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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — N.F..1954

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Nagel, Bert: Zur Interpretation und Wertung des Nibelungenliedes
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https://doi.org/10.11588/diglit.47639#0013
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Bert Nagel
Zur Interpretation und Wertung des Nibelungenliedes1)
Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges sind nicht weniger als drei um-
fangreiche Nibelungendichtungen erschienen: Max Mell, Der Nibelunge
Not2, Wilhelm Hildebrand Schäfer, Die Nibelungen3, und Reinhold Schnei-
der, Die Tarnkappe4. Die Veröffentlichung einer weiteren dramatischen
Neugestaltung der Nibelungen durch Friedrich Hielscher steht bevor.
Der Zeitpunkt des Hervortretens dieser Werke sowie die Intensität die-
ser dichterischen Erneuerungen des Nibelungenstoffes lassen aufhorchen.
Gewiß kannte auch schon das 19. Jahrhundert eine reiche und bedeutsame
Nibelungendichtung. Aber damals ergab sich ein solcher Rückgriff auf die
altdeutsche Dichtung folgerichtig und selbstverständlich aus den Strebun-
gen und Nachwirkungen der Romantik, der die Wiederentdeckung des
deutschen Mittelalters ein programmatisches Anliegen gewesen war. Der
durch die Romantik (und Herder) recht eigentlich erweckte geschichtliche
Sinn hat noch bis gegen das Ende des 19. Jahrhunderts die systematische
Pflege und Erneuerung mittelalterlicher Kunst und Kultur nahegelegt. Seit
1900 jedoch, mit dem Aufkommen der modernen Naturwissenschaft, ent-
fiel eine solche allgemeine geistige Strömung, die das Fortleben altdeutscher
Poesie aus Bildungstradition forderte. Daß dennoch auch im 20. Jahrhun-
dert — und gerade in der jüngsten Gegenwart — das Nibelungenthema die
Dichter zu neuer Anverwandlung reizte, hat also keine spezifisch bildungs-
geschichtlichen Gründe, sondern erklärt sich allein aus der inneren Lebens-
kraft des Nibelungenliedes selbst.
Noch Hebbel war es bei seiner Trilogie einzig darum gegangen, das mittel-
hochdeutsche Epos zu dramatisieren bzw., wie er sagte, den darin angeleg-
ten „dramatischen Schatz für die reale Bühne flüssig zu machen“5. Er machte
1 Eine interpretierende und wertende Gesamtdarstellung des NI. fehlt noch immer,
obwohl sie im Blick auf Lehrende und Lernende längst fällig ist. Die hier vorgelegten
Studien stehen im Zusammenhang eines solchen größeren Vorhabens, insofern der
Verfasser etwa in Jahresfrist eine Gesamtdeutung des mittelhochdeutschen Nibelungen-
epos vorzulegen gedenkt.
2 Deutsche Ausgabe bei Georg Westermann 1953.
3 Schilfblüten-Verlag Mannheim 1947.
4 Inselbücherei 1951.
5 Vgl. Fr. Hebbel, Sämtl. Werke, hist.-krit. Ausg. v. R. M. Werner. Berlin 1904.
I. Abt., 4. Bd., S. 341 ff. Aus dem Nachlaß veröffentlichte Vorrede „An den geneigten
Leser“.
 
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