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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 257-282 November
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0505
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vorausgesetzt — sein Land in nahere Beziehung
zu einem andern Bundesstaate bringen wird.

Vom Neckar, 18 Nov. Vorgestern, am
16. d. M. wurde zu Heidclberg in der Sacristei
der St. Peterskirche die Diöcesansynode der
Städte Mannheim - Heidelberg gehalten. Die-
sclbe dauerte von Morgens 9 bis Avends 5 Uhr
und behandelte eine Reihe wichtiger Fragen.
Die zur Verhandlung kommenden Anträge
waren: 1) Der evaug. Oberkirchenrath möge
eine Verordnung erlassen, wodurch die bisherige
Beschränkung bei Anlegung von Capitalien-
aufgehoben, bez. gestaltet werde, auf Hauser
bis zu ^/, des Brandkasseanschlages darzuleihen,
vom Aellesten Schmidt aus Mannheim; 2)
Aufhebung des Seminarzwanges, von Dekan
Sabel, daran gereiht; 3) Antrag auf motivirte
Tagesordnung, von Diözesan-Dekan Dr. Zittel;
4) Antrag auf Zustimmung zum Erlasse evang.
OberkirchenratheS vom 17. August als einzig
mögliche Lösung des Streites und allein richtige
Ordnung kirchlichen Lebens, von Pfarrer Schel-
lenberg aus Hcidelberg; 5) Antrag: den evang.
Oberkirchenrath zu bitleu, den Eintritt der
Gcistlichen in den Ortsjchulrath jedem Geist-
lichen zur Pflicht zu machen, ebenso die An-
nahme des Vorsitzes, wcnn nicht der Geistliche
triftige, vom Oberkirchenrath gebilligte Gründe
dagegen hat, von Geh. Rath Rau aus Heidel-
berg; 6) Anlrag auf Abändcrung des Calechis-
mns, von Kaufmann Moll aus Mannheim.
Sämmtliche Anträge riefen selbstverständlich die
lebeudigste Erörterung hervor, die sich in an-
regendstcr, geistvollcr und allezeit würdiger
Weise um die fast lautcr Cenlralfragen berüh-
rcndcn Gegeustände bewegle, und überall —
Antrag 2, auf Aufhebung des Seminarzwanges,
ausgenommen, der abgelehnt wurbe — mit An-
nahme der Anlräge, aller gegen 3 Slimmen,
Sabes, Schwarz, Greiner, endigte. BHonders
interessant war die Erörterung übcr Aushebung .
des Seminarzwaugs, bei wclcher Dekan Ziltel
in Antrag. 3 schlagcnd und veruichtenv bie
Gegengründe zusammeusatzle. An Eigcnthüm-
lichkeit und Wärme gewann dicselbe burch Ge-
genwart uud Brilbetheiligung des DirectorS
Kirchcnrath Schenkcl, wobei einen tiefen Ein--
druck hervorbrachte, datz der ganz orthodoxe
Kirchenrath Schwarz aus Maunheim iu war-
nlen Worten den segcnöreichen Einfluß schilderle,
welchen daS Semiuar uilter Scheukel auf jeine
Söhne auSübte, und wobei er ausdrücklich,
unter lebhaftem Danke gegen Schenkel, be-
theucrte. daß in keinerlei Weise ungünstig auf
sie gewirkt worden sei. Solches Zcugnitz eines
sonst ganz orlhodoxen Mannes, ja eines Unter-
zeichnerS deS Prolestes, wiegt sicher autzerge-
wöhnlich! Wie verjchieben das „Gewisscn" ift,
auf das man sich gegenwärlig jo. viel berust,
zeigtc die Erörlerung nder die Schulfrage; einer
der geisllichen Opponenken crklärle, ihm gejtatle
es das Gewisscn und einer, ihm gestalle es
nichl, die Stelle des Vorsitzrnden anzunehmen!
Es wäre doch besser und wahrer, stalt „mcin
Gewissen", zu sagen, „mein Parleistandpunkt".
Wichtig ist, batz aus Anlrag 6, die Abänderung
deS Catechismus bctr., einstimmig bejchlossen
wurde, der Diözejanausschuß möge sür nächste

