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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 102-126 Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0486

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wirr, damit das Jntercffe für diejclbc gcwcckt,
dic Theilnahmc gcsteigeri und jcinc Pcrjönliche
Ausjicht der Schulc nützlich werdc. Die Pc-
tition vcrlangi, daß das Widerstrebcn -ines
Theils dcs Volkes gcgen Neuerungeu im Ge-
bietc der. Bolsbildung uud Volkserziehung von
eincr freifinnigen Regierung beachtet werdeu
müßte. Dcr anderc, wie richtig angenommen
werdcii kann, größcre Thcil dcS Volkes wird
abcr, wie daher wohl zugegcbcn werdeu muß,
auch Anspruch auf Bcachtung verdienen. Dic
VorauSsetzung dcr Bittstellcr, daß die Mehrheit
der beidcn hohcn Kamniern ihre Ziistiininung
zu dem kaglichen Gesctz verweigert habcn würde,
wcnn fie Kenntniß von dcn Folgen hätte haben
köniien, scheint uns eine unrichtige zu sein.
DaS Gesetz hat lange vor Einsührung alle
Stadien einer cingehendcn Prüfung durchlaufcn,
wurdc in den öfsentlichen Blatlern besprocheu
und hat in unscrer hohcn Kanimer ausführ-
liche, sclbst auf dic Folgcn hiniveiscndc cr-
schöpscnde Erörterungcn gefunden, so daß man
ihui dcn Vorwurf einer übercilten Annahme
nicht machen kann. Allerdings konnten die
Slindc nicht crwarten, daß dicses G-setz, nach
ciner an Einstiminigkeit grenzenden Annahme,
eiucn in diesem Grade heftigen Widerstand
finden wcrde; die fcrnere Haltung dcr Kam-
mcr wird sedoch lehren, daß sie in der Art
und Weisc, so wie in drr Wahl der nicht immcr
zu billigcndcu Mittcl, die man gegen das Gesetz
anmendcte, keincn Grund finden kiiun, jetzt an-
derer Ansicht zu sein, Dic Biltstcller sprcchen
über Schuiälerung des Vcreins- und Petitions-
rechteS, so wie übcr ungerechtfertigte Strafen.
Bestimmtc Fälle, in wclchen das Petitions-
odcr Vercinsrecht geschmälert oder aus erhobene
Beschwerde nicht Äbhilfe gcjchafft worden ivärc,
sind in der Petition nicht angcsührt und Zhrcr
Commisjivn nicht bekannt. (Forts. solgt.)

