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672

Carus: Denkschrift auf Göthe.

so wie die Geschichte der mongolischen Völkerstämme überhaupt, bewie-
sen. Mit Recht hält sich der Hr. Verf. bei der Beurtheilung der ursprüng-
lichen Befähigung der Menschheitsstämme an die Geschichte, welche hier
das wahre „Weitgericht“ ist.
Die geistige Individualität des Mongolen ist nach allen Beobach-
tungen im Allgemeinen mehr eine materielle, als eine ideelle fS. 60}.
Das Mittlere oder Mittelmässige der Seele, zwischen Tag und Nacht
stehend, bildet seinen vorherrschenden Charakterzug. Vortrefflich be-
zeichnet darum als Grundzüge des mongolischen Stammes der Ilr.
Verf. S. 60 „ein derbes und geschicktes Anfassen des Allernächsten, Sinn
für Ordnung in Mein und DeiD, nicht ohne eine gewisse egoistische Schlau-
heit, Liebe zum bequemen Lebensgenüsse und knechtische Unterwürfigkeit
unter jede Gewalt, und nur in dieser Beziehung, nicht aus höherer,
geistiger Verehrung, auch die Unterwürfigkeit unter das Göttliche“, welche
also auch in religiösem Gewände den Knechtsinn bekundet. Daher kommt
auch das Stabile im Chinesenthum.
Im Chinesen zeigt sich, wie der Ilr. Verf. S. 63 sagt, „das
allgemeine Rokoko der Menschheit.“ Die Ausbildung der Sprache, Schrift,
Wissenschaft und Kunst des Chinesen zeigt seine Erhabenheit über
dem Negerstamme und den uramerikanischen Völkerstämmen; doch wird
auch eben so in allen diesen Beziehungen die Unterordnung des Chine-
sen unter den kaukasischen Volksstamm zu erweisen sein (S. 68}.
Der Verf. bezeichnet als das, was dem Chinesen fehlt, und den Kau-
kasen zum Vortheile vor jenem auszeichnet, den Sinn für Schönheit
in weiterer Bedeutung, oder den Sinn „für das Schöne in der gesamm-
ten hohem Form ächt menschlichen Lebens.“
Das, was der Ilr. Verf. hier als das unterscheidende Merkmal des
Ka ukasen vor dem gebildetsten Mongolen, dem Chinesen, an-
führt, und mit dem Namen des allgemeinen Schönheitssinns bezeichnet,
möchte Referent eher das Idealisirungsvermögen oder die Vernunft, das
Vermögen der Idee gegenüber der Sinnlichkeit, welche sich am meisten
im Neger, und dem Verstände, der sich in der praktischen Schlauheit
mehr in dem Mongolen offenbart und in letzterer Hinsicht, doch nur
in der dem Naturleben zugerichteten Seite dem Uramerikaner zu-
kömmt, nennen. Denn diese höhere Intelligenz, die Vernunft hat ihre
Beziehung nicht nur zum Erkennen als Organ der Wissenschaft, sondern
auch zum Fühlen als Organ der Kunst, zum Begehren und Handeln als
Organ des Gewissens, zu der Harmonie aller drei Richtungen als Organ
der Religion. (Schluss folgt.)
 
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