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Nr. 6. HEIDB^BERGER 1858.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Odalrich II. Graf von Dilingen-Kiburg Bischof von Constans 1110—-
1127. Ein Beitrag zur vaterländischen Geschichte von C. B.
A. Fi ekler. IV. 55. 8. Mannheim. Buchdruckerei von
Schneider. 1856.
Diese kleine, durch Gelehrsamkeit, Fleiss und Combinationsgabe
ausgezeichnete Monographie zeigt von neuem den Nutzen, welchen
auch untergeordnete Stoffe, richtig behandelt der Geschichtskennt-
niss bringen. Lokalchroniken, Urkunden mannigfaltiger Art, selbst
Legenden haben dem Verfasser, welcher am Schluss seiner Arbeit
fortlaufende Regesten gibt, Mittel gebracht, die noch vielfach dunkle,
jedenfalls trübselige Zeit des ersten Investiturstreits mehrmals auf-
zuhellen und zwar dadurch, dass die grossen, von den Häuptern
des Reichs und der Kirche geführten Kämpfe sich in den kleinern
bischöflich-klösterlichen Leiden und Freuden abspiegeln. Die Dor-
nen- und Fruchtstücke des Constanzer Oberhirten sind im Grunde
nichts als Vorspiele und Nachklänge des in Rom durch Papst und
Kaiser aufgeführten Dramas. Beide Oberfeldherrn wetteifern mit
einander wie an vorwärtsstrebendem Ehrgeiz, so an rücksichtsloser
Gleichgültigkeit gegen das Sittengesetz; man weiss nicht, wer es
hier dem Andern zuvorgethan hat. Denn während Paschalis II.
den Sohn wider den Vater aufhetzte, vergalt der Schüler dem Meister
Gleiches mit Gleichem, wie ja bekannt genug ist. Unter solchen
Verhältnissen und Machthabern musste man unten dem Vorgänge
von oben Folge leisten, der Kleine mit geringen Ausnahmen des
Grossen Nachahmer werden, nicht sowohl die Politik der Grund-
sätze als der vollendeten Thatsachen bekennen und vollziehen. So
handelten, während nichts desto weniger die eigentlichen Streitpunkte
unverrückt als eiserne Nothwendigkeit blieben, die meisten Für-
sten und Herrn im weltlichen, die Prälaten im geistlichen Kreise.
Das Gebot des Eigennutzens und der Dehnbarkeit galt; man beugte
und duckte sich, um im günstigen Augenblick wieder trotziger auf-
zustehen. Diess musste besonders den Verfechtern derjenigen Seite
als Abwehr und Angriffswaffe dienen, welche weniger mit dem Eisen
als dem Wort stritten, mehr den Kräften der öffentlichen Meinung
und des wirklichen oder illusorischen Rechts als den Mitteln der
handgreiflichen Gewalt vertrauten. „Seid klug wie die Schlangen
und einfältig wie die Tauben!“ war hier gegenüber den Füchsen,
Adlern und Geiern das natürliche Sprich- und Schlagwort. Dasselbe
galt auch für den fraglichen Bischof Ulrich von Constanz; er hat,
wie aus der sorgfältigen Zusammenstellung ohne weiteres Räsonne-
ment deutlich hervorgeht, nach den Umständen gehandelt, eine dop-
U. Jahrg. Heft, §
 
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