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Heidelberger Journal (65): Heidelberger Journal — 1871

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Nr. 205-230 (1. September - 30. September 1871)
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J\S 224.

ernjeinmß 4 tr.

6et SKuöfunftS*

JUMrattcmtKtfpKis 45 Äreusct tn £etbelberft
burd) bte $oft 57 Äreujer oierteljäljrig*

1871.

diitlairnng prn ^fionncment

auf baS

§eü>eibemt Journal

(65r Saßrgang IV. Quartal).

Preis »ierteljäßrlicß 57 ft. / ~ . r ,

„ monatlich 19 ft. f m * SwflßtrfoÜn-

„ burcß bie Soß 57 fr. (mit Seßellgebüßr).

©te ©^pebition.

SJelearaDljtftöe Sftarfjridjten.

Berlin, 21. Sept. Ser „Krcujjtg." jufolge
erfolgt bie Einberufung beö NeicßStagS fetneSfaüS
»or bem 15. Dct., ba bie ©tnberufung beS Sun«
beSratßeS, bem bie Sorberettuug bet Vorlagen ob«
liegt, »orangeßen muß.

2>araßabt, 21. ©ept. Sic Abgeorbnetenfam«
tner genehmigte in ißrer heutigen Sißttng mit 22
0eflen le' ©tintmen einen Antrag »on SBernßer
unb ©enoffen, baß bie Negierung erfud)t werben
möge, nod) im Saufe beS 3aßreS 1871 ein neues
SBaßlgefeß oorgulegen j ein weiterer Antrag bergen'
nannten Stbgeorbnetcn, baß bie Kammer‘ßcß nach
bem ©eifie bet Serfaffung für nicht berechtigt er«
ftäre, ein gittanjgefeß pro 1872—1874 ju »erein«
harett, würbe mtt 23 gegen 6 Stimmen angenom«
men. Ste Kammer erflärte fleh juglcicß bereit,
um eine Sereinbarung ju ermögl(d)en, unter Seoh«
adjtung beSArt. 10 ber Serfaffuttg ein einjähriges
gittanjgefeß ju berathen. ©ilf SRitglieber fliramten
bagegen.

Stuttgart, 21. ©ept. Sei ben geßrigen Nacß«
mahlen in Saupßetm unb Saulgau jum Sanbtage
würbe wegen ßRangelS an Setheiligung fein Ne«
fultat erjielt. ©S ftnb ©rgänjungSwaßlcn erfor«
berliih. SaS Nefultat ber jtoet Nachwahlen jttm |
NetcßStage ift nod) unbefannt. |

gRÜndjClt, 20. ©ept. aibgeorbnetenfammev. Siö |
SDiittagS waren 89 Abgeorbnete angemelbet. At= (
terSpväftbent ift AppeHratß Stngter (gortfeßritts* i
Partei). SRorgen wirb waßrfcßetulicß bie AuStoo« j
fung ber ©inWcifungScommiffion erfolgen. SBaßt« j
Prüfungen liegen nur jwet »or, näntltch bte Scßmibt’S j
unb $ocßebet’S.

— 21. ©ept. Sie ©ommijfiott jur geßßeHung |
beS bem Katßolifencongreffc »orjulegenben Pro« f
grammS, baS auf fircßlicße Neform im altfatßoli« ;
feßen ©eifie ^injielt, beließt auS ben 5]Srofefforen j
NetnfcnS, £>ttber unb Schulte.

— 21. ©ept. Ser ©rjbifdjof ßat bem Seßrer * 1

. Sr. Streber, welcher öorn äRagijirat unb SuituS«
| mlnifierium feiner Stellung als NeligionSleßrer
| am 3BilßelmS=@t)mnaftum wegen ber Unfehlbar«
feitSleßre entßoben würbe, eine Pfarrei »erließen.

— Ser AltcrSpräftbent ber Abgeorbnetcnfammer
ßat auf morgen Nachmittag eine geheime Sißttng
jur 2Baßl beS präßbtutnS anberaumt. Son Seiten
ber llltramontanen wirb als erfier Präßbent grßr.
o. 0w, als jweiter ©raf SeinSßeim, als erfier
Secretär Sorg »orgefcßlagen werben. Sie Siberalen
werben ftd) erfi ßeute AbenbS einigen. Soeben ifi
©taatSratßSßßung.

