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N°. 45. HEIDELBERGER 1834.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Ausgaben des Reineke Fuchs von Meon, Mone, Grimm und
Ho ff mann Fallersleben.
(Besch lufs.)
Dies stört allerdings den einfachen Gang der epischen Er-
zählung, wie sie bei Willam ist, aber sobald wir eine bestimm-
tere satyrische Beziehung sehen, so können wir diese Wendung
nur loben, und nun fragen wir nur, wie jene Grundsätze gefafst
sind. Und da können wir unsere Bewunderung nicht verschweigen!
Der Reineke, seiner Ueberlegenheit und seiner Unentbehrlichkeit
sich bewufst, stützt seine Maximen auf die innerste Verachtung
Aller, die er aber verschweigt, weil er Alle zu Zwecken ge-
brauchen will; er entschuldigt seine Maximen mit der Nothwehr
gegen die Grofsen der Welt, gegen Hof und Prälaten, die es
ärger machen als die kleinen Diebe. Wenn er nun mit Ehe,
Religion, Völkerrecht, mit Bund und Eid, mit allem Heiligen
seinen Spott treibt, wenn Verleumdung, Heuchelei, Tücke und
Arglist, Verrath an Freunden und Feinden triumphirt, wenn Ein-
falt und Unschuld gemordet und zerrissen werden und das Un-
glück ausbaden, das die Klugen und Argen ar.richten, so hält er
die Habsucht und Geldgier der Oberen entgegen, Weiberregiment
und Gewaltthat herschen dort, das mifsliche Beispiel wird dort
gegeben, die Prälaten machen den Vorgang, der König raubt
selbst, keiner klagt’s und sagt’s, denn die Grofsen rauben und
geniefsen mit. Druck der Unterthanen thut nichts, wenn nur da
sind, die dem Könige viel bringen. Sieht man nun das, so denkt
man, es mufs ja wohl so recht seyn, da dessen soviel geschieht;
will man die Hand im Spiel haben, will man mit der Welt schwim-
men, so kann man sich billig nicht so bewahren, wie der Ein-
siedler und Mönch; den Dummen wird ihre Stumpfheit und Plump-
heit zum Nachtheil und zum Vorwurf, den Klugen bleibt der Ge-
winn, freilich die Sünde auch. Das Gewissen spielt unterweilen
herein, doch geht es vorüber; man soll seines Gleichen lieben,
aber wer achtet das grofs? wer soll mit solchen tölpelhaften Ge-
sellen viel Umstände machen ? man macht sich daraus blutwenig
Gewissen ! Ganz vortrefflich ! Er beichtet fremder Leute Sünden,
XXVII. Jahrg. 7. Hfcft. 45
 
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