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Brodersen, Kai; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Wahn Welt Bild: die Sammlung Prinzhorn ; Beiträge zur Museumseröffnung — Berlin, Heidelberg [u.a.], 46.2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.4062#0045

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Hans Prinzhorn - ein „Sinnender" in der Weimarer Republik

Thomas Röske

Einleitung

Hans Prinzhorn sympathisierte zwischen 1930 und 1933 mit den National-
sozialisten. Deshalb wurde in letzter Zeit von verschiedener Seite der Vor-
wurf erhoben, er sei Faschist gewesen. Und es wurde kritisiert, dass man ihn
heute durch die Verbindung seines Namens mit der Sammlung und durch
die Feierlichkeiten und Veranstaltungen zur Eröffnung des Museums ehre.
Die Tagung kann an diesem Vorwurf nicht vorbeigehen, auch wenn es hier
primär um Prinzhorns Jahre in Heidelberg von 1919 bis 1921 geht, die er
selbst als seine „Steinzeit" bezeichnet hat.1 So soll der Versuch gemacht wer-
den, den Prinzhorn vom Anfang der Weimarer Republik aus der Perspektive
des Prinzhorn vom Ende dieses dramatischen Abschnitts deutscher Ge-
schichte zu betrachten.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Dabei wird keine Deckungsgleichheit mit
der Position des berüchtigten Carl Schneider offenbar. Von diesem trennen
Prinzhorn ideologische Welten in der Einschätzung künstlerischer Werke von
Patientinnen und Patienten psychiatrischer Einrichtungen.2 Prinzhorn hat die
Artefakte dieser Menschen gerade nicht primär unter dem Aspekt Krankheit
betrachtet; selbst ihre Eignung als differentialdiagnostisches Hilfsmittel stellte
er in Frage.3 Und der Absicht, mit ihrer Hilfe zeitgenössische Kunst zu diffa-
mieren, die schon vor den Nazis eine Reihe von Wissenschaftlern verfolgte,4

1 Das berichtet Elsbeth Gnügge in einem Brief an Walter Ritter von Baeyer, Berlin, den 3.12.1966 (Archiv der Sammlung
Prinzhorn, Heidelberg).

2 Siehe Bettina Brand-Claussen, Häßlich, falsch, krank. „Irrenkunst" und „irre Kunst" zwischen Wilhelm Weygandt und Carl
Schneider, in: Psychiatrische Forschung und NS-„Euthanasie". Beiträge zu einer Gedenkveranstaltung an der
Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg, hrsg. von Christoph Mundt, Gerrit Hohendorf und Maike Rotzoll, Heidelberg
2001,265-329, hier S. 285-289.

J Hans Prinzhorn, Bildnerei der Geisteskranken. Ein Beitrag zur Psychologie und Psychopathologie der Gestaltung, Berlin

1922, S. 337.

4 Siehe Brand-Claussen 2001, wie Anm. 2.
 
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