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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 152-178 Juli
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Htidtlbergtr Iritung.

9!>> 132, ^

Kreitag, I Juli


* Politische Umschau.

Wie die „Spencr'sche Zeitung" erfährt, soll
demnächst beim Bundestage dcr Antrag gestellt
wcrdcn, daß Schleswig-Holstein verbnnden und
unter gemeinsame Verwaltung des deutschcn
BundeS und der deutschen Großinächte gestellt
werde bis zur Entscheidung der Succcsjions-
sragc auf Grund näherer Prüfung der Augu-
stenburgischcn und dcr Oldenburgischen An-
sprüche. Dies sci der Jnhalt ciner zwischen
Oestcrreich und Preußen zn Stande gekomme-
nen neuen Punktation, über welche die beiden
MLchtc vollkommen einig wären.

Jn dem schon oben angeführien Artikcl dcr
„Spener'schen Zeitung" übcr die bkvorstehenden
Anträge der deulschcn Großmächte an den
BundeStag ist ferner gesagt, es liege in der
Absichr der deutschen Großmächte, Zütland
ganz zn occupircn, es in Psand zu nehmen,
Steucrn dort cinzntreibcn, und diese in ihre
Kriegscassen zu lcgen.

Die „Wiener Abendpost" erklärt die von
Graf Russell im englischen Parlamente gemachte
Aeuhernng: Ocfterrcich habe erklärt, Deutsch-
laud beabjichtige uicht, die Feindseligkeilen über
die Grenzen der Herzogthümer auszudehneu,
sür unrichtig. Auch die „Gencralcorrespondenz"
bringt wieder cin Dementi; sie erkiärt den Jn-
halt eines Londoner Telegramms der „Köln.
Zcitung", wclches dcn bcvorstehenden Abjchlnß
einer Convention zwischen Rußland, Ocsterreich
und Preußcn zum Behus gemeinsamen Vor-
gehenS in allen europäischen Fragcn rc. mel-
dete, — snr durchaus unbegründet.

Die Friedenshoffnungen werden nach Lon-
doncr Nachrichtcn dadurch bestärkt, daß der
vierzehnjährige Prinz Arthur von der Königin
nach Deutjchland zu Bcjuch geschickt wurde.
Die Königin soll auch erklärt paben, sie werde
eher abdankcn, als in einen Krieg gegen Deutsch-
land willigcn.

Rußland soll mehrcren auswärtigen Mächten
angczeigt haden, daß j-in in die Ostjee gehcn-
dcs Geschwader lediglich UcbungSzwecke versolge.
Wenn eS sich nur nicht in der Bejetzung deS
Kicler Hafens übt!

Nach dem Parijer „Abendmoniteur" hat die
Turiner Regierung die auSgedehntesten Maß-
regcln ergriffen, um alle Verjuche der Lußersten
Parteicn, Unordnungcn hervorzurufcn, auf'S
kräftigste zu untcrdrücken. Garibaldi ist in
Zjchia, wo scinc ganze Zeit von oer Pflcge,
die jeine Gesundheit verlangt, in Anjpruch ge-
nommcn ist.

Der rathe ^rack.

Dcr ReglrrmigSrath P. galt tn maßgebenden
Kceiscii als cin tüchligcr cncrglschcr Bcamter, den
man wohl mit dcr Misfion betraucn koimte. die
ctwas auS den Fugcn gcgangene Ordnung aus
eiucr Uniucrfität wicdcr hcrzustellcn. In dcr Univcr-
fitätSstadt augrkommrn, -utfaltete er bald nach
allen Richtungrn hin rinr mcrkwürdige Thätigkcit,
wrlche dic übcrraschtrn Studenten zirmlich tn Er-
staunen setztc; dcnn dirse Lhätigkeit machtc fich
balb durch eine Reihe von Neucrungrn fühlbar,
die ihnen als höchst uunöthige Plackereien crfchle-
ncn. Unter drn vielen Anordnungen, die der Lom-
miffär traf, war auch die, daß jedcr vor ihn citirte
Student im Frack zu erscheinen habc. DieseS Vcr-
langrn niußte in den Augcn drr Studrntrnschaft
um so lächerltchrr und lästigrr crscheinen, als da-
mals dcr Frack noch nicht zur Gardrrobe clneS
MufensohnrS gehörtr, sondrrn im Gcgenthcil bei
allen stotten Burschen aufS Höchste vrrpönt war.
D-r Lommiffär ater hattl fich «inmal vorgenom-

Ztir Schleswig-Holsteiti'schen

Sache.

