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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 102-126 Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0481

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Veidelbergrr Zeilung.

Kreisverkündigungsblatt für den Kreis Heidelberg und amtliches Verkündigungsblatt für die Amts^ md Autts-
Gerichtsbezirke Heidelberg und Wiesloch Md den Amtsgcrichtsbezirk Neckargemünd.

9t" 109.

Mittwoch, 10 Mai


Auf die „Heidelberger
,1 Zeitung" kann man sich

noch für die Monate
Mai und Zuni mit 42 Kreuzern abonniren bei
allen Postanftalten, den Boten und Zeitungs-
trägern, sowie der Erpedition(Schiffgasse Nr.4).

* Politische Umschau.

* Die VerlegeNhcit des Minifteriums Bis-
marck in Bctreff der schleswig - hvlsteinischen
Sache ist zur Zeit keine geringe und sogar aus
der feudalen Preffe nicht unschwer zu entneh-
men. Das Biindniß mit Oesterreich will man
hauptjächlich wegen dcs „innern Düppel" nicht
fallen lassen, aber eS hindert die Besitznahme
des „äußern Düppcl" und was daran hängt.
Die von Preußen beantragte Einberufung der
Stände der Herzogthümer ist von Oesterreich
in cincr Weise aufgefaßt und,beantwortet wor-
den, wie man in Berlin wohl nicht erwartet
hat. Selbst die Kreuzzeitung ist der Ansicht,
daß die Forderungen Oesterreichs nicht zu er-
füllen seien, uud daß, ehe Preußen auf svfor-
tigc Einsetzung deS Herzogs Fricdrich eingehe,
vorerst allcs andere versuchen müsse. — Als
einer dieser Versuche wird die Abtretung der
hohenzolleru'schen Fürstenthümer an Preußen
bezeichuet. Hohenzollrrn liegt nämlich — meint
jencs Blatt — dem österreichischen Gebiet nahe,
die Bevölkerung ist katholisch, und die Zeit-
daucr ihrer Angehörigkeit zu Preußen zu kurz,
um die Wicderabtretung schmerzlich erscheinen
zu lassen. Einmal wäre aber dieser Länderer-
werb als Compensation für den Anfall der
nordischen Herzogthümcr an Prcußen, für
Oesterreich sehr mager. Zudem wird daS Volk
der hohenzollern'schen Fürstenthümer, wenn man
es befragen wolltc, auch k-inc Lust verspürcn,
an Oestcrreich zu fallen. Dic „Oesterr. Ztg."
meldet in Bezug auf eincn ctwa beabsichtigten
Ländertausch: daß Oesterrcich die Discussion
des CompcnsationSthema's ablchnte und vor
Allem selbstständige Constituirung SchleSwjg-
Hvlsteins verlangte. Nur Lanenburg könnc ein
Compensationsobjcct abgeben.

Jm Königreich Sachsen und Herzogthum
Nassau ist eine Verordnung publicirt worden,
nach welcher der neue Vereinszslltarif vom 1.
Zuli d. I. an in Wirksamkeit zu treten hat.

Zn Mailand hat dcr „unabhängige Wähler-
verein" Angesichts der Zurücknahmc dcs Kloster-
gesetzeS in einem Mecting die Erklärung ab-
gegebcn, „daß Ztalien die Aufhebung der geist-
lichen Orden verlange und jede Verhandlung,
deren Ziel nicht Rom als Hauptstadt sei, als
dem Nationalprogramm widersprechend be-
zeichnc."

Begezzi war achtundvierzig Stunden in Turin
und ist mit neucn Concessionen nach Rom zu-
rückgekehrt. Antonelli's Bedcutung ist durch
die Haltung der französischen Regicrung, welche
Aussöhnung mit dem Papste b-fiehlt, mächtig
gewachsen, da^er jetzt wider Erwartcn und ohne
Zuthun den Schlüssel zur Lösung in HLnden
hat.

E!k von der Delegirtenversammlung der
Kampfgenossenvereine zu Neumünster an „Her-
zog Friedrich V»i. von Schleswig - Holstein"
aufgegebenes Telegramu» wurde von der Tele-
graphenstation in Kiel als unbestellbar zurück-
grwiesen.

Deutschland
Karlsruhe, 7. Mai. Wegen AblebenS I

Jhrer Königlichen Hohcit der Großherzogin
Änna von Mecklenburg - Schwerin, gcbornen
Prinzessin von Hessen - Darmstadt, legt dcr
Großherzoglichc Hof von heute an die Traucr
auf 14 Tage nach der 4. Stuse der Trauer-
ordnung an.

