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Hammer: Literaturgeschichte der Araber.

dem ihnen zugesandten Ritterbecher tranken. Den Namen „ritterlichen
Chalifen“, welchen der Verf. Al nass ir beilegt, verdient er übrigens
keineswegs, denn war er auch im höchsten Grade rühm- und ehrsüchtig,
so hat er doch weder Beweise von persönlicher Tapferkeit gegeben, noch
durch Offenheit, Grossmuth und Ausdauer sich ausgezeichnet. Er stand
im Bündnisse mit meuchelmörderischen Ismaeliten, er rief die Mongolen zu
Hilfe, statt sich selbst gegen Mohammed Ibn Takasch zu vertheidigen, er
spionirte selbst verkleidet die Hauptstadt aus, drückte die Unterthanen
mit schweren Abgaben und befleckte seinen Namen sogar mit einem Meu-
chelmorde.
Ehe nun der Verfasser in seiner übersichtlichen Darstellung von der
vorislamitischen Literatur zur mohammedanischen übergeht, hält er es für
nöthig, die Ansicht derjenigen zu bekämpfen, welche den Geist des Islams
als einen dem Studium der Wissenschaften feindlichen ansehen. Er führt
mehrere Koransverse und Traditionen an, in welchen allerdings die Wis-
senschaft und die Gelehrten hochgestellt werden. Es fragt sich aber, was
Mohammed unter Wissenschaft QlmJ verstehen mochte, gewiss nichts
Andres als die Kenntniss des göttlichen Wortes und dessen Auslegung,
worüber folgende Tradition gar keinen Zweifel lässt: „Lehret die Wis-
senschaft, denn wer dieselbe lehrt, fürchtet Golt...., wer dieselbe an-
wendet, nähert sich dadurch dem Herrn, denn die Wissenschaft ist
der Wegzeiger des Verbotenen und Erlaubten, der Leucht-
thurm des Pfades zum Paradiese u. s. w.“ H. v. Hammer, welcher zu
den Gegnern Gibbon’s in der bekannten Frage über den Bibliotheks-
brand zu Alexandrien sich bekennt und an den Ausspruch des Chalifen
Omar in Betreff ihrer Zerstörung glaubt, demzufolge alles was nicht auf
den Koran und die Sunna sich bezieht, dem Islam schädlich oder wenig-
stens überflüssig wäre, kann doch wohl nicht behaupten, dass Omar wie
so manche Europäer „aus Unkunde und Parteigeist“ den Geist des Islams
verläumdet habe. Aber angenommen auch, Mohammed und der Koran seien
in ihrer Beziehung zur Wissenschaft von Omar zu feindselig aufgefasst
worden, so ist doch jedenfalls die Blüthe der Wissenschaft unter den
Arabern nicht der Aufmunterung, die sie von Mohammed und den ersten
Chalifen erhielten, zuzuschreiben, sondern dem durch die Thronbesteigung
der Abbasiden mächtig gewordenen Einflüsse des persischen Elements, wel-
chem auch in andern Beziehungen sowohl der Geist des Islams als die
arabische Sitte weichen mussten.
(Schluss folgt.)
 
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