— Mannheim, 10. Mai. Die erste Kam-
mer ijt also über die Petitioncn gcgen daS
Schulaufsichtsgesctz, ungcachtct Hr. v. Stotzin-
gen in die Commission gewählt war und da-
durch Gclcgcnheit zur Verwcrthung seiner ultra-
moutanen Jdecn erhalten halte, mit 11 gegen
5 Stimmen zur TagcSordnuug nbcrgcgangen.
Jn der zwcitcn Kammer wird voraussichtlich
drejer Petilionssturin ebenso unschädlich ver-
rauschen und nur vielleicht ein noch schärseres
Gcricht über sich ergchen lassen müsscn. Die
gutcn Leutc hätten sich dieses Resultat sreilich
schr lcicht vorauSdenken könncn; allei» der
Fanatismus ist bliud, und wcnn cr auch die
Erfolglosigkeit sciner Anstrcngungen vorhcrsieht,
so fiudct er doch eine, freilich nicht bcneidenS-
wcrthe Gcnugthuung darin, dic Welt iu Alarm
gesetzt und sein Ziel starrköpfig bis ans Endc
verfolgt zu haben. Wenn wir sagen: „bis ans
Ende," so mcinen wir zwar nicht, daß er »un
s-iuc Pläne aufgeben und sich ruhig verhalten
werde; wir glauben vielmehr fest, daß er wieder
neue Bahncn bctretcn und auf einem anderen
Gebicte seinc Wühlereien fortsetzen wi,rd; deun
daß Rom, wcnn auch der Zeit und ihrer Ge-
walt nothgedrungen nachgcbend, doch jedeSmal
in einem günstiger scheinenden Zeitpunkte oder
unter inehrvcrsprcchenden Constellationen wicder
aus's Ncue mit jcincn Ansprüchen hervortritt,
daS bezeugt uns die Geschichte aller I.ahrhun-
derte. Abcr factisch wird, wie wir hoffen, der
Schulstreit, wenigsten« jo weit cr unser Land
berührt, jetzt an seinem Endc angekommcn sein,
und öie vielbekämpfte Schulreform wird, ge-
läutcrt und bewährt wie das Gold, stcgreich
aus dem Feuer der Prüsung hervorgehen. Auch
dcr mit dem J-suitismus sür dic gemeinschaft-
lichen Zwecke verbündete evangelische Pietis-
mus wird jetzt, trotz s-iner noch kürzlich ver-
noininencn patzigeu Sprachc, etwas kleinlauter
werden, und der auf dem Schulgebiet errun-
gene Sieg wird auch dem kirchlichen Fortjchritte
zu Gute kommen. Man jprlcht in neuester
Zeit viel davon, daß die Curie zu cincin Com-
promiß mit dcr großh. Regierung geneigt und
daß auch letztere nichl abgeneigt sei, dic Hand
der Versöhnung zu bicten. So versöhnlich nun
auch wir unsererseits gesinnt und so sest wir
überzeugt sind, daß eine ftiedlichc Entwicklung
der kirchlichen und staatlichen Zustände dcn
Vorzug vor ciner dnrch Strcit und Feindsclig-
keit crkämpsten verdienen, so müffcn wir doch
um der Sache felbst willen den ernstlichcn

Wunsch h-gen, daß die Regicruug d-m von ihr
aufgestellten und bisher verfochtencn Princip
nichts vergebc uud li-ber den Streit auskämpfe
als sich zu einem faulen Friedcn herbeilaffe.
Dabei darf man auch nicht vergesftli, daß Rom
bci j-dem Friedcnsfchluß seine geheimen, erst
später offenbar werdenden Reservationen im
Hintergrunde licgen hat, und daß cs, weun
man ihm den Finger bictet, sogleich nach der
ganzen Hand grcift. Nichts ist daher iu dem
vorliegenden Falle nokhwcndiger, als daß kluge
Vorsicht die Bcgleiterin der Versöhnlichkeit sei.

F r >, » k r e « ch

Pirris, k. Mai. Von den Abgcordnctcn
Carnot, Gueroult, Havin, I. Simon und Pla-
nat ist ein Amendcment zu dem Budget einge-
reicht worden, nach welchem der Finanzminister
zur Emission eines AnlchenS von 140 Mill.
Franks ermächtigt werdeu joll; diese Summe
würde ausschließlich zur Hebung des Volks-
unterrich tcS zu verwendcn sein, der unent-
geltlich crthcilt werdcn solle.

Paris, 8. Mai. Heute wurde im gesetz-
gebcnden Körper ein Gesetzcntwurs über die
außcrordcntlichen öffentlichcn Arbeiten vorgelegt.
Für dicse Arbciten sind 3K0 Millioncn bc-
stimmt, wclche in jährlichen Ratcn von 80 Mil-
lionen auf 6 Zahrc von 1886 au zu verthcilen
sindl Zur Decknug flnd die Einnahmsüber-
schüssc der orbcntlichen Budgets und dcr Er-
trag aus der Vcräußerung der Staatswaldun-
gen angcwicsen. Dieje Veräußerung ist auf
dcn Bctrag von 100 Millionen beschräntt.

Paris, 8. Mai. Der „Moniteur" meloet:
Die Kaiserin Eugenic hat den amerikanischcn
Gesandten Biegelow und dessen Gemahlin em-
pfangcn und ihnen angekündigt, sie habe an
Madame Liucvln cinen Privatbrief geschriebcn
und ihre volle Theilnahme ausgedrückt.

