Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
36

Und noch am 24. Mai 1829 schreibt er nach einem kurzen Wiedersehen
mit Bang in Bonn an die Brüder Grimm: „Das ist das haltbarste, treuste
Herz, das kann die Linie passiren1.“ Solche Gefühlsäußerungen wird
man bei Savigny, von dem sein Schwager Clemens einmal so treffend
gesagt hat, „er überwintere die Saat seiner großen Zukunft unter einer
Schneedecke von Verschlossenheit4 5“, nicht erwarten. Und doch schwingt
auch in seinen Briefen an Bang ein so menschlich warmer Ton, wie er
sonst nur noch in den Briefen an die Brüder Grimm und an Ringseis
festgehalten ist. Spricht doch für die Zuneigung, deren sich Bang in
diesem Kreise erfreute, schon allein die Tatsache, daß Christian Bren-
tano, Conradi, Leonhard und Friedrich Creuzer, dieser zusammen mit
Savigny, sowie die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm ihm je eines
seiner zahlreichen Kinder über die Taufe hielten.
Aber dieser mit den schönsten Herzenseigenschaften begabte Land-
pfarrer stand zugleich mit offenem Sinn mitten in dem reichen geistigen
Leben seiner Zeit. Lassen schon die Briefe Savignys und der Brüder
Grimm an ihn erkennen, daß er als durchaus ebenbürtiger Partner ne-
ben sie trat und ihrem wissenschaftlichen Aufstieg mit selbständigem
Urteil zu folgen verstand, so gilt das nicht minder von seinem Verhältnis
zu Friedrich Creuzer. Was die beiden Vettern miteinander verband, war
neben der von Jugend auf bewährten Freundschaft vor allem die beiden
gemeinsame, vom alten Bang vertiefte Liebe für das klassische Altertum.
Fragen des klassisch-philologischen Studiums sind denn auch ein Haupt-
thema der frühesten erhaltenen Briefe, die Creuzer, damals selber noch
in der Ausbildung begriffen, mit dem um drei Jahre jüngeren Vetter in
Göttingen wechselte. Als Creuzer dann, in langjährigem persönlichem
Umgang mit ihm und den übrigen Freunden bereichert und gereift, im
Jahre 1804 als erster Marburg verließ, um dem Ruf nach Heidelberg zu
folgen, da gehörte auch Bang zu denen, die sein Scheiden wohl ehrlich
bedauerten, aber ebenso sehr diesen Eintritt in einen neuen und grö-
ßeren Wirkungskreis im Interesse Creuzers selber von Herzen begrüßten.
Leider sind es nur wenige Briefe Creuzers aus dieser ersten Heidelberger
Zeit6, die wir hier vorlegen können, aber auch diese wenigen zeigen zu-
sammen mit den Gegenbriefen Bangs, mit wie lebhafter Anteilnahme
4 R. Steig: Clemens Brentano und die Brüder Grimm (Stuttgart und Berlin
1914), 242.
5 Stoll 223.
6 Das Goethe- und Schillerarchiv in Weimar bewahrt 22 Briefe Creuzers an
J. H. Ch. Bang aus den Jahren 1794 bis 1810, von denen nur die vier letzten in
Heidelberg geschrieben sind. Dazu treten 14 Gegenbriefe Bangs aus den Jahren
1793—1827 im Besitz der Landesbibliothek Kassel.
 
Annotationen