Karlsruhe, k. Mai. Ueber die 29. öffent-
liche Sitzung der 1. Kammer untcr dem Vor-
fitze Sr. G. H. des durchlaucht. Prinzcn W i l-
helm, tragen «ir noch Folgendes nach. Als
RegierungSkommissäre sind anwejend: General-
lieutenant Ludwig, Staatsrath Lamey und
die Ministcrialräthe v. Dusch und v. Freh-
dorf. Der durchlauchtigste Vorsitzende eröffnet
die Sitzung durch Bekanntgeben von Mitlhei-
lungeu des andern HauscS. Ministerialrath
Zolly und Frhr. v. Stotzingen zeigen dcn
weiteren Einlauf eincr größeren Anzahl Bitt-
schriften gegen die Schulreform an. Bon 13
verschiedcnen Gemeinden des Seekreises sind
Bittschristen wegen einer Eiscnbahnverbindung
am Bodensec mit Friedrishafrn eingekommen.
Die Herren Zolly und Bertheau zeigen
druckfertige Commissionsberichtc an. Hr. Oberst
Keller hat scin Ansblciben »on der Sitzung
durch Krankheit cntschuldigt. Dic. Tagesord-
nung führt zur Berathung deS Berichts des
Hrn. Geh. Raths Grafen v. Hennin über
dcn Gesetzesentwurf, die Gerichtsbarkeit und
daS Verfahren in Untersuchungssachcn wegen
Refraction und Descrllon betr. Nach den Ab-
änderungsvorschlägen*) dcr Commiffion soll
derselbe folgende Fassung erhaltcn: „§. 1. Die
öffentliche Aufforderung der Refractäre und
Dcscrteure zur Rückkehr geschieht von d-n Be-
zirksämtern mit dem Androh'en, daß gegen die
in der anberaumten Frist nicht Zurückkchrendcn
die Einleitung des gerichtlichen StrasverfahrenS
wegen Refraction (Desertion) werde beantragt
wcrden. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist
übergebcn die Aemtcr die Acten der Staats-
anwaltschaft, um dje Einleitung deS Strafver-
fahrens gegen die Nichterschienencn zu bean-
tragen. §. 2. Gleichzeitig mit der öffentlichen
Aufforderung haben die BezirkSämter die Ver-
mögensbeschlagnahme iu Gemäßheit deS §. 4
Abs. 6 dcs GesetzeS vom 5. Okt. 1820 (Reg.-
Blatt 15 S. 88—88) zu verfigen und zu
vollziehcn. §. 3. Für das weitere Verfahren
und für die nach dem vorhin erwähnten §. 4
gegen die nicht erschienencn Refractäre u. Deser-
teurs zu erlassenden Straferkenntnisse und son-
stige Verfügungen, insdesonllers nnod in Le-
trotk ller VeriuÜKensdosetiiAHmallmen find
die Amtsgerichte zuständig. Einer basonlleren
gerichtlichen Bcsiätigung der vvn llen lte/.ird»-
ämtern anKeorllneten Vermögensbeschlag-
nahme bedarf eS nicht. §.4. Nach beantragter
Einlcitung des StrafverfahrenS ist sofort eine
Hauptverhandlung anzusetzen und der Beschul-
digte mit dem Androhen Sffentlich dazu vor-
zuladen, daß im Fall seineS Ausbleibens das
Urtheil nach dem Ergcbniß. der Untersuchung
werde gcfällt werdcn. Das Verfahren, wic die
Hauptverhandlung kann gleichzeitig und unge-
trennt gegen mehrere Beschuldigte gerichtet wcr-
den. Der Beizug von Schöffen findet nicht
statt. kirscdoint ller Losednilli^to ia llor
DsAfakrr, so ivirll, nnter Linstollunß: llor

sucdunK, llno ivciterc Verfadren r.um 2neclc
ller persönlieden LeotrafunH: (§. 7) einKe-
leitet. §. 5. Gegen daS Erkenntniß in der

*) Die Äendcrungen der Commission sind in iatei-
nischer Schrift gedruckt.

