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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 8.1898

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Heft 2
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Schröder, Richard: Germanische Rechtssymbolik auf der Marcussäule
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https://doi.org/10.11588/diglit.29034#0262
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Germanische Rechtssyiuholik auf* der Marcussäule1).

Von

Richard Schröder.

Scene 31, 32 der Marcussäule stellt ein römisches Marschlager vor,
das durch einen halbkreisförmigen Wallgraben und zwei Zelte angedeutet
wird; vor jedem Zelte ein Wachtposten in voller Rüstung. Auf einer
Erhöhung oberhalb der Zelte stehen sechs Personen, links Marc Aurel
mit zwei römischen Begleitern, ihm gegenüber rechts zwei vornehme Bar-
baren, hinter diesen ein römischer Soldat, nur der letztere bewaffnet,
alle übrigen waffenlos. In dem Krieger erkennt man sofort den Geleits-
mann, der die Barbaren in das Lager geführt hat. Seine abgewandte
Stellung deutet an, dass er mit der dargestellten Verhandlung nichts zu
tlmn hat. Während die Begleiter des Kaisers mit gespreizten Beinen
und als ruhige Zuschauer dastehen, fällt das Typische in der Stellung
des Kaisers und der beiden Barbaren sofort auf. Der Körper ruht bei
allen auf dem linken Fusse, der rechte ist leicht nach rückwärts gestreckt.
Jeder von ihnen fasst mit der linken Hand einen Zipfel seines Gewandes;
die Rolle, die der Kaiser sonst regelmässig in der Linken hält, fehlt.
Seinen rechten Arm hält der Kaiser gebogen, die offene Hand in Brust-
höhe, den Barbaren entgegen. Der Zeigefinger und der Mittelfinger der
Hand sind gestreckt; ob die übrigen Finger ebenfalls gestreckt oder ob

1) Die Marcussäule auf Piazza Coloima in Rom, her. von Petersen, v. Dornas-
zewski uud Calclerini, München 1896. Da die Marcussäule von vielen nur als eine
mehr oder weniger unvollkommene Nachahmung der Trajanssäule angesehen wird, so
mag hervorgehoben werden, dass die einzige, einigermassen an unser Bild anklingende
Darstellung der letzteren (CJichorius, Reliefs der Trajanssäule Nr. 51, Sc. 128) den
Empfang des Kaisers durch seine vor einer Festung aufgestellten Truppen zum
Gegenstände hat. Trajan und der vorderste Krieger erheben die rechte Hand zum
Grusse. Die Füssestellung des Kaisers ist dieselbe wie auf unserem Bilde und inso-
weit könnte allenfalls eine Entlehnung zugegeben werden. Alles andere ist nach
Form und Inhalt grundverschieden und giebt unserem Bilde ein durchaus indivi-
duelles Gepräge.
 
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