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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 257-282 November
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0440
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Htidelbkrger Itilung.

N» 261. Tamstag, S. November L.

^ Auf die „Heidelberger
I,ß 6 Leitung" kanu mau sich

—«»«L noch für die Monate

Nooember und Decembcr mit 36 Kreuzern
abonnireu bei allcn Postanstaltcn, den Boten
und Trägern, sowie der Expedition (Schiffgasse
Nr. 4).

* Pvlitische Ninschau.

Dem ncucsten Ministerwcchsel in Wien gc-
genüber scheint man in Berlin vorläufig cinc
abwartcnde Rolle spielen zu wollcn. Osfenbar
sei man mach einer Correspondenz des „F. I."
gencigt, daS bisherige einträchtige Vcrhältniß
ungetrübt fortbestehcn zu lassen und selbst de»
Wünschcn deS Wiener Cabineks möglichst eut-
gegenzukommcn, freilich unter der Vvraus-
setzung, daß man fich auch auf der anoeren
Seite bcreit zeigt, auf die Wünjchc und Be-
dürfniffe Preußens in Bezug auf die definitive
Ordnung der schleSwig-holsteinijchen Angelegen-
heit gehörige Rücksicht zu nehmen.

Die „Wiener Generalcorrespondenz" ist in
dcr Lage, auf das Bestimmteste erklären zu
köunen, daß dic Ministerkrisis seit dcm Auö-
schcidcn dcs Grafen von Rcchberg geschjosse»,
und daß somit jede Mittheilung nber bcvor-
stehcnde fcrnere Aendcrunge» im Cabinct als
in daS Gebiet der Erfindungen gehörig zu bc-
trachten sei.

Der „A. A. Z." wird auS Wien gcschrie-
ben, die österreichische Regicrnng habe in Bezug
auf den sranzösisch - italienischen Vcrtrag cine
Depesche nach Rom gerichtet, wclchc ausdrückc.
daß der römische Stuhl dcn Bestinimungen des
denaiintcn VcrtragS gegcnüber sich kcincrlel.
Rcchnuiig auf österreichijche Uuterstütziiiig zu
mache» habe, sondern in seinem ivvhlvcrstan-
deueu Znlercsse die zwcijährige Frist derart
benützcn möge, um sodann auf cigcnen Füßcn
stehcn zu könncn. Es wäre dieß ein Bruch
mit jeder kirchllchcn Politik unb soll dieserhalb
Hr. v. Bach Anstand nehmen nach Rom zu-
rückzukchrcn.

Die „AugSb. Allg.", bekanntlich die eisrige
Worlführerin für Wahrung der Zntercssen deS
KaiserstaatcS, greif! in eiuer Wcise „dic Charak-
terlosigkeit" der Rechbcrgischen Politik an, wclche
vou diejem Organe kaum zu erwarteu war.
Der Rücktritt könne als einc Folge der Charak-
terlosigkeit diescr Politik im Allgemeincii ohne
Rücksicht auf eine einzelue vcrfchlte Richtung,
bezeichnet werdcn. „Das östcrreichische Staats-
schiff, welches vielleicht bci niehr als einem
CurS sein Ziel crrcichen kann, war unter seiner

Führung ein Fahrzeug ohne Compaß, das
überhaupt keineiu bestimmten Ziel zustrebte.
Was bei dcm Festhalten eineS bcstimmten Ziels
ein geschickteS Lavircn hätte sein können. war
bci dem steten Abjpringen vom jedcm Zicl ein
planloscs Treiben mit dcni wechselnden Wind
und Wetter dcr pvlilischeu Atmosphäre. Das
konnte unmöglich langc daucrn.

ülach der „A. Z." ist vo» Wieu auS Frank-
rcich erklärt wordcn, daß eine Verständigung
nichl unmöglich sei, außer, waS nicht anzu-
sinnen, auf Kosten eines großen PrinzipS oder
der Ehre.

Die nassauische Ständeversammlung ist wcgen
der von ihr angcnommeuen Haltung aufgelöft
worden. Neuivahlcn bleibcn vorbehalten.

DaS italienische Kriegsministcrium entläßt
auf sechs Monate alle älteren Soldaten, welche
dieß wünschen.

Die „Perjeveranza" behauptet zu wissen,
daß die päpstiichcn Truppen, ausgenommen die
Gendarmerie, aufgelöst wcrden.

Z-il Lchleswig-Holsteitt'scheii
Eache.

