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Nr. 15.

HEIDELBERGER

1858.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Mayer: Der welthistorische Process.

(Schluss.)
Nach der Schlussbetrachtung des Hrn. Verf. (S. 104 ff.) ist
„das Absolute aus den Gränzen der Philosophie gänzlich zu verwei-
sen als ein Etwas, für das wir schlechthin keine Denkformen, kein
Organ haben, das wir nirgends zu fassen, und mit dem wir absolut
nichts anzufangen vermögen.“ Sucht er hier nicht mit dem von ihm
selbst verworfenen dialektischen oder logischen Princip das Absolute
hinwegzudemonstriren ? Ist nicht von jeher das Absolute der Gegen-
stand und das Ziel aller Philosophie gewesen? Und ist nicht ge-
rade in unserm modernen Bewusstsein, welches er doch für den re-
lativ wahrsten Standpunkt hält, das Absolute in Religion und Phi-
losophie der Mittelpunkt aller Ideen und Bestrebungen? Wenn nach
ihm, wie er S. 104 sagt, die Philosophie „auf lauter menschliche
und weltliche Dinge“ beschränkt.ist, wie kann sie dann ihre grösst-
möglichste Wahrheit nach demselben Hrn. Verf. im „modernen Be-
wusstsein“ besitzen, da sich dieses gerade in unserer Zeit mehr, als
je, über die menschlichen und weltlichen Dinge zu erheben bemüht
ist? Wenn er meint, dass „von Begriffen aus die Wahrheit gar
nicht erreicht werden kann“, sondern, dass man in der Philosophie
anstatt jener die „reine Sache (sic) erfassen“ soll, so möchte
wohl hier zu fragen sein, womit anders, als mit Begriffen, reine
und unreine Sachen erfasst werden können. Die begriffliche Con-
struction wird also zur Erfassung des welthistorischen Processes, wel-
cher in vorliegender Schrilt zum Princip der Philosophie gemacht
werden soll, gewiss immer so nöthig sein, als zum Verständnisse
irgend einer andern Sache. Wenn der Hr. Verf. also als „Norm“
und „Gesetz“ für die Philosophie „den welthistorischen Process“ auf-
stellen will, so ist damit so lange nichts bestimmt, als nicht das
Gesetz, die Norm des welthistorischen Princips selbst entwickelt
werden kann, und auch diese würden immer wieder nur durch den
Begriff bestimmt werden können. Damit, dass die Philosophie nach
ihm auf die Geschichte gegründet wird, ist kein Princip für sie ge-
wonnen; denn wir kennen ja dadurch, dass wir auf die Geschichte
verwiesen werden, immer noch lange nicht das Princip, von welchem
diese sich im geschichtlichen Verlaufe darstellende Philosophie ausgeht.
v. Reiclilin JHel <1 egg.

LI. Jahrg. 3. Heft.

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