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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 127-151 (1. Juni - 30. Juni 1871)
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JM 141.

JUmmanfBtaprtis fl. l. 3 tc. in ^eibelbern
kuvd) bie ^>oft ff* l. 16 fr* bierteljä^rig*

©omttag, 18. ^utti.

'H«3eißtn 3 fr* bte ^etitjeile, -'et 2Cu#funft$*
, ertfjeilurtg 4 fr.

1871.

Seleßta^ifße 91a<$ti<$tctt.

ln w**üe*' Sttni. Ser ginanjmtnißer traute
• h “^afentantenfammer einen ©efeßentwurf
. ' „ iIr7'beleben ben 5D2intfiericn beS3«nern mtb
« öffentlichen Arbeiten ein außerorbcntlicher ©re«
cu öon 22 ap?idtonen bewilligt unb bie Steuerung
ermächtigt wirb, ju oon i^r ju beßfmmenben ©e-
bingungen eine Anleihe im ©ffectiobetrage oon 50
-lRiUionen $u emittiren.

SSerfttiHeS, 15. 3«nf. 3n ber heutigen ©ißnng
cet Nationatöerfammlung ergriff Srocßu toieberum
baö SBort. Sie Haltung ©reußens gegenüber ben
Snfurgenten befpreeßenb, brüefte berfelbe fein ©r-
Saunen auS, baß gürß ©iSmarcf oon ber ©om-
ntune habe fpteeßen fönnen, oßne fle ju branbmarlen.
Saje ßeUt ben Eintrag, baß bie ©erfammlung ißr
3R anbat weitere 2 3aß« auSüben unb bie aSoÖ-

f“r bie 8anSe SDauer ber SegiSla*
rp riobe öerlangern möge, ferner mürbe bean«
wagt , eine Somiiuffißii guv Aufarbeitung eine«
©efeßentwurfs, betreffenb bie ©onßftufnmg ber Ne-
gierung, ju träten.

— 16.3'uni- Ser „grancaiS" betätigt, ©out) er«
Quertiet öergtehte auf alle anbermeittgen ÜRittel
gur Secfung bet neuen Anleihe unb reßectire nur
barauf, ben öffentlichen ©rebft in Stnfpruch ju neß*
men. — Sei bem lebten SonntagSempfang Slß^
brüefte ©eneral gabrice bem ©ßef bet ©recutloe bie
Sefriebigung beS gürßen ©fSmarcf Oejugtich ber
ttnterbrüdung bet Sommune aus?, SfBenn granf*
Teich fortfahre, ähnliche ©fänber bev 2Bieberfe|t
iur Drbnung ju geben, fei bie beutfeße Negierung
entfcbloffen, bie Nebitcirung ber DccupationSarmee
befcßleunigen.

— SaS projectirte franjößfeße Anleben wirb
2 ÜDiißiarben in 5p©t. SJtente (oßne 8oofe) betragen.

iPariS, 15. 3«ni, AbenbS. Scßlufjrente 53.50.
(äRorgen wirb ber ©oupon betaeßfrt). — Sie ,,©a-
trie* melbet: Ade europäifeßen SRäcbte, auSgenom«
men Seutfcßlanb, Nußlanb, Scanbiraoien unb bie
Satrfei werben bitrd) miiitärifd)e Seputationen bei
ber am näcbßen Sonntag ßattßnbenben Neoue ocr«
treten fein.

— 16. 3uni. Sie republifanifcße ©arbe wirb
in Sariö bie Drbnung aufrecht erhalten. —
„£empS" erhärt, baß bie ©erießte über bie in
SeHeoiUe abgebrochenen Unruhen unbegrünbet feien.

