Heidellrerger Tagdlatt.
M 218.
lich^Prkis mil»«ikrhallm,g>'blal! olcrlN'
iährlich 36 kr.
S-»»tag. 1«. Tcptcttibcr 18K8.
Telegraphische Depesche
Pario, 14. Skpt. Angcsichts dcr in
Italien statlhabenden Vorgänge hat der
Kaiser angec>rdnet, daß sein Gcsandter in
Lurin (T'alleprand) unvcrziiglich Turin
verlasse. Ein Secrctär blcibt für die Gr-
schäfte der französischcn Gesandtschaft zu-
rück. „Moniteur." — DerKaiser und
die Kaiserin haben sich nach Ajaccio
(Korsika) eingeschifft.
^ b Oesterreich und der Qrient.
Schon wiederhvlt wurde in den öffcnt-
lichen Dlättern dcr gewaltigcn Aufgabe
erwähnt, welche Oesicrrich und mit ihm
Deulschland bei dem tieferen Sinken des
türkischcn Halbmondcs nach Osten hin zu
lösen hat, sowic der maiinichfachen uns
von dort ans drohcnden Gefahren. Es
liegt hierin ein mächtiger Grund weiter
für Oesterreich, sich an Dentschland fest
anzuschlicßcn, aber auch für letztercs,
diese uns nahc verwandte Ostmacht nicht
lcichtfcrtig fahren zn lassen, in derenHand
die große Aufgabc gelegt ist, dcn deutschen
Namen in sencr Nichtung zn vertrcten und,
dcutsche Cnltur fördernd, dem Strome dcr
Donau entlang zu tragen. An diescr Ost-
macht liegt cs, den Wunsch eines zn frühe
dahin geschicdcncn ächt deutschcn, patrio«
tischen Dichters zur Wahrhcit werden zn
lasscn, der da lautet:
Ocstrtlch, Ocstrcich, warum Immcr,
Dir die Lust aiiS Morgcn wcht i . . .
Blickc scharf hin, Doppcladlcr,
Wv als Braut dic schmuckc Donau
Zhrc» Arm bci Wogcndonncr
Um dcS PontuS Nackcn lcgt! —
Zur crsprieölichcn und erfolgrcichen
Turchführung dicser seiner großcn Auf-
gabe däucht uns jedoch unabw'endbar nolh-
wcndig, daß Oesierreich nicht nur scine
innerc Politik, wie noch zn crwarten sieht,
durchgrcifend ändcrc und kcincn reaetio-!
nären Truck mehr gcgen Wcstcn ansübe,!
sondcrn daß es auch eine bedeutcnde Mo-!
dification in scincn äußcren Bcziehungcu!
nach dem Orientc cintretcn lassc. Be-!
kanntlich hat Ltsterrcich scit Menschcn-!
gedenken, und seitdcm cs von dem früher!
so mächtigcn, türkischcn Nciche selbst kcinc!
Gefahr mchr zu bcsorgcn hat, in Bezug'
auf das Lctztere einc cntschieden streng'
conscrvative, nur auf dic Aufrcchthaltniig
dcs sog. 8lutu8 quo bcdacht gewescne Po-
litik ansgeübt. Nur ganz knrz, zn Kaiser
Joseph II. Zkiten, erlitt diese eine Unter-
brcchung, indem dicser Monarch mit Ka-
tharina U. von Rußland einen Plan zur
Thcilung dcr Türkei enlworfen hattc, wcl-
chcr jedoch daran scheiterte, daß Bcide über
die Perle dieses Ncichcs, Konstaiitiiivpcl,
nicht einig werden konntcn. Dieser Plan
gerieth über den zu Endc des vorigen und
Anfang dcs gegcnwärtigen Iahrhunderts
sich cntspinnenden Kriegcn mit Frankreich
vollcnds in Vcrgessenhcit, nnd später, d. h.
von dem Iahr 1815 an, verfolgte, nach
Metternichs maßgcbender Staatsklng-
heit, Oesterreich hinsichtlich der zerrüttc-
ten Zustände der Türkci eine nnr allznsehr
erhaltcndc politische Nichtnng, von der es
später, und zwar zu Anfang des Iahres
1853, nnr einmal wieder, zn Gunstcn
Mvntencgrv's, durch die cntscheidcnde Scn-
dung dcs Grafen v. Leiningcn nach Stam-
bul eine Ausnahme machte.