SBien, 20. ©ept. Sic „UBienet Abcnbpoß" be-
mentirt bie ßter efrculirenben ©erüeßte über eine
ÜRinißerfrißS unb betont neuerbingS mit aller ©nt«
fcßiebenßdt, baß baS faiferli^e fRefcrfpt an ben
bößmtfchen Sanbtag bte Serfaffung »ollfommen in-
tact laffc. — Ste „Seeffe" melbet: fbaifer 2Bil*
ßelm ßat bem ©raf Seuft baS Sanb beS feßwar*
jeu SlblerorbenS »erließen: ©enerat ». ©eßweinifc
ßat bem fReithSfan^ler gefiern bie Secoration über«
reicljt.

'Paris, 20. Sept. £>eute Sormittag erfolgte
bie Uebergabe ber auf bem rechten Seineufer ge-
legenen gortS burch bie Seutfcßen an bie franjo*
ßfißen Sruppen. Sie Uebergabe ging ohne 3u>l-
ftßenfall »or ftdj. ©ine jaßlrci^e SRenfcßenmenge
ßatte fid) eittgefunben.

3)er „2lgence ^>a»aS" jufolge hat ber oiier»
refcbtftße ©eftßäftSträger bem Präfibenten ber SRe-
publif eine Sepef^e feiner SRegternng übergeben,
welche barlegt, baß in ber Slnnäßerung DefterreicbS
an Seutfcßlanb feine Sebroßung granfretcßS ober
beS griebenS überßaupt liege. Stefe Nnnäßerung
laffe bem £aifer »on Deßerreicß bie greißeit, bie
Sesießungcn ber greunblcßaft unb beS SertrauenS
gegen bie franjDftfcße fRepublif fortjufeßen. —
|)eute ftanb 9Rod)efort »or bem Kriegsgericht. Ser«
felbe leßnte Solibaritat mit ben üRäntiern ber ©om-
mune ab, fagte, baß er biefelben nid)t einmal fentte,
itnb »ertßeibtgte fuß Sebßaft gegen bie in ber 2ln-
flage gegen ißn erhobenen Sefchulbtgungen. Sie
incriminirten SournaUSlrtifcl rüßrten nicht »on
ißm ßer; er ßabe fietS ber ©ommunc Dppofttion
gemacht j bie 3«ftotung beS Sßievs’icßen Kaufes
ßabe er nteßt angeregt; bei feiner ©efangennaßme
in SReaur ßabe er bie ihm angebotene greißeit ab«
gelehnt. SRacß langer SeweiSaufnaßme forberte ber
SRegierungScommtffär jur firengen ülnwenbung beS
©efeßeS auf. hierauf würbe bie Stßuttg auf mor-
gen »ertagt.

©toifßolm, 20. Sept Ser KammerauSfcßuß

ßat binftcßtlfcb bet fRegieruitgSoorlnge über bie aü-
gemeine SBeßrpflicßt befd)Ioffeu, ben Slntrag auf
geßeiine fchriftlicße Slbßimmung ju {teilen, unb ßier«
bei ben ©efeßentwurf mit einer Stimme aRafori»
tat genehmigt. Sie SluSfdjußarbeiten ßnb nunmeßr
beenbigt.

B. C. Sic 9läumttttg bet jlucUeu 3°wc.

Seutfcßlanb bietet granfreieß ©elegenßeit, ßcß
noch »or ßaßlung ber »ierten |)albmiHtarbe »on
ber Dccupatiott »on fecßS SepartementS ju befreien.
Um ben SreiS »on proöiforifcßen 3Dßbegünfiigun-
gen für ©lfaß=8otßringen will baS beutfeße fRetcß
im Sewußtfein feiner ©tarfe unb auf bie Ser«
tragStreue beS fwern SßierS bauenb feßon jeßt bie
fogetiannte jweite 3°ue beS occupirten SetrainS
»on Sruppett entblößen, fo baß nur noch 50,000
2Rann »orn beutfdjen |)eere franjößfeßen Soben bc«
feßt halten würben.