Walde zugetragen. Zwei Studenten, welche ihre
Kerien mit einer Fußreise im Thüringer Walde
beschließen wollten, trafen des NachmittagS auf
einem schmalen Fußwege, der vom hessischen Markt-
flecken Brotterode auf den Jnselberg hinaufführt,

Holzlese zurückkehrend, auf einer einsamen Bank
ihr VeSperbrod verzehrten. Ohne WeiterrS setzten
fich unsere Reisenden zu den beiden Schönen deS

Unterhaltung an, bei welcher fie wohl dir drm
anderen Geschlechte sonst schuldige Rücksicht ein wenig
außer Acht setzen mochten; wenigstenS erlaubten fie
fich versckiedene Scherze und Späße, dte sie sich
gegen eine Dame des SalonS wohl schwerlich wür-
den unterstanden haben. So äußerten unscre beiden
Musensöhne unter Anderem daS Verlangen, ihren
Rachbarinnrn die Strumpfbänder losbinden und
für ein kleines Gegengeschenk, welcheS fie darboten,
zum Andenken mitnehmen zu dürfen. Obgleick
diesrS und andere derartige Verlangen der Herren
Studiosrn spröde zurückgewiesen wurden und fich
dteselben überhaupt nur etner sehr kühlen Auf-
nahme SrttenS der beiden Lhüringrrinnen zu er-

Synode ein Gutachten über den Catechismus
vorlegen, und bei Ausarbeitung diefes ein Mit-
glied der Oppositiou, wie fie sich heute als
folche zeigte, beiziehen, so daß dann zwei Gut-
achten von verjchiedenem Standpunkte werden
vorgelegt werden; ein Weg, der für die wichtige
Frage gewiß der einzig sördernde ift. Der Abend
vcreinte die Diözefaneu zu einem Mahle, an
dem in humanem freundlichen Geiste von der
Oppofition Dekan Sabcl Theil nahm.

(B, L.-Z,)

Trient, 21. Nov. Die „Trienter Zlg,"
meldet nus Veroiia: Es sei den Bemühnngen
der dortigen Polizei gelungen, die Bomben-
werfer zu entdcckcn. Bei einem Zeichner der
SüdbahngeseUjchast fand man fertige Bomben,
gleich den gcworfenen, und das hiezu nethige
Material. Derjelbe sei sammt seinen Mitschut-
digen verhaftet worden,

A r a u k r e i ch.

Marseille, 21. Stovbr. Man mcldet au«
Nizza, daß dcr GroMrst-Thronfolgcr mit dem
kleinen russischeu Geschwader die italienijche
Küstc besuchen wird, Er hal über die fran-
zösische Garnison die Rcvue xaisirt,

Ntsgr, Sibour, Bischof von TripoliS, ist zu
AutibeS gestorben. Seine Todtenseier findct zu
Air statt.

E n g l a » d

London, 19. Nov. Es ist nunmehr zwei-
felloö, daß das Opser dcs iu den Marjchen an
der Themje, an bcr Ostjeite Londons begange-
nen Mordes cin Deuljcher NamenS Theodor
Chrisiian Fuhrhop ist, der von Hamburg hie«
hcr gekommen ist. AlS der That verdächlig ist
ein gcwisser Köhl eingezogen worden, welcher
Anfangs alö Holländer bezeichnet wurde, jedoch
ein Preuße von Gebnrl zu sein scheint. Sein
Vater lebl jctzt in Hannover.

L ch »v « i z.

