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Hr. 25. HEIDELBERGER 1857.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
ghF—I-T—Jt 1 .....LI < I . . - ... II
Literaturberichte aus Italien.
I.
Das Königreich Sardinien dürfte jetzt derjenige Staat Italiens sein, der
am meisten die Aufmerksamkeit auf sich zieht. In Italien spricht man eben
mehr von Piemont als von Sardinien, da dieser Theil dieses Königreiches nicht
nur der bedeutendste, sondern auch der in der Bildung am meisten vorge-
schrittene ist. Daher hat auch der neueste Geschichtschreiber dieses Landes,
Gallerga, sein Buch:
Storia del Piemonte dai primi tempi al 30 Marzo 1856 di Antonio Gallerga, To-
rino 1856.
die Geschichte von Piemont genannt. Sie umfasst, nach vorausgeschickter
kurzer geographischer Uebersicht, die Geschichte desselben, von den frühesten
Zeiten bis zum Frieden von Paris in der morgenländischen Angelegenheit.
Der Verfasser hatte das Werk zuerst in London in englischer Sprache heraus-
gegeben, wo es sehr gefiel, er hat es daher jetzt für seine Landsleute umge-
arbeitet. Der Verfasser hat in der letzten Zeit eine für ihn sehr schmerz-
liche Celebrität erlangt. Als junger Mensch gehörte er nemlich zu den gehei-
men Verbindungen in Italien, welche durch Silvio Pellico und andere allge-
meine Theilnahme erregt haben. Damals war Gallerga von Mazzini auser-
wählt worden, den König Carlo Alberto, den treuesten der Verbündeten von
Don Carlos, zu ermorden. Don Carlos war damals das Banner des Absolu-
tism, und der Minister von Carlo Alberto, Graf Solar della Margharitta hat in
seinen Memoiren alle die Monarchen aufgezählt, welche diesen Prätendenten
mit ungeheuren Summen unterstützten, woher man sich die unerwartete Ver-
mehrung der Staats-Schulden mancher Staaten im tiefen Frieden erklären kann.
Man sieht dabei zu gleicher Zeit, wie wenig auf die Verschwiegenheit der
Diplomaten zu rechnen ist; denn der gedachte Minister des Auswärtigen er-
zählt ganz offenherzig, dass der Gesandte Graf fff ihn gebeten habe, nicht
weiter zu erzählen, wie viele Millionen an Don Carlos gesandt worden. Der
damals verabredete Königsmord wurde durch Verwickelung der Umstände
verhindert. Gallerga ging nach England, schrieb dort das auch in das Deut-
sche von Seibt so gut übersetzte Werk „Italien und die Italiäner“ unter dem
Namen Mariotti, und verheirathete sich dort, so dass er erst nach beinah
einem Viertheil Jahrhundert nach Italien zurückkehrte. Er wurde bald als
Mitglied des Parlaments des Königreichs Sardinien gewählt und zeichnete sich
durch seine Mässigung und seine monarchisch constitutionellen Gesinnungen
allgemein aus. Ueberall gibt es Leute, welche nur die Uebertreibung lieben,
dergleichen befinden sich auch in Italien; so wie in Deutschland Männer, welche
ihr Leben daran gewandt haben, den Fortschritt zu befördern, seit 1848 als
Reactionaire verschrieen wurden, weil sie nur das Mögliche wollten, und die
Fürsten unangetastet liessen, indem diese viel weniger schaden könnten, als eine
L. Jahrg. 5. Heft. 25
 
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