f Hauptsache ist der RccurS, gegen die sonstigen
Verfügungen die Bcschwerdeführung zuläffig.
§. k. Die Verjährung dkr Geldstrafen (§. 194
des Strafgesetzbuchs) läuft in allen Fällen, «o
diese nicht auf den Grund dcr Verurtheilung
sofort vollzogen werden könncu, von dem Zeit-
punkt an, wo fle ganz oder th-ilweise vollzich-
bar geworden stnd. §. 7. Die perjönlichc Be-
strafung der zurückgekchrten Refractäre, stc
mögcn zum KriegSdienst tauglich befnnden wer-
den oder nicht, steht den Strafkammern der
Kreis- und Hofgerjchtc, die pcrsönliche Bestra-
fung der Desertenre den Militärgerichten zu.
§. 8. Dieses Gesctz tritt mit seincr Vcrkün-
dung in Wirksamkeit. Die seit dcm 1. Oct. 18K4
bis zu jenem Zeitpunkte gcgen Refractäre und
Dcserteure vorgenommenen UntersuchungShand-
lungen und erlassenen Straferkenntniße können
wegen Unzuständigkcit der Behörde nicht ange-
sochten werden. §. 9. Unsere Ministerien der
Justiz nnd des Znnern sind mit dem Vollzug
beauftragt. DaS letztcre hat insbesondere die
wegen des gcsctzlich eintretenden Verluftes deS
Staats- und Ortsbürgerrechtes geeignetcn wei-
teren Anordnungen zu lreffen." Dem Entwurfe
wurde ohne Besprechung die einstimmige An-
nahme nach vorstehender Fasiung ertheilt. Hier-
aus solgte die Bcrathung deS BericbtS deS Hrn.
Obergcrichtsadvokatcn Dr. Bcrtheau, dcn
Gesetzesentwurf über die Gerichtsbarkeit in Pri-
vatrechtssachen der Militärpersoncn betr. Der
Entwurf wurde nach den von der Commission
und im Laufe dcr Sitzung eingebrachtcn Acn-
dcrungsvorschlägen einstimmig angenommcn.
Wir tragen den Entwurf nach. Die Commis-
fion gibt auch dcm Wunsche Ausdruck: „daß
eS der großh. Regierung gcfallen möge, sobald
als rhunlich und wo möglich jchon dem nächsten
Laudtagc einen auch die Bestimmungen des
GesetzeS vom 8. April 1854 über die Straf-
rechtspflege rcformircnden Gesetzcsentwurf vor-
zulegen." Auf mündliche Anregnng des Herrn
Berichterstatters cntschuldigt zunächft General-
lieutcnant Ludwig die Abwesenheit dcS Hrn.
Generalauditors Brauer dnrch plötzlich einge-
tretencs Uuwohlsein und bemerkt sodann, daß
dem nächsten Landtage eine neue Strafproceß-
ordnung vorgelegt wcrdcn würde. Nach kurzer
Erörterung wird der GesetzcSentwurf nach vor-
stehender Fassung einstimmig angenommen.
(Forts. folgt.)

Heidelberg, 7. Mai. Außer dcr Schul-
frage und dcn hicrmit verwandten Angelegen-
hcitcn fangcn allmälig auch andere Dinge an,
bei unS die öffentliche Meinung zn bcschäftigen,
z. B. für den gegenwärtigen Landtag die Mili-
tärrechtspflege. (Derjelbe Gegenstand kommt
bekanntlich jetzt auch in Baycrn in sehr zeit-
gemäßer Weise zur Sprache.) Hinsichtlich der
Privatrechtspflegc derMilitärpersonenist, wie
schon mitgetheilt, Vorlage erfolgt, und zwar
auf einer ziemlich zeitgemäßen, beftiedigenden
Grundlage. Nur cinzelne Ausnahmsbestim-
mungen bleiben auch ferner in Krast, z. B.
daß persönliche Verhaft- und Hilfsvollstreckung
überhanpt gegen Militärpersoncn nur durch
Vermittlnng der vorgesctzten Militärbehörde
vollzogen werden könne, und daß auch andere
gerichtliche Verfügungen an Militärpersonen im
Dienste diescr Vermittlung bedürfen. Diesc
AuSnahmen sind nicht ohne praktischen Grund,
obwohl principiell sich vikllcicht Manches dagegen
cinwenden laßt. Eine Hauptsachc, die Rcgelung
der Strasgerichtsbarkeit wird hoffentlich mit der
Zeit auch zur Sprache kommen, und den Anfor-
derungen der Nenzeit gcmäß geordnet werden,
 
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