Wien, 31. Octbr. Eiustweilen, theilc ich
Zhnen aus dem Kriedensvertrag mit Dänemark
daS folgende, dic Gcldfragc bcrrcssende Dctail
mit: Die Auftheilung ist bekanntlich vcrmittelst
eiiicS Pauschale erlcdigt, und zwar übernchinen
von den, nach dcn Pxäliminaricn zu theileiidcn
Staatsichnlden im Bctrage vvn 96,734,337
Rlhlr. 7'/z Sh., dic Hcrzoglhümer uur 29 Mill.
Rthlr. odcr 2l^/< Mill. pr. Thlr. alS Schuld
gegen Dänemark, so daß die Eutfchädiguiig »er
Hcrzogthümer für alle ihre Ausprüchc an das
gemeiiisamc StäatSgul die Snmme bildet, welche
man erhält, .wcnii mau obigcn Betrag von
96,734,337 Rthlr. 7^/g Sh. halbirt und »on
der Hälste 29 Mill. abzieht, also 18,867,168s/z
Rthlr. Zch bemerke hiczu, daß nach dcr für
die Hcrzogthümer günstigsten Bcrechnung ihnen
sür Activa inSgejammt 29'/z Mill. Rthlr. zu-
fallcn jolltcn. Außcrdem ist den Herzogthümcrn
die Leibrcnten - und Annuititcn - Kafse mit
1,106,868 Rthlr. ganz zugejprochen, wogcgcn
hinivicder Däncmark dic bcrühmtc Kunst- und
Alterthümer-Saiiimluiig !n Flcnsburg erhäll.
Fcrncr zahlt DLnemark eine Entschädigung sür
dic ausgebrachten dcutschen Schiffe. (N. F. Z.)

Lldenburg, 1. Nov. Die Rcchtsbegrün-
dung der Ansprüche des Großherzogs von Ol-
dcnburg auf' die Eibherzogthümer ist hcute nach
Frankfurt abgcgaugen.

Berlin, 3. Nov. Die „Nordd. Allgcm.

Ztg." sagt: Preußcu, Oesterreich und Holstein
können natürlich nach dcm definitiven FriedenS-
schlusse nicht herangezogen werden, die Kosten
für den Unterhalt der Trnppen andcrer deut-
jchen Staaten zu bczahlen, die zufällig uoch
auf dem den deuischen Großmächtcn abgetrete-
neu Gcbiete stehen. Wic Hannover und Sachsen
sich hicrüber mit den übrigen Kleinstaaten aus-
einandersetzen, daS ist nicht unsere Sache. —
Weiter fagt die genannte Zeitung: Es wird
versichert, Hr. v. Ahlcfeld werde annebmbare
Proposttionen für dsn Anschluß der Herzog-
thümer an Prcußen machen.

Kopenliagen, 3. Novhx. „Flyveposten"
will auS authentischer Quelle wissen, daß der
Ausmarsch der Prcußen aus Aaiborg morgen
ansangen wcrde.

Deutschland.

Karlsruhe, 3. Nov. Das heute erschienene
Negierungöblatt Nr. 61 enthält (außer Perso-
nalnachrichten):

1. Unmittelbare allerhöchste Entschließungen
Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs. Aller-
höchstlandesherrliche Vcrordnung, die Recruten-
quote für 1865 . betreffend. Dieselbe enthält
folgende Bestimmung:

§ 1. Die,für daS Jahr 1865 zur Ergän-
zung der Linie erforderliche Nccrutenquole wird
auf 3736 Mann aus der betreffenden AlterS-
klasse festgefetzt, wovon 3636 Mann zur gleich-
baldigen Eintheilung und 100 Mann zur Ne-
serve für daS Jahr 1865 beftimmt sind.

§ 2. Diese riteserve, nach dem Mahstab des
§ 7 des Conscriptionsgesetzes auf aüe Bezirke
des Landes vertheilt uud aus den höchsten
LvoSnummcrn der übernvmmcnen Pflichtigen
bestehend, wird von dem Kricgsministerium nach
Bedürfniß cinberufen und, soweit ihre Einbe-
rufuug bcstimmungsgemäß nicht nolhwendig ge-
worden ist, bei dcr Uebernahme der uächflfol-
genden Necrulenquote freigegeben. Dic Frei-
gegebenen treten dadurch in das Verhältuiß der
nicht übernommenen Pflichtigen ihrer Alters-
klasse zurück.

8 3. Die im § 1 sestgesetzte Ergänzungs-
quote ist von dem Ministerium des Innern auf
die Bezirke gesetzmäßig zu vertheilen und die
Bertheilung durch daS Negierungsblatt bekannt
zu machen; das Kriegsministerium aber hat sich
am Schluß des Jahres 1865 über die Vcr-
wendung der zur Liuie berufenen Maunschaft
Unserem Staatsministerium auszuweisen.