S^ern, 21. Nov. Der „Bund" theilt fol-
gende Anzcige mit:

Freunden und Feinden die erschütternde Kunde,
datz — laut üderjandlen Abjchiedöbriefes —
Dr Hermann Demme und seine Braut
Flora, in lreuer Liebe verbundcn, ein gemein-
james Grab in ber Tiefe des Genfer SeeS ge-
suchl und gefunden haben. Möge der Haß an
diejem Grabe verslummen, die Liebe aber un-
serm Leide stille Theilnahme schenken! — Die
Familie Demmc. (Die Leichen sollen bei
Ouchy, unweil von Lausanne, in dem Genser
See gesunven worden sein.

L t a l t e i!

Turin, 21. Nov. Zn der DcPiitiitenkam-
mcr wnroc hcutc der von dem Finaiizmiiiijter
Sclla vorgclegtc finaiizielle Gc^ctzentwnrf mit
1k>7 gcgen 37 Stimiiicn angenoininen.

R » si l a n d-

Warschau, 21, Nov. Es wird vcrsichcrt,
cin KlosteraushcbungSoeerct habe die kaifcrliche
Geiichmigung erhalten, Die am Ausstand bc-
theiligten Klöstcr sollen vollständig unlerdrückt,

frkUin halten, so Ilrßcn fie doch dkShatb von ihrem

fordkrten mit fchr katkgorischkn Wortcn von dcn
beiden Mädchen cinen Abschlcdskiiß. Aber auch dicses
Anmuthcn wurde von Lctzleren cnergisch znrückgr-
wicscn, indcm fie fich glelchzcitig von dcr Bank
crheben wolltcn, um ihrc zudringlichcn Gcscllschastcr
los zu wcrdcn. Was bic Studioscn mit Bitten ntcht
hatten crlangen lönncn, wollten fic jetzt mit Gewalt
durchsetzcn, Mit der linken Hand hlett Jedtr seine
Nachbarin am Kleide zurück, umschlang mit der
Rechten die TaiUe und brücktc, trotz allen Sträu-
bens, auf dle rosigcn Lippcn cinen herzhaftcn Kuß.
Zetzt hatien unfcrc beldcn Stubenten ihrcn Wilten
crrclcht und wollten besriedigt ihre Wanberung sort-
fttzen, um rcchlzcitig zum Sbnncnunlergangc aus
dem Znse.sberge anzukommcn. Allein ber Sonncn-
untergaiig sollt, ihnen sür h-ute st-rk versalzcn
werden. Wie fi, ebcn ihre Schrltte weiter lenken
wdllten, schcn fich unscr« beiden B-rgbestciger von
„ahc an zwanzig Kraucn u„d Mädchen jeglichen
AlterS umringt, die auf drn Rnf ihrer Gesähr-
ttiinrn aus dem Walde, wv fie mit Holzlefen be-

die wenigen übrig bleibenden unier Aufsicht der
Regierung gestellt werden.

A m e r i k a.

Newyork, 1V. Nvv. Heftiger Rcgen ver-
hindcrt jede Bewegung Grant's und Lee'S.

Neuyork, 10. Nov. Es geht das Gc-
richt, General isherman habe Atlanta vernich-
tel und den Plah verlaffcn, um auf Charles-
ton zu ziehen. Es wird eine Angriffsbewegung
Lecs erwartct. Der Rebellcngeneral Forrcst
nahm Johnsonville.

Neuyork, 10. Nov. Lincoln ist von allen
Staalen mil Ausnahme von dreien (Krnlucky,
Newjerseh und Delaware) wieder crwählt wor-
den. Die Mchrhcit bei dcr VolkSabstiminiing
beträgt übcr 400.000. — Die Stadt Ncuhork
gad angeblich M'Ciellan 38,000 Siimmen.
Iiirgendwo sind Wahlunruhen vorgckommen.

Reueste Nachrichten.