Die Folge jcner auf die Spitze gestell-
ten Pvlitik war, daß Ocstcrreich sich dic
verschi'edenen gräco - slavischcn Stänime
christlichen Glaubensbekciintnisses, welchc
die türkischcn Lande mindestenszudrei Vicr-
theilen bewohnen, von sich entfremdet und
abgeschlossen hat, während dem zn gleicher
Zeit Nußland und seit Kurzem auch Frank-
rcich Allcs lhat, i»n diese an sich zu ket-
tcn und sich bei jeder Gclegenheit als Be-
schützer dcren Glanbcns und Nationalität
geltend machte. Ocstcrrrich hat dahcr —
wvzu solltcu wir läugncn, was sonnen-
klar ist eine großc Aufgabc vor sich,
wcnn cs das Verlorene cinholen und Nuß-
land dcn Nang streitig machcn will. In
jencn theilwcise noch rohcn, aber tapfern
nnd streitbaren Volksstämnien licgt mit-
unter ein Schwerpunkt, wrnn cs sich um
crnstliche Entschciduiig der orientalsschen
Frage handelt. Die dortige Crisis abcr
rückt täglich sichtbar ihrer Enlscheiduiig
uähcr. Mit eincr Ausrechthaltung des
8tat«8 e>uo im türkischen Ncichc ist eö
nicht mehr gethan. Dicscm cntgcgensteheii-
de Aufgaben der Civilisation und Hnma-
nität sind nicht nur scheinbar, sondcrii
in der That vorhandcu. Eö ist fnr
Ocsterreich dahcr die höchste Z'>l, ''"f
moralischcm und geistigcm Gebicte nach
Ostcn hiii Erobcrnngcn z» inachcii, damit
rs im cntschridende» Slugcnblick auch einen
angcinessciien materiellcn Erwerb — ver
sich selbst durch einen blossen Machtsprnch
dcr Diplomatic nicht bleibcnd bewerksiel-
ligen läßt, erziele nnd dereinst am tnr-
kische» Erbc uicht lcer ausgehe, vielmehr
eincn Ersatz an dcr Donan dafür sindc,
was cs am Po verlorcir hat. — Eine
Aenderung der östcrreichischen Politik in
der angedcnteten Nichtung ist wahrlich nicht
mehr zn frühe, nachdcm in Folgc der jedes
menschlichc Gcfühl cmpörenden Metzeleicn
auf dem Libauon und in Damaskns -selbst
in Englanv sichtbar einc Umstiniinung der
öffciitlichen Meinung, wenn auch nicht
vvllig, einc Acnderung der Negiernngs-
politik staitgefuiidcn hat. Englaud hatte
aber dic glciche Interesscn crhaltende Na-
tur hinsichtlich des turkischen Ncichs, wie
Oestcrreich. Aber die Voraussetzungen,
auf wclchc man solche bante, und vou
dencn man noch zur Zcit dcs Krimmfcld--
zugrs ausgi'ng, haben sich bei der schnelleu
Hinfälligkeit der Türkei und dcm blut-
dürstigen Faiiatismus der Muselinänner
gkgen Andersgläubige als falsch crwiesen,
'wi'e diescs in der englischen Prcsse jetzt
auch erkanut wird.
D e u t s ch l a n d.
jrarlsruhe, 14. Scpt. Scinc Königl. Hvhcit
dcr Großhcrzog habcn untcnn 6. d. M. gcruht,
dc» Gch. Hofralb Dr. Baur bci dcr grohh. Sani«
tälScoinmijsion, scincm untcrthänigstcii Ansuchcn gc-
i»äß und untcr Aiicrkcnnung scincr langjährigcn nnd
Ircu gclcistctcn Dicnstc, b!S zur Wicdcrhcrstcllung
scincr Gcsundhcit in dc» Ruhcstand zu vcrschcn.
Karlsrube, 14. Sept. Däs hcute
ausgegebcnc Negicrungöblatt cnthält cinc
Verordiiung dcs großh. Fittaiizml'nisterinms,
wornach das gemäß dem Gesctz vom 26.
Mai d. I. aufzuiichmende Eiscnbahn-An-
Icheii auf den?Betrag von 7 Millioncn
Gnlden zu 4 Proc. verzinslich, bestimmt
wordcu ist. Wie wir vernchmen, wird
dic Begrbung dicses Anlehens in der näch-
sten Zeic noch nicht stattfindcn, da die Ei-
srnbahii-SchuIdeutilgungs-Kasse mit Mit-
teln zur Bestreitung der Kosten dcs Cisen-
bahn-Baucö noch für läiigcre Zeit verscheu
ist. Eö werdcn daher Obligationen diescs
Anlehens nur soweit ausgegeben wcrden,
als solche znm Austausch gegeu dic gc-
kündigtcn 4'/^proceiltiacii AuiortisatioiiS-
Kasseobligatioiicn des Anlehenö vo» 1851
crfordcrlich sind.
