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M’ Caul u. Alexander: Stimmen über Jerusalem. 72S
und dennoch, Brüder, stehe ich hier ein Denkmal der
göttlichen Allmacht, ein Zeugniss, dass nichts für den Herrn
m schwer, dass hei ihm kein Ding unmöglich ist, etc. Diese
Stelle und noch manche andere zeigen unter dem Mantel der De-
muth geistlichen Hochmnth. Schon die Wahl und Anwendung des
Textes scheint dem Ref. nicht passend.
Zwar zeigt der Redner, wie die Zeit des Apostels, mit der
Gegenwart verglichen, eine sehr veränderte Lage der Dinge er-
kennen lasse; er verlässt jedoch bald diesen fruchtbaren Boden,
um den Satz auszuführen: es sey ein eigenthümlicher Charakter-
zug der Diener des Allerhöchsten, „dass sie nicht sich selbst an-
gehören, dass sie der Befehle ihres Herrn und Meisters gewärtig,
und immerdar bereit sind, dieselben zu vollziehen, es koste was
es wolle; die vorwaltende Sprache ihres Herzens ist diese: Vater,
nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe.-Siehe ich
im Geiste gebunden fahre hin gen Jerusalem. Diess war die Er-
klärung des Apostels, und dies Brüder — ich darf es in Wahr-
heit sagen — ist die Sprache meines Herzens.“ Dem Ref. fällt
hierbei eine gediegene Rede ein, die im Jahr 1817, bei Gelegen-
heit der Feier des akademischen Reformationsjubiläums gehalten
wurde. Der sonst sehr tüchtige Redner schloss mit den Worten
Luther’s: Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir»
Amen. Aber die Lage, in welcher Luther diese Worte vor Kai-
ser und Reich sprach, war eine ganz andere, als die des akade-
mischen Lehrers auf seinem Katheder; hier störten sie einen gros-
sen Theil des früheren Eindrucks der Rede. Der zweite Theil der
Predigt des Biscbofes führt aus • den heiligen Muth des Apostels
und die Grundlage, auf welcher er beruhete. Die ganze Predigt
des Bischofs hat den Ref. nur sehr wenig angesprochen. Sie ist
überaus matt, und ebenso eines scharfen Gedankenganges als der
Zusprache zum Herzen entbehrend, und zeigt die Kanzelgaben
des Redners in schwachem Lichte, Viel vorzüglicher ist in dieser
Hinsicht die Predigt des Dr. M’ Gaul, wenn schon auch sie weit
davon entfernt ist, ein Muster der Kanzelberedsamkeit zu seyn,
M’ Caul besitzt mehr Feuer der Rede und Gedankenfülle, dringt
tiefer in den Gegenstand ein als der Bischof; allein man vermisst
die klare Auffassung des Gegenstandes, Was endlich den Ge-
brauch betrifft, welchen beide Redner von der heiligen Schrift ma-
chen, so verlieren sich Beide in den Irrgängen einer allegori-
schen Auslegungsweise. Chiliasmus ist der Träger ihrer Erwar-
 
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