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Nr. 60. HEIDELBERGER 1845.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR

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(Schluss.)
Das II. Hauptstück beschreibt in §. 83—170 das leibliche Leben,
das ebenfalls nach Sinn, Trieb und Gemüth unterschieden wird, und dessen
einzelne Systeme, nach dem für das ganze Ich und alle einzelnen Theile gel-
tenden Grundgesetze, in das Nerven-, Beweg- (Muskel-,, Knochen- und
Sehnensystem), Nähr- (Yerdauungs-, Blut- und Lymphsystem) und Verein-
oder Haut System getheilt werden. Gemäss desselben Gesetzes theilt der Yerf.
auch die leiblichen Sinne in den leiblichen Ursinn (das Gemeingefühl), Geist-
lebensinn (Auge und Ohr), Leiblebensinn (Geschmack und Geruch) und Verein-
oder Hautsinn (Tast- und Fühlsinn). Der Hautsinn wird dann auch als der
rhabdomantische und spellanzanische Sinn nachgewiesen und zugleich, dass
Blinde mittelst desselben eine unbestimmte Lichtwahrnehmung haben, wie sich
dieses (s. §. 128) durch eigens desshalb auf des Yerf. Wunsch in der Blinden-
anstalt zu Zürich angeordneten Untersuchungen ergeben hat.
Das III. Hauptstück führt uns in §. 171—202 das geistige Leben in
engerer Bedeutung vor; als der engere Geist gilt hier der Verstand, wäh3
rend der Geist im weitern Sinne alles Nichtleibliche im Ich in sich fasse. Hier
wird im Geistsinne das Erkennen mit seinen Formverrichtungen (dem Hinmer-
ken, Erfassen und Weiterbestimmen) und Gehaltverrichtungen (dem Begreifen,
Urtheilen und Schliessen), und im Geisttriebe das verständige Wollen und die
Freiheit besprochen.
Das IV. Hauptstück begreift die Lehre vom Urich (§. 203—226), das
als die verwirklichte Ureinheit und Indifferenz im Ich vor und über dem Ge-
gensätze von Geist und Leib nachgewiesen wird; das in ungetheilter Kraft da-
hin wirke, auf dass die aus ihm hervorgegangenen inneren Gegensätze und
Gliedungen im Ich zur Erreichung der ganzen menschlichen Bestimmung Zu-
sammenwirken; worin zugleich die Ureigenthümlichkeit oder Individualität
eines jeden Menschen gegründet sey. Auch das Urich habe einen Sinn, den
Einen Ursinn (§. 222) oder das Divinationsvermögen, mittelst welchem alle
Menschen das Denkgesetz und alle höheren Wahrheiten ahnen. Das Ahnen
sey die Indifferenz des klaren Erkennens und des dunkeln Empfindens, daher
es halb bewusst und halb unbewusst sey; indem es die Schranken der Zeit
und des Raumes durchbreche, werden wir manchmal, wie z. B. im sogenann-
ten zweiten Gesichte, im prophetischen Traume etc. der Begebenheiten in un-
mittelbarer Schauung inne. Der Urtrieb (§. 223) wirke in seinem Urstreben
ebenfalls theils bewusst und theils unbewusst, namentlich in Lebensgefahren und
im sogenannten Takte, wo wir gewöhnlich ohne alles Nachdenken das Notlüge
ergreifen. Der Urtrieb ist nicht nur der allgemeine Instinct des Menschen,
XXXVIII. Jahrg. 6. Doppelheft 60
 
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