§ 4. Unsere Ministerien des Jnnern und
des Kriegs sind mit dem Vollzug der gegen-
wärtigen Verordnung beaustragt.

Marie Trautmann.

da« dringende Ersuchen vieler Musikfreunde ent-
schlossen, in den nächsten Tagen ein großeS Con-
cert in dem Museumssaale dahier zu veranstalten
und sich auf dem von ihr mit Meisterschaft heherrsch-
ten Piano hören zu laffen. Wer die gefeterte, mit
den ersten Preisen gekrönte Virtuosin vor einer
Reihe von Iahren dahier gehört, wird schon ba-
mals daS unwiderstehliche große Talent in dem
kleinen Mädchen entdeckt haben, welcheS sich eine,
mit imposantem Erfolge glänzende Bahn gebrochen
und überall verdiente Lorbeeren erntete. Marie
Trautmann glänzt ohne Zweifel als Stern erster
Größe an dem Horizonte der Kunst, und das in-
zwischen zur blühenden Jungsrau Herangewachsene
Kind hat durch rminenten Fleiß und Ausdauer daS
ihr innewohnende Talent mit solch großartigem
Erfolge ausgebildet, daß daS Publikum fich hin-
geriffen sühlen wird von der Gewaltigkeit, dem
Feuer, drr Eleganz ihres imponirenden Spiels!
Rein und klar wie ein silberheller rauschcndkr Bach
dringt daS Spiel der fugendlichen Künstlerin von

innrn herauS — Alles ist natürltch, verständlich —
ausdrucksvoll — bezaubernd. Mögen Heidelbergs
knnstsinnige Bewohner eS nicht versäumen, sich
einen Kunstgenuß zu verschaffen, wie er selten
geboten ist, zu bessen Erhöhung auch noch die
für daS Concert gewonnenen weiterrn musikalischen
Kräfte wesentlich beitragen.

Proceß Demme-Trümpy.

Am 25. v. M. haben bte Verhandlungen dieses
Criminalfalls vor den Assisen zu Bern begonnen.
Es werden etwa 40 Zrugen vernommen werden.
Der von der angeklagten Partei nach Bern beru-
frne Erperte ist Professor Husemann aus Göttingen.
Der Präfident dcs Gerichtshofes ist Herr Moser,
als Vcrtreter der Staatsbehörde fungirt Hr. Haas,
die Vcrtheidigung Demme'S hat Hr. Emil Vogt, !
dic der Frau Trümpy Hr. Aebi übernommen. Die >
Änklage lautct gegen den Dr. med. Herm. Demme
j und Sophie Elisabeth Trümpy, geborene Miiller, j
auf Vcrgiftuug des Ehcmanns der Letztcren, Spe-
diteur Kaspar Trümpy zu Bern. Dcm Anklage-
act entnehmen wir Folgendes: Bei dem am 15.

Februar 1863 erfolgten Tode des KaSpar Trümpy
verbreiteten sich Gerüchte, daß die Ursache deffelben
ein Selbstmord sei. Die Staatsbehörde griff diese
Gerüchte auf und verlangte vom Hausarzr Trüm-
py's, Dr. Demme, Ausschluß hierüber; da der
Bericht des Letzteren jedoch ntcht befrtedigte, ver-
ordnete sie nachträglich eine gerichtliche Obduction
der bereits beerdigten Leichc. Der Leichnam wurde
ausgegraben, und eS fanden sich bet der Unter-
suchung mehr als 10 Gran Strychnin in den Etn-
geweiden deS Verstorbenen vor. Die Aerzte sprechen
daher fich dahin aus, daß Trümpy an dem bst
ihm aufgefundenen Strychnin gestorben fei. Be-
zügltch der Frage, ob ein Selbstmord oder Ver-
brechen stattgefunden habe, gewann die letztere An-
sicht die Oberhand. Dic Annahme, Trümpy konne
bei der Behandlung der Geschwüre, an wclchen er
in der letzten Zeit seines Lebens litt, Gift empfangen
haben, veranlaßte eine neue Ausgrabung und Unter-
suchung, welche jedoch keinerlei Anhaltspunkte für
diese Unterstellung gewährte. Der Verdacht deS be-
gangenen VerbrcchenS fiel auf Demme und dte
Ehefrau des Verstorbenen. Die Eheleute Trümpy
hatten teine glückliche Ehe geführt, die Frau war
 
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