Köln, 10. Sept. Heutc wurdc hier
M 218.
lich^Prkis mil»«ikrhallm,g>'blal! olcrlN'
iährlich 36 kr.
S-»»tag. 1«. Tcptcttibcr 18K8.
Telegraphische Depesche
Pario, 14. Skpt. Angcsichts dcr in
Italien statlhabenden Vorgänge hat der
Kaiser angec>rdnet, daß sein Gcsandter in
Lurin (T'alleprand) unvcrziiglich Turin
verlasse. Ein Secrctär blcibt für die Gr-
schäfte der französischcn Gesandtschaft zu-
rück. „Moniteur." — DerKaiser und
die Kaiserin haben sich nach Ajaccio
(Korsika) eingeschifft.
^ b Oesterreich und der Qrient.
Schon wiederhvlt wurde in den öffcnt-
lichen Dlättern dcr gewaltigcn Aufgabe
erwähnt, welche Oesicrrich und mit ihm
Deulschland bei dem tieferen Sinken des
türkischcn Halbmondcs nach Osten hin zu
lösen hat, sowic der maiinichfachen uns
von dort ans drohcnden Gefahren. Es
liegt hierin ein mächtiger Grund weiter
für Oesterreich, sich an Dentschland fest
anzuschlicßcn, aber auch für letztercs,
diese uns nahc verwandte Ostmacht nicht
lcichtfcrtig fahren zn lassen, in derenHand
die große Aufgabc gelegt ist, dcn deutschen
Namen in sencr Nichtung zn vertrcten und,
dcutsche Cnltur fördernd, dem Strome dcr
Donau entlang zu tragen. An diescr Ost-
macht liegt cs, den Wunsch eines zn frühe
dahin geschicdcncn ächt deutschcn, patrio«
tischen Dichters zur Wahrhcit werden zn
lasscn, der da lautet:
Ocstrtlch, Ocstrcich, warum Immcr,
Dir die Lust aiiS Morgcn wcht i . . .
Blickc scharf hin, Doppcladlcr,
Wv als Braut dic schmuckc Donau
Zhrc» Arm bci Wogcndonncr
Um dcS PontuS Nackcn lcgt! —
Zur crsprieölichcn und erfolgrcichen
Turchführung dicser seiner großcn Auf-
gabe däucht uns jedoch unabw'endbar nolh-
wcndig, daß Oesierreich nicht nur scine
innerc Politik, wie noch zn crwarten sieht,
durchgrcifend ändcrc und kcincn reaetio-!
nären Truck mehr gcgen Wcstcn ansübe,!
sondcrn daß es auch eine bedeutcnde Mo-!
dification in scincn äußcren Bcziehungcu!
nach dem Orientc cintretcn lassc. Be-!
kanntlich hat Ltsterrcich scit Menschcn-!
gedenken, und seitdcm cs von dem früher!
so mächtigcn, türkischcn Nciche selbst kcinc!
Gefahr mchr zu bcsorgcn hat, in Bezug'
auf das Lctztere einc cntschieden streng'
conscrvative, nur auf dic Aufrcchthaltniig
dcs sog. 8lutu8 quo bcdacht gewescne Po-
litik ansgeübt. Nur ganz knrz, zn Kaiser
Joseph II. Zkiten, erlitt diese eine Unter-
brcchung, indem dicser Monarch mit Ka-
tharina U. von Rußland einen Plan zur
Thcilung dcr Türkei enlworfen hattc, wcl-
chcr jedoch daran scheiterte, daß Bcide über
die Perle dieses Ncichcs, Konstaiitiiivpcl,
nicht einig werden konntcn. Dieser Plan
gerieth über den zu Endc des vorigen und
Anfang dcs gegcnwärtigen Iahrhunderts
sich cntspinnenden Kriegcn mit Frankreich
vollcnds in Vcrgessenhcit, nnd später, d. h.
von dem Iahr 1815 an, verfolgte, nach
Metternichs maßgcbender Staatsklng-
heit, Oesterreich hinsichtlich der zerrüttc-
ten Zustände der Türkci eine nnr allznsehr
erhaltcndc politische Nichtnng, von der es
später, und zwar zu Anfang des Iahres
1853, nnr einmal wieder, zn Gunstcn
Mvntencgrv's, durch die cntscheidcnde Scn-
dung dcs Grafen v. Leiningcn nach Stam-
bul eine Ausnahme machte.
