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Strack, Friedrich [Hrsg.]; Becker-Cantarino, Barbara [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: 200 Jahre Heidelberger Romantik — Berlin, Heidelberg, 51.2007 [erschienen] 2008

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VI: Die Politisierung der volksidee und ihre Nachwirkungen im 19. und 20. Jahrhundert
DOI Artikel:
Scialpi, Julia: Der Heidelberger Kulturhistoriker Richard Benz als Deuter der Romantik
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https://doi.org/10.11588/diglit.11459#0602

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Der Heidelberger Kulturhistoriker Richard Benz
als Deuter der Romantik

JULIA SCIALPI

Der Heidelberger Kulturhistoriker Richard Benz (1884-1966) beschäftigte sich
zeitlebens jenseits des akademischen Betriebs als freier Schriftsteller, Publizist
und Vortragsredner mit deutscher Literatur-, Kunst- und Musikgeschichte vor
allem der Epoche um 1800.1 Er betrachtete sich dabei als Vertreter einer ro-
mantischen Geisteshaltung und verband sein Schaffen explizit mit dem genius
loci Heidelbergs als Erinnerungsort der Romantik.2 Einer der engsten Freunde
von Richard Benz, der Journalist und Schriftsteller Rudolf-Karl Goldschmit-
Jentner, prophezeite 1959 zu dessen 75. Geburtstag: „Auf hoher Ebene in der
Geschichte unseres Geistes wird Richard Benz dereinst als der letzte schöpfe-
rische Romantiker bezeichnet werden".3

Richard Benz betrachtete es von Anbeginn seines wissenschaftlichen Schaf-
fens als seine Mission, vermeintliche Glaubensinhalte der Romantik zu ver-
breiten und in Rückbesinnung auf die Vergangenheit Perspektiven für eine
gesellschaftspolitische Wende zu eröffnen.4 Er durchlebte alle politischen Sys-
teme des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Unabhängig von der jeweils gül-
tigen Staatsform empfand er die geistigen Grundlagen der deutschen Nation
als verschüttet und eine einheitliche volksnahe Gemeinschaftskultur durch die
politische Ordnung unterdrückt. In Berufung auf die deutsche Romantik als
ganzheitliche Bewegung rief er daher in seinen Publikationen und Vorträgen
auf zur Gründung einer geistigen Gemeinschaft auf Basis einer allen zugäng-
lichen spezifisch deutschen Volkskultur.

1 Richard Benz wurde 1884 in Reichenbach im Vogtland geboren und verbrachte seine Jugend
in Dresden, wo sein Vater als Superintendent an der Frauenkirche tätig war. Zur Kurzbiografie
vgl. auch Lachmund 2003. - Vorliegender Beitrag basiert auf einer umfassenden Studie der
Verfasserin zur Biografie von Richard Benz.

2 Benz hält 1966 in der Rückschau fest: „Es war das Romantische, oder besser die Roman-
tik Heidelbergs, was meiner Empfmdungs- und Arbeitsrichtung am ehesten entsprach. [... ]
Nur in der Atmosphäre dieser Stadt konnten [... ] meine Arbeiten über die Romantik entste-
hen." Richard Benz, Manuskript „Wahlheimat Heidelberg", DLA Marbach Nl. Benz Prosa. Zu
„Heidelberg" als Erinnerungsort vgl. auch Fink 2001.

3 So in einer Geburtstagsurkunde mit einer Laudatio, in: StA Heidelberg Tnl. Benz. Vgl. auch
DLA Marbach Nl. Benz Mappe Zugehörige Materialien. Vgl. auch Goldschmit-Jentner 1959.

4 Vgl. in diesem Sinne beispielsweise Benz 1933,2f.
 
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