Sonbon, 16. Suni. 3m Unterbanfe ßnb bie
©omiteberatbungen über bie ^eereSbitt als nabeiu
trlebigt anjufefien. — Napoleon unb beffen ®e«

mablin ßatteten bem ©ringen unb ber ©rinjefßn
oon UBaleS einen ©efttcb ab.

glorcng, 15. 3uni. Ser „Dpinione" jufolge
iß Sertole=SSiaIe, Abjutant beS ÄonfgS, nach 9iom
abgegangen, um bem Sapße 5« beffen 3abiläum
bie ©lüdmünfsbe beS Königs ju uberbringen. Sie
Äarnmer befebloß auf ben Antrag Sanja’S bie
Sringlicbfcit ber 83eratl)ung über baS ©efe^, be*
treffenb bie Armee = fReorganifation. SaS ©efefc,
betreffenb bie ©ottbarbtbabn, lonbe mit 161 gegen
55 ©timmen angenommen.

B. C. Siic Sntcrnatiottttle.

©in einziger ©tbrei ber ©ntrüßung ging bur<b
bie ganje gebilbete SSelt, als oor 3 SBocben baS
communißiffbe SRorbbrcnnertbum in SatiS unerfe$-
bare gefchichtliche Senfmale, mertbooKe ©cböpfun*
genjber Kunft, jabllofe Sßerfe ber probuctioen Ar-
beit rudffoS gerflortc. Söenn 3tmanb biefe un-
erhörtest greoelthaten pfpcbologifdb Ju er Hären
fud)te, fo mochte baS angeben; baß eS aber unter
ben braußen ßcbenben S3eoba<btern au^ nur einen
©injigen geben fönne, ber ße ju entfsbulbigen,
rechtfertigen ßih erbreißen mürbe, fehlen ein un*
benfbarer ©ebanfe. greiiieb, ber ©odalbemofrat
Sebel batte, als eben bie erßen Aachri^ten über
bie breitnenbe SBeltßabt efngetroffen waren, baS
abßbeulicbe SOBort gefproeben: „2ßaS Sie brate in
SariS fel)en, iß nur ein 33otpcßengefedß oon bem,
toaS noch fontnten wirb;" aber man fonnte an-
nehmen, baß ber fRebner, als fpäter baS Serbredfen
in feiner ganzen ©röße oor Augen tag, ßcb JeiteS
AuSfpru^eS febamett werbe. Statt beffen beten
wir bie gleiche ©pradje, nur frecher noch, triebet«
holt, nicht allein oon b:n Organen beS ©octaliS*
muS in Seutfdflanb, nein, ebenfo febr ober noch
meßr in ©nglaub, bev ©cbwefj, Sßelgien, llotlanb,
DeßerreiCh, ja fogar in Änßlanb. Ueberatt ßnb
eS SfJiftgtieber jener unter bem Aarnen ber „3nter-
nationalen" befannten, halb öffentlichen, halb ge-
beimen ©enoffenfdjaft, wetshe bie eben unterlegene
Seoolution mit bet 2Rärtt)terfrone oerberrlfsben,
ihre Stiucipien als baS ©oangelium bet ßufunft
iu oetfünben, ihre Staaten als bie richtigen Stittet
jum ßwed barjuftellen bemüht ßnb. 3Äan batte
ftcb gewohnt, bie wüßten SöbltoerbefferungSträume
ber Snternationale eher gu belä^eln, als ju fütch-
ten. Aber bie Sbeorien, bie ßcb im ÜRunbe boctrf-
närer ©cbwärmer, wie eines @t. ©imon unb feiner
©shüler, fo. harmlos, ja bisweilen fo boebbetjig
auSnebmen — fc^t jeigt eS ßd), wie bie rohe
SRenge ß^ ihre praftifde Surchfübrung oorßeßt.

Offen heraus erhärt bie internationale @enoffen-
fd)aft, baß eS it)re AbH<bt iß, bie ©räuel oon
Saris unter günßtgen Umßänbcn in ben öerfdße*
benßcit ©roßßäbten gugletch ju tofebert)olen, unb
in ber Sbat, alSbann würbe baS foeben ©eßbebene
wirtlich nur btc SSebeutung eines SSorpoßengefecbtS
haben.

