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Hr. 47. HEIDELBERGER 1855.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Zeitschrift des histor. Vereins für Niedersachsen.
Schluss.

Jene colossalen Felsenbauwerke um die Nordsee herum, die
sich nirgends bis in die Mitte Deutschlands erstrecken, enthalten
dennoch, so gross sie sind, durchaus keine Gegenstände von Metall,
sondern blos rohe irdene Gefässe ohne Asche und Knochen, sehr
zahlreiche Steingeräthe: Keile, Opfermesser und Hämmer, Bern-
steinschmuck, Thiergebeine (von Hirschen, Elennthieren, wilden
Schweinen etc.) und zu Jagd- und Fischergeräthe bearbeitete Kno-
chenstücke, so wie, was besonders beachtet werden muss, die Reste
von unverbrannten Leichen. Die Todtenhügel dagegen, die sich
überall über ganz Süd- und Norddeutschland verbreiten und oft
auch bei jenen Riesenbetten und rings um solche herum stehen,
bergen in ihrem Innern theils, vorzüglich in Norddeutschland,
Aschen- und Knochentöpfe mit Resten verbrannter Leichen, theils,
doch mehr nur in Süddeutschland, die Gebeine begrabener Todten
und wohl auch noch Steinsacben, aber vorzüglich Gegenstände von
Metall, nämlich von Kupfer, Bronze, Gold und Eisen, selbst von
Bernstein, Glas und gebranntem Thone, und aus solchem selbst schon
künstlichere Gefässe. Und wenn jene Riesenbetten einem unterge-
gangenen Urvolke, einem Volke von hoher Kraft, zugeschrieben
werden, welches, als das mittlere Europa noch mit dichten undurch-
dringlichen Wäldern und Morästen angefüllt war, an den Meeres-
küsten von der Jagd und Fischerei lebte, so gehören dagegen die
Todtenhügel erst später eingewanderten, Ackerbau treibenden Völ-
kern, theils den Germanen, theils den Slaven an. Wie die gänz-
lich verschiedenen zwei Arten der Todtenstätten selbst und der
Todtenbestattung: die Beisetzung der Leichen selbst und, bei Ver-
brennung derselben, die Beisetzung blos ihrer Asche und Knochen-
reste in den Todtentöpfen gänzlich von einander abweichen; ebenso
weisen die nicht minder verschiedenen Grabesmitgaben auf eine
hohe Verschiedenheit der Religion und Cultur hin. Aber diesen so
wesentlichen Unterschied erkennt Herr Blumenbach nicht an;
er sucht vielmehr die Ansicht durchzuführen, dass die Riesenbetten
und Todtenhügel ganz zusammengehörten und in Einer Zeit und
von Einem Volke errichtet worden wären. Er sagt: „die Grab-
hügel liegen rings um die Steinhäuser herum, wie auf unsere christ-
lichen Begräbnissplätzen die Gräber um die Kapelle, und die Stein-
häuser haben einen andere Zweck als den eines blosen Begräb-
nisses; sie waren gemeinschaftliche Versammlungsräume für die
LXYIII. Jahrg. 10, Heft, 47
 
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