eine ßatfe Seele
in ©ir wohnt unb ©ein ©tols ©ir feine ©emü*
thigung geßattet. 3d) fage ©tr, ©Itfabeth würbe
ftch freuen, ©ich fdjwach su fehen. Dich, fte iß
flelnlich unb rachfüdßig, fte wiß ein SBerf nicht
halb t|un. ©ie wirb sufehen, auch ©i^ su ö«r*
nidjten, benn ©u haß ße heute tiefer beleibigt, al«
©eine ganse gamilie — bur^ ©eine Schönheit!
©u barfß aber nicht ihr Opfer werben, ©u biß
noch su nothwenbfg sut IRettung ©einer Sieben!
— ©arum behalte DRutt), ©leonora, ich befchwöre
©ich bei unferer Siebe —"

„Um ©otteöwißen fpri^ ba« SCBort nicht au«,
geobor," rief ©leonora erbtaffenb. „f)aß ©u 8uß,
in ©ibirien ober Äamtßhatfa für folgen greoei
SU büßen?! ©u wagß e«, bie ©chweßet eine«an*
geblichen f>och»errather« s« lieben? Saß nie auch
nur eine ©übe wieber barüber laut werben, ©u
biß noch nicht lange genug arnfwfe, um aßegol*
gen ba»on »orau«sufehen, aber ich fage ©ir, ße
würben ßhrecflich fein. — ©ie Äaiferin liebt ©ich,
geobor, fte hätte ©idf fönß ntdß fo h»<h «haben
unb barum mußt ©u hoppelt »orßdjttg fein —

ein unbefonnene« DBort wirb ©iß) sn ©runbe
richten!"

geobor S«fr°tt^fp hatte bie Dtrme über einan*
ber gefd)lagen, unb feine Dlugen ruhten mit ßnße*
rem Dlu«brucfe auf ©leottoren« lieblichem, bleichem
Dlntlihe.

,,©u fennß mid) fehlest, ©leonora", entgegnete
! er. „Dfidjt bie häuften ©unßbeseugungen ber Äai»
; feritt würben au«reid)en, ©t^ nur eine SRinute
au« meinem ©ebächtniß fchwittben su laßen. 3ch
liebe ©td) enblo«, ich gebe Dlße«, mein Seben, meine
greiheit für $id) mit greubett htn — würbe ich mich
fonß in bie £>öl)le be« Söwen gewagt haben, wo
td) feine ©tunbe ftcher bin? 3ch mußte ©ir nahe
i fein, um ©ich fchüfcen su fönnen, i^ wäre geßor*
ben »or ©ehnfucht..."

©leonora bltßte ihn an mit einem Slicfe innig*
ßer 3ärtlid)feit.

„D, geobor, e« tbut weh, ©ir für afle Stuf*
Opferung nicht« al« meine Siek bieten su fönnen,

Iunb bod) fann ich nicht anber«, al« mich an ©ich
anflammern — benn ©ich »erlieren, wäre mein
©ob. Sei) fann nicht mehr »on einer ßeit trau*
men, wo wir Dlße »ereint fein werben, benn bie
I SBirfltchfeit tritt mir wie ein grauenerregenbe« ©e*

| fpenß entgegen, aber id) fann aud) nicht »on ©tr
I laßen. D, »erbamme mich nicht, baß ich fo felbß*

' füdßig, fo ßhwach bin!"
 
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