SRit Stecht bernnad) bnt: 3«leS gaore in feinem
neueßen Aunbfchreiben bie 3nternationale als eine
ganj ©uropa bebrobenbe ©efabr gefennjei^net. ßit
berebter SBttfe febhbert er bie ©nbjiele ihrer ©rün«
ber, welche „bie Nationalitäten auflöfen unb oer-
mengen wollten in einem gemeinfamen heberen
3ntereffe." wÜRan fonnte Anfangs glauben, baß
blefer ©ebanfe nur burd) ©eftnnungen beS grfcbenS
eingegeben fei." Statt beffen, worauf läuft baS
ganje Streben biefer 3nternationalen hinaus ?_ „SaS
le^te äBort ihres ©pßemS fann nur ber erßbrcd-
liehe SeSpotiSmuS einer {(einen Anjabl oon gübrern
fein, ber ßdj einer unter bem 3ocbe beS 6ommu-
niSntuS gebeugten SRenge auflegt, bie aße Unecht«
fd)aft trägt, fetbß bie baffenSwertbeße, bie &necbt-
fchaft beS ©ewiffenS, bie Weber |>erb noch gelb,
nod) ©rfparniffe, noch ©cbet bat, befchränft auf
eine unermeßliche SBerfßatt, geführt burd) ben
©chrecfen unb amtlich gezwungen, auS ihren Se^
äen ®ott unb bie gamilfe ju oerbannen." @o ber
ehrliche Nepublifaner 3«lcS gaore. 3öaS mögen
wohl unfere foSmopolttffcben Semofraten ju biefer
Sprache fagen? SBaren fie eS nicht, bie im lefs-
ten f)erbß unb SBiutcr als unfere Stüber auf
granfteichS ©htachtfelbern ihr ^erjblut oergoffeu
für bie ©rt)altung unb fünftige Sicherung unfereS
SotfStbumS, unaufhörlich ben ©ebanfen ber 33olfS-
{nbiotbualltät oerböbnten, unaufbörli^ bie AuS-
tilgung ber NationaltätSfhranfen alS_ baS einjig
aRenfchcnwürbige prebigten? SBaren fie eS nicht,
bie ben religiöfen 3U8« welcher unoerfennbar bte
beutfepe ©rpebunfl OeS »origen SaßreS bnr^webte,
mit wiberlichem ©pniSmitS bewibelten, bie febe ©r^
wäbnung beS göttlichen NaraenS in ben ofßcießen
Nachrichten unb ©rlaffen oom ÄriegSfchaupla^ als
baS Symptom einer mit ooUfommener ©ewißbeit
propbejeiten großen Neaction hegeiferten? llnb
beute müffen ße alle biefe 3% ihres eigenen
SbunS wieberßnben in bem Silbe, welches ein oon
ihnen allezeit bo^fießellter Semofrat oon bem
Sreihen einer für alle ßufunft gebranbmarften
3nfurgentcnfcbaar entwirft!

3nbeß, mögen bie Semofraten oom Schlage
beS £>errn ©onnemann, ber neulich im NeidjStage
mit fo gewaltiger ©mpfafe feinen Ahfcheu oor ber

JddeitfckftMc

(Sortfeßung).

©r batte bie lebten SBorte fopffchüttelnb
mit einer Kennermiene gefprochen unb wanbte
barauf feinem ©chreihpulte ju, auf bem baS g
benbuch aufgefchlagen lag. „2Bollen Sie bie (
©aftp Jd» cinjeiebnen?" fragte er bann,

^ ^ e^ne Scber überretchenb.

lä>rieb ^“«htifl Namen unb @tani

noch bem SBjrtb bas Serfprechen gegeben iur @
feßunbe juruef JU fein, groben £>mens bnrrf
er bie engen, fehlen Straßen Jnb*«Stete 1
auf bie wenigen »orübergebenben, bie ihm J
item gremben mit oerwnnberten ©eßchfern na&fi
ten. ©r war hoch erfreut, baß er bie ©oh,
ber ©eliebten wußte. No^ batte er iwar h
^Clan, in welcher SBeife er ß<h hier, ohne A uff
S« erregen, nähern foKte, allein er hoffte auf e
8«nßigen ßufall.