Die Folge jcner auf die Spitze gestell-
ten Pvlitik war, daß Ocstcrreich sich dic
verschi'edenen gräco - slavischcn Stänime
christlichen Glaubensbekciintnisses, welchc
die türkischcn Lande mindestenszudrei Vicr-
theilen bewohnen, von sich entfremdet und
abgeschlossen hat, während dem zn gleicher
Zeit Nußland und seit Kurzem auch Frank-
rcich Allcs lhat, i»n diese an sich zu ket-
tcn und sich bei jeder Gclegenheit als Be-
schützer dcren Glanbcns und Nationalität
geltend machte. Ocstcrrrich hat dahcr —
wvzu solltcu wir läugncn, was sonnen-
klar ist eine großc Aufgabc vor sich,
wcnn cs das Verlorene cinholen und Nuß-
land dcn Nang streitig machcn will. In
jencn theilwcise noch rohcn, aber tapfern
nnd streitbaren Volksstämnien licgt mit-
unter ein Schwerpunkt, wrnn cs sich um
crnstliche Entschciduiig der orientalsschen
Frage handelt. Die dortige Crisis abcr
rückt täglich sichtbar ihrer Enlscheiduiig
uähcr. Mit eincr Ausrechthaltung des
8tat«8 e>uo im türkischen Ncichc ist eö
nicht mehr gethan. Dicscm cntgcgensteheii-
de Aufgaben der Civilisation und Hnma-
nität sind nicht nur scheinbar, sondcrii
in der That vorhandcu. Eö ist fnr
Ocsterreich dahcr die höchste Z'>l, ''"f
moralischcm und geistigcm Gebicte nach
Ostcn hiii Erobcrnngcn z» inachcii, damit
rs im cntschridende» Slugcnblick auch einen
angcinessciien materiellcn Erwerb — ver
sich selbst durch einen blossen Machtsprnch
dcr Diplomatic nicht bleibcnd bewerksiel-
ligen läßt, erziele nnd dereinst am tnr-
kische» Erbc uicht lcer ausgehe, vielmehr
eincn Ersatz an dcr Donan dafür sindc,
was cs am Po verlorcir hat. — Eine
Aenderung der östcrreichischen Politik in
der angedcnteten Nichtung ist wahrlich nicht
mehr zn frühe, nachdcm in Folgc der jedes
menschlichc Gcfühl cmpörenden Metzeleicn
auf dem Libauon und in Damaskns -selbst
in Englanv sichtbar einc Umstiniinung der
öffciitlichen Meinung, wenn auch nicht
vvllig, einc Acnderung der Negiernngs-
politik staitgefuiidcn hat. Englaud hatte
aber dic glciche Interesscn crhaltende Na-
tur hinsichtlich des turkischen Ncichs, wie
Oestcrreich. Aber die Voraussetzungen,
auf wclchc man solche bante, und vou
dencn man noch zur Zcit dcs Krimmfcld--
zugrs ausgi'ng, haben sich bei der schnelleu
Hinfälligkeit der Türkei und dcm blut-
dürstigen Faiiatismus der Muselinänner
gkgen Andersgläubige als falsch crwiesen,
'wi'e diescs in der englischen Prcsse jetzt
auch erkanut wird.
D e u t s ch l a n d.
jrarlsruhe, 14. Scpt. Scinc Königl. Hvhcit
dcr Großhcrzog habcn untcnn 6. d. M. gcruht,
dc» Gch. Hofralb Dr. Baur bci dcr grohh. Sani«
tälScoinmijsion, scincm untcrthänigstcii Ansuchcn gc-
i»äß und untcr Aiicrkcnnung scincr langjährigcn nnd
Ircu gclcistctcn Dicnstc, b!S zur Wicdcrhcrstcllung
scincr Gcsundhcit in dc» Ruhcstand zu vcrschcn.
Karlsrube, 14. Sept. Däs hcute
ausgegebcnc Negicrungöblatt cnthält cinc
Verordiiung dcs großh. Fittaiizml'nisterinms,
wornach das gemäß dem Gesctz vom 26.
Mai d. I. aufzuiichmende Eiscnbahn-An-
Icheii auf den?Betrag von 7 Millioncn
Gnlden zu 4 Proc. verzinslich, bestimmt
wordcu ist. Wie wir vernchmen, wird
dic Begrbung dicses Anlehens in der näch-
sten Zeic noch nicht stattfindcn, da die Ei-
srnbahii-SchuIdeutilgungs-Kasse mit Mit-
teln zur Bestreitung der Kosten dcs Cisen-
bahn-Baucö noch für läiigcre Zeit verscheu
ist. Eö werdcn daher Obligationen diescs
Anlehens nur soweit ausgegeben wcrden,
als solche znm Austausch gegeu dic gc-
kündigtcn 4'/^proceiltiacii AuiortisatioiiS-
Kasseobligatioiicn des Anlehenö vo» 1851
crfordcrlich sind.
Köln, 10. Sept. Heutc wurdc hier