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Nr. 16.

HEIDELBERGER

1858.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR

Aus dem Nachlasse von J oh. Fried. FI ein rieh Schlosser.
Fier ausgegeben von Sophie S chl o s s er. Zweiter Band: Ge-
dichte. Dritter Band: Legenden. Mainz, Verlag von Franz
Kirchheim, 1857.
Von dem Werthe und von dem Interesse des literarischen Nach-
lasses des hochverehrten Mannes, welcher uns hier geboten wird,
war in diesen Blättern schon bei der Anzeige des Ersten Bandes
desselben die Rede (1856. Nr. 51.). Wir freuen uns, dass der am
Ende jener Anzeige ausgesprochene Wunsch, dass die Fortsetzung
dieser Sammlung bald erfolgen möge, eine so rasche und dem An-
fänge derselben entsprechende Erfüllung durch diese beiden zugleich
erschienenen weitern Bände gefunden hat.
Die Gedichte, welche der erstere dieser beiden Bände enthält,
zeigen im Allgemeinen nach Inhalt und Form dieselben Eigenschaf-
ten, welche wir überhaupt bei allen geistigen Erzeugnissen ihres
Verfassers finden: einen edeln und feinen Sinn; kräftige und schöne
sittliche und patriotische Gedanken und Gefühle bei den Stücken
ernsten Inhaltes, bei andern heitern Scherz, herzliches Wohlwollen;
überall eine schöne Form, reinen Geschmack und sichere Gewandt-
heit.
Das Preisstück der ganzen Sammlung ist die am Anfang
stehende; „Canzone 1 8 40 im Mai.“ Es ist dieses ein Gedicht
von sieben Strophen in je dreizehn Zeilen, von echter, tiefer patrio-
tischer Gesinnung voll erleuchteter Gedanken in dem würdigsten
Gewände und in vollendeter künstlerischer Form. In dieser Canzone
haben wir ein schönes, würdiges Angedenken an den Geist und die
Gesinnung des Verfassers, welches in vielen Herzen immer aufs neue
fortleben wird; zugleich wird dieses Gedicht in jeder Sammlung
deutscher poetischer Musterstücke fortan diese Kunstform der Can-
zone auf die würdigste Weise zu repräsentiren geeignet sein. Die
in dem Jahre 1840 von Westen her drohende Gefahr für Deutsch-
land veranlasst den Dichter einen Blick zu werfen auf Vergangen-
heit, Gegenwart und Zukunft der Geschicke des deutschen Gesammt-
vaterlandes. In wenigen grossen aber bedeutungsvollen Zügen gehen
an seinem Geiste vorüber: die Bilder der Herrlichkeit der alten Kaiser-
zeit; deren Verfall; die Trennung des deutschen Volkes in seinem
tiefsten geistigen Grunde; die ungenügende Restauration nach dem
blutigen dreissigjährigen innern Kriege; die neue Trennung und
Knechtschaft unter der napoleonischen Herrschaft, das Mislingen der
Wiederherstellung der alten National-Einheit nach dem Sturze Na-
poleons und die Gefahren der Gegenwart; woran sich am Schlüsse
LI. Jahrg. 4. Heft. 1g
 
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