Newyoik, 12. Nov., Abends. (Wi dem
Dampfex „Hibernia.") Die Nebellen im She-
naboahthal habcn Verstärknngen crhalten und
bcdrohen Pennsylvanien und Maryland. —
Der Nebellencongreß ist zusammengetreten.
Der Präsideul Davis crklärte in seiner Rede,
der Friede ohne Unabhängigkeit sei unmöglich;
er mißbilligte die Aushebung und Bewaffnung
der Sklaven, die man bis zum Augenblick der
yöchsten Noth verspar'en solle, und empfahl,
Sklaven zu kaufen, wo sie nöthig seien. —
Zum Gouverneur von Newyork ist Herr Ten-
lon gewählt. — Gold 2421/4, Wechselcours
265, Bonds 101^/g, Baumwolle 142, ruhig.

Neuyork, 12. Novbr. Der demokratische
Gouverneur von Neuyork Mr. Deymour ist
nicht wieoergewählt worden. Statt seiner ist
der Candidat der Nepublikaner Mr. Fenton
ernannt.

Nachrtchten aus New-Pork vom 12. Nov.
besagen: Dem Präsidenten Lincoln wurve in
Wajhington eine Serenave gebracht. Derselbe
gratulirte dem Lande zu dem sriedlichen Wahl- .
acle unb rief die Unterstützung sämmtlicher
Parteien zur Nettung deö Latertandes an.

ZNüirchen, 22. Novbr. Der Bischos von
Speyer hat gegcn die bekannte Ministerialver-
fügung beim Könige Necurs erhoben, ist aber
abschlägig beschieden worden in Anbetracht, daß
das Vorgehen des Ministers den Grundsatzen
der Verfassung vollständig entspreche. Da kein
weiterer Grund zum Aufschub der getroffenen
Maßregeln vorliegt, so ift die thcologische Lehr-
anstalt in Speyer definitiv geschlossen worden.

Wien, 22. Nov. Jm Herrenhaus begann
heute dn' Adreßdebalte. Graf Auersperg wünscht
bezüglich Ungarns die Belonung eines bereit-
willigen Entgegenkommens und einer Mitwir-
kung. Der Revner ist mit der Politik bezüg-
lich Deutjchlands und ver Herzogthümer nicht
einverstanoen und rath hier Vorsichl bcim Zu-
sammengehen mit Preutzen. Graf Rechberg
vertheidigt die äutzere Politik gegen die erhobe-
nen Angrisse. Der Avreßentwurf wurde schließ-
lich nach dem Commissionsantrag angenommen.

Wien, 22. Nov. Die Regierung hat die
sofortige Ausrüstung zweier Kriegsdampfer, deS

schäftigt waren, schleunigst herbetgeeilt kamen. Un^
sere rrstaunten Musensöhne hielten dieseS Gebahren
Anfangs für Scherz und glaubten, auf denselben
am besten und klügsten dadurch einzugehen, daß
fie lachend einige Geldstücke alS Lösegeld boten.
Aber nur zu schnell wurden sie eines Andern belehrt.
Mit Entrüstung wiesen die Frauen das Geld zu--
rück, machten den Herren Stubiosen dte heftigsten
Vorwürfe über ihr unpaffendes Benehmen gegen
die beiden Mädchen und, indem fie ihnen rundweg
erklärten, daß sie jetzt für daffelbe die wohlverdtente
Strafe erleiden sollten, versperrten fie ihnen ge-
waltsam den Weg. Da blieb benn fretlich den beiden
Musensöhnen nur noch alS letzter Versuch übrig,
fich kampfend den Weg zu bahnen, und so ent-
spann sich denn zwischen dem starkcn und zarten
Geschlechte ein hitziger Kampf, welcher dteseS Mal
mtt der vollständigrn Niederlage deS ersteren endete.
Nach heißer Gegenwehr unterlagen die beiden Stu-
denten der Uebermacht der schwer gereizten Brotte-
roderinnen. Doch der schwerste Schimpf stand den
Besirgten erst noch bevor.

(Schluß folgt.)
 
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