. N u ß l a » d

Petersdurg, 4. Mas. Es gilt alS aus-
gcmacht, daß der nunmehrigc Thronsolger die
Erbschast seinrs verstorbenen Bruders auch der
dänischen Prinzessiu Dagmar gegenüber antritt
und cS soll die Hochzeit nach Zahrcssrist statt-
finden.

A m « r i k a.

Das Packetboot „Europa" hat folgende Nach-
richtcn aus Newyork vom 27. April gebracht:
„Ein Bcricht des Hrn. Stanton bestätigt, daß
Bookh und scin Spicßgesellc Harrold von den
Sümpfcn der Grasschaft St. Maric bis nach
Garreth Farm, bei Port Royal am Rappa-
hannok, von einer Truppenabtheilung unter
Oberst Baker vcrfolgt worden sind. Die Scheune,
iu welche sich die beiden Mörder gcflüchtet,
wurde in Brand gksteckt. Booth wurde getödtet,
Harrald gefangen genommen und nach Was-
hington gebracht. Seward und sein Sohn be-
finden sich besser. — Die Cofifvderirten haben,
ehe ste Montgomery geräumt, 94,000 Ballen
Baumwolle verbraunt."

A frika

Algier, 6. Mai. Proclamation dcs Kai-
scrs an das arabische Volk. Frankreich ist nicht
gekommen, um Eure Nationalität zu zcrstvren,
svndcrn um die Jahrhunderte alte Unterdrük-
kung zu erleichtcrn. Zhr habt Eure Bcfrcier
bekämpft, ich ehrc das Gefühl kriegcrischer
Würdc. Aber Gott hat gesprochen, erkennet
seinen Spruch. Wie Jhr haben Eure Vor-
fahren muthig widerstanden, aber von ihrer
Nicderlage datirt die Wicdergeburt. Jch bin
gekommen, um die Gewalt in Eurem Znteresse
auszuüben, ich will Euer Wohl befördcrn. Sagt
Euren verirrten Brüdern, daß zwei Millionen
Arabcr »ierzig Millionen Franzosen nicht wider-
stehen könncn. Jch danke der großen Mehr-
heit für ihre Treue. Habt Vertrauen; Eurc
Geschicke sind verbunden mit dcnen Frankreichs.
Erkennet mit dem Koran an: derjenige, den
Gott sendet, ist wohl gesandt.

Reueste NUchrichten.

Berlin, 9. Mai. Die dem Abgeordnetcn-
hause heute vorgelegte Dcnkschrift gibt die -Ko-
stcn dcs dänischen Kriegs auf eine Totalsumme
von 22>/z Millionen Thaler an. Di- in der
Militärverwaltung aufgeweudeten Kosten betra-
gen im Ganzen 18>/, Millionen (14'/> Mill,

für Mobilniachung und Unterhalt der Truppen,
4>/, Mill. für VerstLrkung dcr Artillcrie und
für BcfcstigungsauSrüstung); außerdem wur-
den in der Marinc-, Post- und Telegraphen-
verwaltung 3-/, Millionen aufgcwendct. Davon
stnd rechnungsgemäß 13>/, Millionen für das
Jahr 1884 als verausgabt nachgewiesen, wo-
gegen 8^/,„ Millionen noch zu »errechncn blic-
b-n; die Deckung dcr 13>/, Millioncn ist größ-
tentheils aus den disponiblen Ilebcrschüssen der
Jahre 1863 und 1864 und im Betrag von
1>/, Mill. aus dem Staatsschatz entnommen.
Die übrigen M/„ Mill. jind eventuell cbenfalls
aus dem Staatsschatzc zu entnehmen. Dic Denk-
schrift weist nach, daß der Staatsschatz die
Sumine zu dccken im Stande ist.

