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y 19. HEIDELBERGER 1834.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.


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Unläugbar ist's, dafs dieses kirchliche Vertrauen auf das Se-
ligwerden durch ein solches sich resignirendes Glauben mancher
mysteriösen UnglaubHchkeiteh dem Erwecken und Befolgen des
PechtwoHcns bei Vielen nicht forderlich war. Dennoch liefsen
es sich Viele gerne gefallen, dafs der (eigentlich nurintellectuelle,
nicht moralisch-prahtische) Glaube an die von den Theologen
kunstreich ausgebifdete stellvertretende GenUgthuung den Sünder
rechtfertige, oder dafs, wie die frühere Patristih zu meinen an-
gefangen hatte, die mysteriöse Einwirhung des Leibs und Bluts
Christi auch auf die Unsterblichkeit der Seele und die Wieder-
erwechung des Leibes einen grofsen Einflufs haben hönne. Sie
folgerten, dafs jedes Zweifeln dagegen mit Gewalt im Gemüth
unterdrücht und in der heiisbedürftigen Seele eine volle Hinge-
bung in dieses Glauben des Unglaublichen errungen werden müsse;
und da es doch immer dem Menschen etwas schwer wird, Un-
glaubliches in der That zu glauben, so schien manchem die Hin-
gebung in solches Glauben eine Selbstüberwindung, welche Gott
nicht anders, als mit vorzüglichem Wohlgefallen aufhehmen hönne.
Ohnehin war auf jeden Fall diese gleichsam theoretische Selbst-
bezwingung Vielen bequemer, als die Forderung des wahren
Schriftsinns, dafs nur ein durch Liebe (d. i. durch williges
Pflichterfüllen) thätigcr, also rein praktischer Glaube = ein Wahr-
achtenwollen des Rechten und Guten, als des Gottgefälligen,
ohne fremdes Zurechnen wesentlich rechtschaffen vor Gott und
beseligt mache.
Kein Wunder also, dafs fast 3 Jahrhunderte darüber ver*
gingen, bis nach und nach der unverhünstelt gerade Verstandes*
gebrauch der begabteren und durch andere Fächer des Wissens,
besonders durch philologische und ästhetische Alterthumshünde
im Sinnerforschen geübteren Laien genauer fragte und nachsah
ob denn jene mit Gewissensängstlichheit beibehaltene und nachher
in ihrer systematisirten Künstlichkeit bewunderte mysteriöse Schrift-
Auslegungen der Theologen wirklich als geoffenbarte Aufgaben
XXVI!. Jahrg. 8. Heft. 19
 
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