in Genf und Frankreich.
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den Katholizismus zu stürzen, daher begnügte man sich, die neue
Lehre immer nur im Gegensätze der alten zu predigen, wobei
man es denn an derben Ausfällen und Schmähworten nach dem
Geiste jener Zeit nicht fehlen liefs, dies mufste jetzt aufhoren,
und die Leere, die im Gemiithe des Menschen entstanden war,
seitdem man ihn genöthigt hatte , die Eindrücke der Jugend ab-
zulegen und dasjenige zu verachten , was ihm bisher heilig schien*
mufste durch eine gesunde Moral ausgefüllt werden, wenn nicht
alle Religiosität verschwinden sollte. Diesen Kampf hatte Bonni-
vard als unvermeidlich vorhergesagt, als man ihn wegen Einfüh-
rung der neuen Lehre um Rath fragte, und Calvins Strenge war
dem leichten Volk bald unerträglich. Hier ist nach Ref. Mei-
nung die Aufgabe, die Calvin zu lösen hatte, ganz vortrefflich
und klar entwickelt, und der Knoten für alles Folgende geschürzt,
zugleich aber die Vertreibung Calvins, die unmittelbar folgt, sehr
gut vorbereitet.
Das zweite Capitel,Genf während Calvins Leben, ent-
hält die Dinge, die dem gelehrten Leser freilich wohl bekannt
seyn mögen, die aber in unsern Tagen , wo man weit mehr be-
dacht ist, Dogmatik, Pfründen, Besoldungen, Hoffarth der Theo-
logen als Moral, Demuth und Einfalt der Sitten wiederherzu-
stcllen, sehr nützlich zu lesen sind, da sie hier ohne alle Schwe-
belei und Nebelei vorgetragen werden. Wenn der Verf. gegen
das Ende dieses Capitels auf Calvins Verfahren gegen Servet
kommt, so geräth er, ein noch junger Mann, in einige Verlegen-
heit, wie er sich und seinem Leser helfen soll, und es macht
seinem Herzen Ehre, dafs er sichtbar stecken bleibt und auch
seinen Leser sitzen lafst. Wäre er ein gemachter Theolog unse-
rer Zeit, oder der Candidat einer Professur, wie man jetzt diese
Candidaten verlangt, oder ein abstracter loyaler Philosoph , er
hätte seinem Vorbilde gewifs einen Taschenspielerkniff abgelernt
gehabt, um den Stein hinunterzuschlucken und zu verdauen, und
dem Publikum glauben zu machen dafs es Brod gewesen ! Übri-
gens war das für Herrn Weber Nebensache, da er weder Calvins
Leben noch die Geschichte der Reformation schreibt. Ref. war
1807, als er das Leben des Theodor Beza schrieb, noch etwas
jünger als Herr Weber, und erinnert sich recht gut, dafs er bei
mancher Thatsache in Verlegenheit gerieth, sich und zugleich
seinen Helden aus der Sache zu ziehen. In einem zweiten Ab-
schnitt geht dann Herr Weber S. 33 zu Frankreich über, und
behandelt zuerst die Geschichte und Verfassung der calvinischen
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den Katholizismus zu stürzen, daher begnügte man sich, die neue
Lehre immer nur im Gegensätze der alten zu predigen, wobei
man es denn an derben Ausfällen und Schmähworten nach dem
Geiste jener Zeit nicht fehlen liefs, dies mufste jetzt aufhoren,
und die Leere, die im Gemiithe des Menschen entstanden war,
seitdem man ihn genöthigt hatte , die Eindrücke der Jugend ab-
zulegen und dasjenige zu verachten , was ihm bisher heilig schien*
mufste durch eine gesunde Moral ausgefüllt werden, wenn nicht
alle Religiosität verschwinden sollte. Diesen Kampf hatte Bonni-
vard als unvermeidlich vorhergesagt, als man ihn wegen Einfüh-
rung der neuen Lehre um Rath fragte, und Calvins Strenge war
dem leichten Volk bald unerträglich. Hier ist nach Ref. Mei-
nung die Aufgabe, die Calvin zu lösen hatte, ganz vortrefflich
und klar entwickelt, und der Knoten für alles Folgende geschürzt,
zugleich aber die Vertreibung Calvins, die unmittelbar folgt, sehr
gut vorbereitet.
Das zweite Capitel,Genf während Calvins Leben, ent-
hält die Dinge, die dem gelehrten Leser freilich wohl bekannt
seyn mögen, die aber in unsern Tagen , wo man weit mehr be-
dacht ist, Dogmatik, Pfründen, Besoldungen, Hoffarth der Theo-
logen als Moral, Demuth und Einfalt der Sitten wiederherzu-
stcllen, sehr nützlich zu lesen sind, da sie hier ohne alle Schwe-
belei und Nebelei vorgetragen werden. Wenn der Verf. gegen
das Ende dieses Capitels auf Calvins Verfahren gegen Servet
kommt, so geräth er, ein noch junger Mann, in einige Verlegen-
heit, wie er sich und seinem Leser helfen soll, und es macht
seinem Herzen Ehre, dafs er sichtbar stecken bleibt und auch
seinen Leser sitzen lafst. Wäre er ein gemachter Theolog unse-
rer Zeit, oder der Candidat einer Professur, wie man jetzt diese
Candidaten verlangt, oder ein abstracter loyaler Philosoph , er
hätte seinem Vorbilde gewifs einen Taschenspielerkniff abgelernt
gehabt, um den Stein hinunterzuschlucken und zu verdauen, und
dem Publikum glauben zu machen dafs es Brod gewesen ! Übri-
gens war das für Herrn Weber Nebensache, da er weder Calvins
Leben noch die Geschichte der Reformation schreibt. Ref. war
1807, als er das Leben des Theodor Beza schrieb, noch etwas
jünger als Herr Weber, und erinnert sich recht gut, dafs er bei
mancher Thatsache in Verlegenheit gerieth, sich und zugleich
seinen Helden aus der Sache zu ziehen. In einem zweiten Ab-
schnitt geht dann Herr Weber S. 33 zu Frankreich über, und
behandelt zuerst die Geschichte und Verfassung der calvinischen