Heiner Knabe führte ihn nach bem Sc
Wauje, welches fowohl in feiner einfachen, r
ttfehen Sanart, wie in feiner ©röße ßch oort
jftl'r °obcn angremenben Käufern auSjeicß
““^/Settel, welche neben ben 3©ingangstß
^«lebt waren, oerfnnbeten bem Sublifnm
oeoorßebenben mußfallßben ©enüffe. ©r warf

t einen furjen Slicf barauf, um ßcb über bie An-
fangSjeit beS KoncertS gu orientiren, bann ließ er 1
fein Auge über bte wenigen Käufer fdtwetfen, welche
ben Slab einfaßten, ©in fleinereS, jweijiöcftgeS
©ebäube, welches oon ben übrigen nur bureß einen
fleinen ©arten getrennt war, würbe ihm oon fei-
nem jugenblicbeu (Begleiter als baS f)auS ber ©ittwe
©itling beäeidbnet, welche ein ©efhäft barauS ma^e,
burebreifenbe Komöbianten unb fonßige Künßlet
wäbrenb ber Sauer ihrer Sorßeflungen bei ßch auf-
junebmen.

Nacbbem er ben Knaben mit einem ©elbgef^enf
entlaßen, faßte er in einem engen ©äßdwn, baS
auf ben Sbcaterpla| münbete, (ßoßo. @t fonnte
oon b^r auS fämmtücbe genßer beS fleinen Kaufes
beobachten, wäbrenb ihn ein öorfpringenbeS ©cfge-
bäube oor ben Sticfen ber Hausbewohner oerbarg,
©eraume 3e^ wartete er fo, ungebulbig ben Au-
genblicf berbeifebnenb, wo bie ©eliebte einmal ju»

I fällig am genßer erf^einen würbe. SaS fofette
©eßdß ber Siolinißtn würbe ju Oerfchiebenen 3Ra-
len jwifhen ben Sopfgewächff« ff^tbar, welche bas
genßerbrett gierten. ©S ßarrte fogar eine ooKe
@tunbe lang mit bem gewohnten leeren unb nichts«
fagenben AuSbrucf auf bie Straße hinab, fonß geigte
ßd) nichts. Sie nabe Sßurmul)r oerfünbete bie
NiittagSßunbe unb noch immer nicht gewahrte et
eine ©pur oon ber ©eliebten. Schon wollte er I

i oon Jebem weiteren ©erfueße, (ßr noeß oor bem 5Be*
! ginn beS ©oncerteS feine Anwefcnbeit funb jn tbun,
abßeßen, unb ben Nücfweg antreten, als er, ßcß
jum leßten sIRale nach bem Haufe umwenbenb,
plößli^ baS bleiche ernße ©cßdß ber Künßlerfn
erblicfte. 3bre 3ügc trugen ben gewohnten AuS«
brnef ber Nuße, faß ©leihgiltigfeit. Sie weiße
fcßmale Hflnb feßob langfam eine SRonatrofe bei
Seite, welche ße an ber AuSßcßt auf bie Straße
öetßinberie. Sie ßanb aufrecht, im einfachen, bis
an ben Hal$ anfdjließcnben HauSfleibe. Nur ein
feßneeweißer Kragen ßob ßch als einiger Scßmucf
oon bem bunflen ©olorit ab. So feßaute ße tßeil*
naßmloS auf bie wenigen gußgänger, welche oorüber«
gingen unb ben geringen Straßenoerfeßr bilbeten.
©lößlich aber ffammte ißr ©lief auf unb mit ei«
nera AuSbrucf ßoljer greube rußte ißr Auge auf
bem Jungen Kaufmann, ber flopfenben Her^n^
auS ber ©affe heraus unb auf ben freien ©laß!
getreten war. ©S war Jeboch nur ein furjer 3No-
ment, im näcßßen feßon ßatte ße mit einer lebßaf-«
ten ©eberbe nach rechts gegeigt uob war barnaeß
fogleich oom genßer oerfchwunben.

Aber Jßernev ßatte bie ©antomine woßl Oer»
ßanben.

(gortfeßung folgt.)
 
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