3ur großen Ueberrafcßuttg ber Nationaloer«
fammlung trat mitten in ber Subgetberatßung ber
franjöftfcße SRinifier beS SluSwarttgen |)err »on
IRemufat auf bie Sribüite unb legte berSerfamm«
lung ben neuen Scrtrag »or. Sie balbtge {Räumung
»on fecßS SepartementS bie ber Sertrag in 2luS-
ßeßt fiehte, mußte natürlich baS ßSublifum für ißn
einneßmen, in ber Serfammlung felbfi fanb er aber
nichts befioweniger nid)t geringe Dppofttion. SBaßr«
ßaft läcßerlicß waren »on ber reeßten ©eite ber
SSerfammlung bie ©nwurfe, bie gegen ben Sßer«
trag geltenb gemacht würben. 3n feßr treffenber
SBeife mad)te ben |)rn. Slbgcorbneten ber fßtäjtbent
ber Nepublif ben Stanbpunft flar, baß man »on
einer Negierung nicht »erlangen fotle, als Sieger
aufjutreten, wenn fte boeß als befiegt bem Sieger
itt ben Unterßanblnngen gegenüberjieße. Sie ^>er«
retx graitgofcn föttnen nun einmal fteß fo feßwertn
bie NoHe ftnben, bie ißre Nieberlage ißnen auf«
erlegt unb wollen fteß felber ßetS glauben mad)en,
wenn Seutfcßlanb ju einer neuen Üebereinfunft bie
^)anb bietet, baß wir ber bittenbe Sßeil feien, ber
burch irgenb einen Notßfianb geswungen fei, an
bie ©roßmutß ber licbenSwürbfgen Scßegten jtt
appelliren.

©o haben fte feßt wieber ßerauSgefunben, Noott
unb SRottfe fürdjtctcn, baß ber längere Aufenthalt
ber beutfeßeu Sruppen auf franjoßfeßem Soben bte
SiSciplin ju feßr lodere, baS SRilitär »crweicßlicße
unb Setibettsen gefäßrlicßer Natur auS bem S3er-
feßr mit ben Sewoßttern würben »on ißm einge«
fogen. Siefe großen ©efaßrett für ben preußifeßen
Staat nötßigten nun bie beutfehen Staatsmänner

Dr. $art Sittel.

©in Dlachruf »on Prof. Dr. §o Iß mann.

(®u3 ber ^5rot. Ätrc^eti^g.)

(gortfeßung.)

Sie erinnern ftch feßt mit SBeßmutß beS lie«
ben ©efäßrten »on bamalS, welcher bureß fein ei«
8eittbumlichcS SBefen halb eine füßrenbe unb let*
tenbe ©teUung unter ben 5Rltfcßülern gewonnen
ßatte. Unter ben Scßrern beS SpceumS aber War
eS befonbers ber befannte aHemannifcße Sicßtec
€*ebc|> Welcher bie fiammoerwanbte, »iel »erfpre«
^enbe Natur erfannte unb an ftd) ßeransog. grüß
jur Utttoerßtät gereift wanbte fieß 3Btel nach
3ena, wo ißm Anfang ber jwansiger 3ußre bie
befannte ©etfUSdchtnnß ber bamaligcn afabemi«
fdten 3u3cn^ wücßtig p bergen brang, aber aueß
bie erften ctßcblicßeren Unanneßmlidjfeiten beS 8e«
benS eintrug. 3'utnerßin war eS eine gerabe 8i-
nie, weltßc »on ba ju ben polttifißen Ueberjeu«
gungett beS SRanneS ßinfüßrte, unb fo ifi ißm baS
©lücf ju Sßctl geworben, mit^ feinerlei Sefirebun«
gen feines früßeren 8ebenS fpäter ganj breeßen ju
müjftn; er fdjaute auS bem reiferen Alter in bte
3ugenb jurücf wie auS tagßeHer SBtrflidtfeit in
baS in fte übergefdswebte fjRorgenrotß.

