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Nr. 12. HEIDELBERGER 1857.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Seybt: Richard Heber Wrightons, Geschichte des
neuern Italiens.

(Schluss.)
Als 1820 und 21 in Italien der Bürgerkrieg wüthete, fand aller-
dings im Kirchenstaat kein wirklicher Ausbruch statt, aber die Lei-
denschaft der streitenden Parteien machte sich in politischen Meuchel-
morden Luft, und viele der Theilnahme an der Unternehmung des
Grafen Gonfalonieri verdächtige Personen wurden an Oesterreich auf
dessen Verlangen ausgeliefert oder in die Verbannung getrieben. Als
Pius VII. 1823 starb, waren die Legationen und Rom selbst von
Parteiwuth zerrissen und die päpstliche Regierung weder im Inland
beliebt noch im Ausland geachtet.
Das Böse und das Gute, das die Regierung seines Nachfolgers
Leo’s XII. bezeichnete, entsprach seinem Charakter und seinen An-
sichten, welche die eines aufrichtigen und eifrigen aber vorurtheils-
vollen und engherzigen Priesters waren. Obgleich ein Feind der
herrschenden Corruption, hasste er doch alle neuen Ideen, und sein
vornehmstes Ziel war die Aufrechthaltung der Herrschaft der Geist-
lichkeit und die Wiederherstellung der alten Disciplin. In der welt-
lichen Verwaltung suchte er mit anerkennenswerthem Eifer Verbes-
serungen einzuführen, das schändliche Netz der corrupten Beamten-
welt zu zerreissen, eine strengere Aufsicht im Interesse der Moral
und Ehrlichkeit einzuführen und manche Missbräuche abzuschaffen.
Aber diese verdienstvollen Arbeiten wurden durch die Aufmunterung
weit überwogen, welche man der Gewaltthätigkeit und Ungerechtig-
keit der Sanfedistenpartei angedeihen liess. Die Juden wurden ge-
zwungen all ihr Eigenthum zu veräussern und wieder in den Ghetto
eingeschlossen, und viele veraltete Gebräuche des römischen Hofs
traten wieder ins Leben. Man griff zu den härtesten und willkür-
lichsten Massregeln, um die Carbonari zu unterdrücken, und das
schändliche Gewerbe der geheimen Ankläger und Spione fand Auf-
munterung. Verurtheilungen in Bausch und Bogen, welche die der
Unzufriedenheit Angeklagten mit Mördern und Verbrechern der ge-
meinsten Art in eine Classe stellten, vernichteten alle Achtung vor
den Gerichten. So fehlte nur noch die kurze aber höchst traurige
Jesuitenregierung unter Pius VIII., und der Kirchenstaat war reif
für die Revolutionen, welche sich von 1831 an fast ununterbrochen
folgten.
Gregor XIII. war auch noch nicht einmal gewählt, als sich der
Kirchenstaat schon in allgemeinem Aufstand befand, und fremde
L. Jabrg, 3, Heft, 12
 
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