Lvndon, 28. Juni, Abends. Jm Nntcr-
haus kündigte Herr DiSraeli an, daß er näch-
sten Monlag cine Adresse an die Königin be-
antragen werde, in wklcher dcr Dank des Hau-
scS für die Borlage der Conferenzprotocolle
und sein Bedauern darnber ausgesprochen wer-
den solle, daß die Conferenz ohne Resulkat ge-
schlossen, und daß die Regierung unvermögend
gewejen, die Jntegrität DLnemarkS zu wahrcn,
waS Englands europäischen Einfluß schwäche
und die FriedcnSbürgschaftcn vermindere. Hr.
Kinglake kündigt ein Aiiiendeiiient dazn an.

Fraiikfurt, 28. Juni. Der oldenburgi-
schen in der letzten Bundestagssitzung abgegcbe-
ncn Erklärnng ist bekanntlich rin Bricf des
KaiserS Alexander II. von Rußland beigegeben,
derse^e^iaulcl^^^

abtrete; Nechte, rmlche ausdrücklich durcb das Warschauer
Protokoll vom 24. Mai (5. Juui) 1854 vorbebalren
siud, uud da die weseiul.ichen Gruudlagen^des Loudoner

^gcnzunehmeu, mit welcher ich bin, mein^Hr. Bruder
uud Vetter, Ew. k. Hoh. Bruder und Vetter. (Gez.)
Alerander, 7. (49.) Juni 4864.

Altona, 29. Juni. Die Schleswig-Hol-
steinische Zeitung berichtet, daß der Gesammt-
ansschuß dcr schleSwig-holsteinischen Vereine be-
schlossen hat, eine Adresse an den Herzog Fried-
rich zu richten, um dicsen aus Veraiilassn'ng
der oldenburgischen Prätendentschaft der unwan-
dclbaren Treue nnd Ergebenhcit deS schleswig-
holsteinischen BolkeS zu vcrsichern.

Berlin, 29. Jnni, 3'/« Uhr NachmittagS.
Bci dem heute früh von 2 bis b Uhr bewerk-
stelligten Üebergang der Preußen auf die Znjel
Alsen sind 4000 Dänen zu KriegSgcsangenen
gemachl worden. — Jütland wird, um der
regelrechten Steuerbeitreibung willen, untcr
preußisch-Ssterrcichische Civilcommissäre gestcllt.

Flensburg, 29. Zuni. Els preußische
Balaillone haben heute bei TageSanbruch nörd-

men, vienstlich nur mit befrackten Studenten ju
vcrkehrcn, und dagegcn war ntcht viel zu machcn.

Eincr der Ersten, die das beneidenswerthe Loos
traf, vor dem RickNerstuhl Seiner Gcstrengen er-
schetnen zu dürfcn, war ein alter fidclrr Student,
der mit dcr Pvlizei tn cwiger MelnungSverschie-
denheit lcbtc und feine Anfichten vit mit den schla-
gendstcn Bewcisen untcrfintzte. Er kvnnte fich daher
wohl denken, um waS eS sich handeln würde.
Pünktlich erfchien ,r zur vorgeschriebencn Stunde,
aber abfichtlich nicht im Frack, sondern in s-tnem
g-wöhnlich-n Studenten-Gottfried. „Warum ,r-
scheinen Sie nicht in anftändiger Kleidung?" fnhr
ihn der Lvmmiffär bei seincm Eintritt in'S Amts-
zimmer an. Dtese Frage kam dcm Studenten ganz
gelegen, nnd statt sich zu eutschuldigcn, sah cr d-n
Gestiengen mit gut gemachtcm Erstaunen an und
sragtc: „Wai belieben Sie anftändig zu nennen?"
— „Einen Frack!" war di- kurje Erläuterung. —
„Es mag sein, nahm der Student ruhig wieder
das Wort, „daß ein Irack «in sehr anständigeS
KleidungSfiück für cinen Studenten ist, aber ich
b-fitz- l-ider k-incn." — „S° entlrhnen Sie einen."
„Ab-r mein eigener Anzug tst doch gcwiß anfiäu.

lich von Sonderburg den AlSsund pajsirt und
die dänischen Truppeu zurückgeschlagcn. Die
letztercn siud bercits in vollcm Rückzug be-
griffen. Dex Verlust auf preußischcr Seite ist
nur mäßig. Einen Augriff deS „Nolf Krake"
schlugen die preußischen Batterien zurück.