Berlin, 9. Mai. Abgeordnetenhaus. Der
Finanzminister bringt die sehr umfangreiche
Denkschrift über deu dinischen Krieg nebst eincr
llebersicht über die Kosten diescs KriegeS ein.
Die Denkschrift ergeht sich über die politische
Situation, welche zum Kriegc gcführt hat, stellt
die militärischen Anordnungen zusammen und
weist nach, wie hoch die Kosten sich beliesen
und wohcr die Mittel zu deren Deckung ge-
uvmmen wurden. Der Finanzminister wünscht
lleberweisung der Vorlage an 'eine besondere
Commission. Es wird aber cin Antrag des
Abgeordneten Stavenhagcn angenvmmen, erst
nach dem Druck der Vorlage über deren spcciclle
Behandlung zn beschließen.

Berli», 9. Mai. Zufolgc einer bis jetzt
unbekannten Uebereinkunst in der Zollconferenz
soll dcr ncue Zollvereinstarif am 1. Juli nur
auf di-jenigen Staaten Anwendung finden, mit
welchen Verträge abgeschlossen odcr deren Tarif-
reform genügendeS Aequivalent Lietet.

Lvndon, 9. Mai. Jn der gestrigen Unter-
hausfltzung wurde der Antrag von Baines auf
Wahlreform (Herabsetzung dcs Wahlcensus in
dcn städtischen Bezirken von 10 auf 6 Psd.
Sterl.) mit 288 gegen 214 Stimmen ver-
worfen.

Aus Baden. Am 8. Mai wurde der
Güterverkehr anf der neuen Eisenbahn-Schiff-
brücke zu Marau eröffnct. Es hatten stch
dazu die an dcr Bahn und deren Betrieb zu-
nächst betheiligten Behörden cingefunden; cbenso
eiue große Volksmenge von beiden Ufcrn her.
Die Schiffc im Hafen wie die Brückc selbst
waren reich beflaggt. Die freudige Stimmung
der Menge über das wohlgelungene Wcrk,
die zahlreichen Flaggen und Wimpel, die Klänge
der Musik und der Donner dcr Geschütze gaben
dem Ganzen das Gepräge eines beitern VolkS-
festes. — Auch in der 2. Kammer soll der
Antrag bczüglich der ciugegangenen Petitionen
gegen das Schulgesetz auf Tagesordnung lauten.
— Der großherz. Verwaltungshof hat. in dcr
vielfach erörtcrten Streitsache des Müllers GSll
in Bruchsal gegen die Erbcn des Freiherrn
». Glaubitz entschieden. Der Erfolg der Ent-
scheidung ist zunächst der, daß die Frhr. v. Glau-
bitz'sche Mühle wie stühcr bctrieben werden
darf und Göll jeine Ersatzforderuugen selbst-
ständig gelteud zu machen hat, fir dcn Scha-
dcn, der ihm augeblich dadnrcb entfteht, daß
dcr Wassereichpfahl der Glaubitz'schcn Mühle
14 Zoll zu hoch ist, wodurch Göll in seiner
weiler oberhalb an der Salbach liegenden Mühle
Hinterwasser erhält, daS dercnTriebkraft schmälcrt.

Kartsrube, 9. Mai. 78. Lffeniliche Sitzuna der
Zw-^ten Kamm^r. ^ Tagesordniiiig ^ Fceilag. den^12.

^ ffrankfnrt, llstai. ^ Dl^^örse war seht^es^is^

Einfluß aus nnsere Bdise'/ da man weiö, daß sich im
Augenblickc die verfchiedenen finaiiziellen Lager dic Hände
reichen, nm aus ihre Uiiicrnehmiingen cinzuwirken.

Nal. 6M/g. Iieue englische Mciall. 78'/-, 5proc.
M-Iall. 64>/s b-z., 4>/-»roc. M-Iall. S7>/, bcz., SUb-r-
mclalliq. 7888, Amerikaner 68"/ik — >/« — >/«, 4pEt.
Rassauer 9g>/,, 4V-VSI. dlo. 102>/,G., z>/rpCt. Frank-
furler 94>/s—//, Lichweden 91 bez.

O-st-rr. Baukaelie» 869 — 868, dsterr. Credil-kti-n

20V'/-.

6>/, Uhr. (Schlußcurse-I 1832er Amerikaner 68>/s
bis >/^ Credit S00>/,—201, 1860er Lo-s- 37>/>.
 
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