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Heidelberger Jahrbücher der Literatur — 45,2.1852

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Nr. 44
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https://doi.org/10.11588/diglit.43436#0200
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Seyffarth: Altjüdische Zeitrechnung,

Der ganze Schattenweg fiel in die südliche Hemisphäre und die Fin-
sterniss war also für Palästina unsichtbar. Die des Phlegon kann nur die
totale Sonnenfinsterniss des 24. Nov. 29 n. Chr. gewesen sein.
Unter den sonstigen „Thatsachen“, welche der Verf. für seine Hy-
pothese anführt, verdient nur eine einzige noch Erwähnung. „Die In-
schrift von Berenice lehrt“, schreibt er S. 348, „dass im 55. Jahre Au-
„gust’s {25 n. Chr.} der 8. Tag des Laubhüttenfestes am 22. September
„gleich 25 Paophi {dem Herbstnachtgleichentage} gefeiert worden sei; daher
„die Juden damals noch nach festen Sonnenmonaten gerechnet haben müs-
sen. Denn der Neumond fiel auf den 10. Sept. 25 n. Chr., nicht auf
„den 1. September.“ Das letztere ist richtig. Die Inschrift aber ver-
gleicht nur die σύλλογος της σκηνοπηγίας mit dem ägyptischen 25. Phaophi
des Jahres 55, ohne die Aere zu bestimmen. Eben sie ist streitig. Doch
mit Unrecht; denn die einzige bekannte Aere, auf die jenes Datum
sich beziehen kann, ist die sogenannte Ak tische, richtiger die der Er-
oberung Aegyptens durch Augustus in Folge des Falles Alexandriens im
August 30 v. Chr.
Wenn Dr. Frankel {Zeitschr. d. D. Μ. Gesellsch. IV. S. 105 ff.}
aus dem Tone der Inschrift nachzuweisen sucht, dass sie nicht wohl
„unter der Regierung des den Juden abholden Tiberius“ abgefasst wor-
den sein konnte, und Anger {a. a. 0. S. 111} diese „gut nachge-
wiesene, grosse Unwahrscheinlichkeit“ anerkennt, so übersehen beide Ge-
lehrte , dass die rühmende Inschrift einem — römischen Verwal-
tungsbeamten Cyrene’s, nicht etwa in Rom, sondern in der Stadt
Berenice am Rothen Meer gesetzt ist, und überhaupt schon die Existenz
des öffentlichen Denkmals beweist, dass die römische örtliche Be-
hörde zur Zeit keinen Anstoss an dem Tone desselben genommen
haben kann, was auch immerhin nach 1800 Jahren eine strengere und loyalere
Leipziger Censur davon halten möge. Dass Hr. Dr. Frankel {welcher
das Jahr der Inschrift von 659 n. Chr. an gerechnet wissen will} es gar
zu leicht mit genaueren chronologischen Bestimmungen nimmt {vgl. a.
a. 0. S. 107}, setzt Anger ihm nachschriftlich auseinander; doch
rühmt er zugleich von ihm, „auf ein, von den bisherigen Commentatoren
der Inschrift wenigstens nicht für diesen Zweck benutztes Moment auf-
merksam gemacht zu haben: auf das durch dieselbe verbürgte Vorhanden-
sein eines Schaltmonats im Kalender der Juden von Cyrene“; nicht be-
denkend dass, war die Jahrform jener Juden die des freien Mondjahrs
oder irgend eine Form des Sonnenjahrs, die Inschrift in Betreff eines
Schaltmonats, auch wenn von ihm die Rede sein könnte, natürlich
 
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