Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 16.1910

DOI Artikel:
Mayer, Adolf: Gedanken über Landschaftsmalerei
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31252#0190
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Geclanken iiber Landschaftsmalerei.

Yon

Adolf Mayer.

Es ist eine Eigentümlichkeit, die jedem aufgefallen sein muss, der
je iiber Kunst nacbgedacht hat, dass die Landschaftsmalerei zu ver-
schiedenen Zeiten und bei verschiedenen Yölkern eine so sehr verschieden
grosse Rolle gespielt hat und noch spielt. Während die Figurenmalerei
und ebenso die plastische Nachbildung des menschlichen Leibes überall
geübt wird, wo die bildende Kunst erwacht, und im Grund schon bei
dem Fettischdienst der Wilden eine Rolle spielt, hatten die künstlerisch
so hoch stehenden Griechen, wie es scheint, keine eigentliche Landschafts-
malerei, obwohl es falsch ist, ihnen, wie man lange pflegte und
noch 1) Gervinus tat, Freude an der Natur selber abzusprechen. Was
aber z. B. Wörmann in seinem gelehrten Werke, die Landschaft in
der Kunst der alten Yölker, von antiken Landscbaftsbildern reproduziert,
macht den Eindruck von dekorativem, durch Handwerker ausgeführtem
Wandschmuck, wenn es auch einen Fortschritt gegenüber den ägyptischen
Darstellungen dieser Art darstellen mag.

Und noch jetzt ist es auffallend, wie diese Kunst, wenigstens in
Europa, 2) so ganz überwiegend im Norden gedeiht und vorherrschend

1) Biese: Die Entwicklung des Naturgefühls etc. Übrigens gewinnt man aus
der Lektüre des Plato, aus dessen dürftigen Konstruktionen des Schönen, wobei der
Reiz der Natur beinahe ganz vergessen wird, doch keine allzu hohe Schätzung von
jenem Empfinden. Homer gibt bekanntlich noch keine Beschreibung der land-
schaftlichen Schönheit. Erst ganz zu Ende des Altertums findet sich nach Wör-
mann (landschaftlicher Natursinn der Griechen und Römer 1871 p. 129) die Land-
schaftsbeschreibung als Selbstzweck der Poesie. Dass diese Landschaftsbeschreibung
aber die Landschaftsmalerei schon voraussetze, ist doch ein etwas gewagter Schluss.

2) Die Kunst der mongolischen Kulturvölker müssen wir vorläufig ausser Be-
tracht lassen. Yon Wörmann wird noch die Landschaftskunst der Japaner sicher-
lich zu gering bewertet. Ein gerechtes Urteil über dieselbe zu fällen ist uns aber
wohl noch nicht gegeben.
 
Annotationen