Aber atteß ttoeß in anberer Sejteßung war fei«
neu SüngUngSfaßrett etwas »on jenem glüdli^en

i unb beglüefenben Schimmer »erließen gewefen, bef« ; nnb entwiddierett aSerfeßrSoerßältniffe entßeßren,

Ifctt Straßlett, wo fte überßaupt einmal geglänjt | »ielfacß eine Dfemebur, beren ßilbenbe uttb »ertbelnbe
ßaßen, and) noeß itt bie fpäteren 3aßve ßittein« | Kräfte aueß banfbarß empfttnbeit würben. Aeuße«
leudjteit unb ber {Bleifarbe ber SebenSprofa eine! rer Sdjauplaß biefer {BfcariatSthätigfeit war aber«
f woßlthätige ©egenwirfung entgegettfeßen. ©ine j malS baS babtfeße Dberlanb, infonberßeit ber SreiS«
> gewiffe ßarmlofe greißeit nnb Unbefangenheit ber gau (Saufen, Setberg, ©mtnenbittgen). Noch ttä«
| SebenSauffaffuttg, wie fte als cßaraftcrijiffcßeS Kenn« ] ßer trat er ber reijooKcn $eimatß ber §> e b e l’ftßett
; jei^en ber babifeßett, ©eifiltcßfeft in ben jwanjiger ’ SRufe teureß feine Serfeßung naeß Sörrad), juerfi
j Saßren alten Srabitionen aus jener 3C^ einen f als Siafon (1829), bann alS jweiter fießrer (1832)
eigentßümltcßen Stempel aufbrüdt, bilbet ben all« | am bortigen Säbagoginm. Aber feßon ßler traten
gemeinen $tntergrunb einer längeren Neiße »on j attd) bie ßoßeren unb weiter reießenben ©cftcßtS«
glüdltcßen unb fonttigen StcariatSfaßren, welcße ßcß ! punfte ju Sage, unter welken unferem baßittge«
; für 3111 c l, naeßbent er unter bte Nfarrcanbibaten 1 gangenen greunbe »on Anfang an feine perfönlicße

j beS ©roßßerjogtßumS aufgenommen war (1823), j Aufgabe unb ber leßte3wed aUeS ftreßlfeßen Söir«

j eröffnete. ©in geborener geinb aller plumpen, att’S > fenS unb ScßaffenS crfd)ienett waren, ©r war
j Unmäßige grenjettben Sergnügungett, war er bafür * unter ben bamaligen jüngeren ©eißließen ber ©rße,
s mtt einem ungemeinen Salente begabt, ber meßr t weld)er bie hergebrachten ©venjen ber paßoralen
j familienarttgen ©efeßigfeit ©etß unb 3ntereffe, j 2öirf|amfeft nnb beS paßoralen ©eftdjtSfreifeS mit

i garbe unb Klang, ftnnigen 3Be^jel unb gemütß« \ Sewußtfein unb ©onfcquenj bureßbraeß, unb fo ßat
»ollen ©eßalt mitjutßeilen. Saju trat eine gewiffe baS, was wir fpäter in Saben bie „freie Nicßtung"
j fünßlerifd)e unb poetifeße Anlage, eine, baS ®e= j nannten, ebenfo itt 3f 11 el feinen Segrftnber nnb

! woßnlicße ßinter ftd) laffenbe, ffiielfeitigfeit beS Sil« j ißpifeßett Sertcctcr, wie bie entgegengefeßten, pietl«

bungSibealS, welchem er nadjßrebtc. Ser junge ßtfcß«flvcßltd)ett Seßrebungen ftiß auf bie brei Na«
Sicar prebigte nicht bloS, erjeießnete, malte, bidß« j men Stern, |>ettnßöfer unb Nein jurüdfüßr*
tete gut unb fo fanb baS oft feßr einförmige unb j ten. Ste fernere Sßätigfeit 3*tlel’S nament«
leicßt bem Samte beS ©ewößnlicßen unb Unerfrett« j ließ bie gattje Sf^^be feines SfarramteS ju Saß«
cßett nnterliegenbc Sehen folcßer ©eißließett unb • lingen am Kctiferßußl (1834 bis 1848), iß baßer
’ Seamten, welcße ber Anregungen ber größeren Stäbtc ju einem Stüde ber poliiijcßen unb fireßließen ®e«
 
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