Deutschland.

Karlsruhe, 25. Zuni. 67. öffentl. Sitzung
der 2. Kammer. (Schluß.)

Staatsralh Dr. Lameh entgegnet auf die
Einwcndungcn des Abg. Roßhirt, und glaubt,
daß wenn man daS Gesetz noch im Jahr 1860
vorgclegt hätte, so würde die Partci, die stch
jctzt erhebe, cbenfallS bcfriedigt gewcscn scin.
Redner verlicst nun die deßsallsige Bestimmung
dcs Concvrdats bezüglich deS SchulunterrichtS,
und weist daraus nach, daß cS damalS in Rom
Niemand eingefallen sei, die Lcitung dcr Schule
an slch zu ziehen. Die heutige Discnsston be-
sttzt einen gewissen polemischen Charakter, ohne
daß bis jetzt eigentlich ein cntschiedener Gegner
der Vorlage aufgetreten jei. Redner geht dann
über auf daS Gebahren dcr gcgnerischcn Prcsse
und der kirchlichen Partei. Letztere habe sich
allmählig in einer Richtung versangen, deren
Verständniß ihm ferne licgc. Der Abg. Roß-
hirt habe erklärt, daß die Regicrung noch einen
Einfluß aus die Kirche, also in kirchlichen Din-
gcn habe: das jei unrichtig. Dies weijt Spre-
cher nach, und bemerkt gleichzcitig, daß der
Staat den Kirchen eine große Berechtignng, ja
sogar eine unbeschränkte Rcgierung eingeräumt
habe. Die Regierung habe zwar das Rccht,
bei der Einsetzung eines großen Thcils der kath.
Geistlichen mitzuwirkcn. Allein in der Ein-
setzung der Gcistlichen liegc die Machl nicht,
sondcr» im Absctzcn derselbcn. Die Geistlichen
erhielten durch die Schulresorm zweisellos eiue
freierc Stellung gegcnüber dcr Schulc. Der
große Jrrthum, der von kirchlicher Lwite ans-
gehe, bestehe darin, daß die Kirche sich als sou-
verän bclrachte. Jin Lande gebe eS nur cinen
Souvcrän, und daS sci der Strat, vertörpcrt
durch den regierenden Fürsten. Die Kirche,
als Mitglied dieses Staates, sei dahcr etn
Unterthan, «aS aber kcineswegs die Selbst-
jtändigkeit, wie sie geietzlich festgcsiellt jei, hin-
dcrc. Wenn die Geister sich wicder beruhigt
und vcrständigt und eine Harmonie herbcige-
snhrt haben würden, dann werde das Gute sür
die Schule erreicht wcrden, was man nun er-
hoffe. So langc man sich aber in den Fana-
tismuS hincingearbeitet habc, höre jedeS ver-
nünftige Verständniß'Lllf. Der Abg. Roßhirt

diger, als ei» cntlrhnter. Jch wüßte auch mit dem
bestcn Willcn kcincn zu cntlchncn, und im Grunde
genommcn beanilen Sie ja eigentltch nicht mit
mcincm Frack, sondcrn mit mciner Person." —
„Und ich sage Ihnen ein für allcmal," branste dcr
Gestrenge auf, „Si- entsernen fich augenblicklich
und crscheincn in kürzester Zeit wiedcr im Frack;
wo Sie cincn solchen herbekommen, gilt mtr glcich,
aber im Frack erscheinen Sie l"

(Fortsctzung solgt.)

Bci eincm Eonccrt znm Bestrn deS baperischen
König Mar-Dcnkmals in dcr „Neuen Anlage" zu
Frankfurt »ahm ein Engländcr die Grlegen-
heit wahr, sich in allcrlei Unzlemlichk-iten zu cr-
gehen, und ging zwet ältercn Personen, welche ihm
sein Betragen verwiefen, aus Borcrart zn Lribe.
Andere packten thn oaranf, blänten ihn durch nnd
warfen ihn schlteßlich zum Thore hinauS.
 
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