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Herfarth, Christian [Hrsg.]; Bartsch, Helmut [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Gesundheit — Berlin, Heidelberg, New York, 50.2006 [erschienen] 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.3464#0013

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Einleitung

CHRISTIAN HERFARTH

Gesundheit - ein sehr allgemeiner Begriff

Nach dem Zweiten Weltkrieg verkündeten die frisch gegründeten Vereinten Na-
tionen eine neue und, wie sich später herausstellte, nicht geeignete Gesund-
heitsdefinition. Nur aus den Schrecken des Krieges heraus konnte es zu einer
derart euphorischen Umschreibung von Gesundheit kommen: Gesundheit
als Zustand des vollkommenen körperlichen, seelischen, geistigen und sogar
sozialen Wohlbefindens. Für den einzelnen Menschen wird das erreichbare
Höchstmaß an Gesundheit als eines der menschlichen Grundrechte anerkannt.

Die überaus idealistische und etwas lebensfremde Definition der Gesund-
heit mit ihren beinahe paradiesischen Ansprüchen hat zunächst eine Reihe von
Ländern auf die, wie sich später zeigte, völlig falsche Fährte geführt. Dies gilt
auch für die Bundesrepublik Deutschland. Durch die Vermischung der Begriffe
„soziales Wohlbefinden" und „Gesundheit" entstand ein ganz anderes Modell
mit einem Lebensgesamtheitsanspruch, den die Schweden am besten mit dem
Begriff des „Volksheim, von der Geburt bis zum Grabe" umschrieben. In den
letzten Jahrzehnten ist dann mehr und mehr von diesen Prinzipien abgerückt
worden. Schweden wurde sogar zu einem Schrittmacher für eine verantwor-
tungsbewusste und moderne Gesundheitspolitik, die auch bezahlbar ist. Sie
breitete sich in den anderen skandinavischen Ländern aus. Auf jeden Fall wird
die Gesundheit pragmatisch nun als „das Fehlen von Krankheit und Gebre-
chen" definiert.

Der euphorische Anspruch der allumfassenden Gesundheit, sozusagen als
höchstes menschliches Gut, ist beinahe schon narzisstisch bzw. hedonistisch.
Die idealistische ausufernde Gesundheitsdefinition überfordert die Möglich-
keiten eines Staates und muss zu einem nicht zu befriedigenden Anspruchs-
denken führen. Die Gesundheitsforderungen verpflichten, überlasten und
überfordern einen freiheitlichen Staat mit seinen Uraufgaben der Verantwor-
tung für die Freiheit und Sicherheit der Bürger, Sicherung des Rechtssystems,
Vermittlung von Bildung und vernünftigen Besteuerung. Die große Aufgabe ei-
ner allgemeinen Gesundheitsfürsorge richtet sich nach dem Prinzip „Gesund-
heit für alle", die einer Verteilungsgerechtigkeit folgen muss, gerade wenn es um
ernste Gesundheitsrisiken geht. Gleichzeitig gehört es aber auch zu den Auf-
 
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