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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 127-151 Juni
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slch den grvßten Theil des Landes zum Feinde
gemacht hat, wächst der Muth aller ehrlichen
Männcr. die »ur das Gnte fnr nnser Vater-
land woKir. ES ist zu beklagen. d-ß dtd Re-
giernng die Versammlungcn unter frciem Hiin-
mel vdriikU . st'e idürdc sich erst dann rccht
überzengen könncn, wie tief daS Bewußtsein
für die politischen Rechte im Volkc wurzelt.

(Mitt Ztg.)

Müncken, 29. Mai. Der König hat im
Laufe des vvrgistrigeü Rathirilttags an Vas
Präsidium der Kammer der Abgcordnetcn cin
Telegramni gelangen lassen, woriu der König
der Kammer dcn Dank für die ihm in der
DdrmittagSsihung dargebrachke Huldigüng (drci-
faches Hoch, nach dcr Annahme deS Amiiestie-
gesetzes) ausstzricht. Noch im Laufe dcs Abends
gelangte dcr autvgratzhisch verviclfältigte Wort-
laut des TelegrammS in die Händc der ein-
zelncn Kammcrmitglicder.

Berlin, 29. Mai. Der Minister Selchow
hal im AbgcordnetciihauS erklärt, dem Herrn
John Reitenbach - Plicken sci die Beschälstativn
Plicken gcnommen, weil die Regierung init
eincm Stcucrverweigerer nichts zu thun haben
wvllc, denn ein Steuerverwcigcrcr fei ein Ver-
brechcr gegen die StaatSform. Darauf hin
richtetc nun Hr. Reitcnbach-Plicken eincn offe-
nen Brief an die „Reform", worin er sagt,
bishcr habc ihn noch kcin StaatSanwalt des
bezcichncten Verbrcchens angcklagt. Die Strafe
sci das Rccht des Verbrechcus. Er verlange
von dem Minister sein Rccht, das heitzt, daß
der Minister gegcn ihn die Anklage rrheben
lasse. So lange dies nicht geschehen, tresfe der
cinzige von dem Minister für die Enlziehung
der xlicker Bcschälstation geltcnd geinachte Grund
nicht zu, deren unbequeme Folgen nicht ihn
berührten, sondern scine Nachbarn, die sort-
fahren, ihre Steuern freiwillig zu zahlen.

Berlin, 31. Mai. Das AbgeordnetenhauS
trat in seiner heutigen Sitzung in die Bera-
thung des BcrggesetzeS ein. Dcr Rcfcreut be-
fürwortet die Annahine desselben, wie es auS
dem Hcrrcnhause herübergekommen ist. — Bei
der Position „Univcrsttäten" bespricht der Abg.
Twesten die Bonner Angclcgeiihcit und sagt,
der Minister habe nicht daS Recht, den Privat-
docenten die Veuin Is^enlli ohne Anhöriing
dcr Facnltät zu entziehen. Cultusminister:
„Jch beklagc auf§ Ticfste die Vorgänge an dcr
Bonner Universität, welchc mich zum Einschrei-
ten veranlaßt. und ich mnß den Vorwurf des
Ueberschreitens meiner AmtSbefugniß cntschie-
den zurückweisen. Dv Ausdruck, welchen Dr.
Merz gegcn Professor Jahn gcbraucht hat, ist
die tiesste Beleidigung, dcrcn ein gcbildeter
Mann gegcn einen anderen sich schuldig machcn
kann, und dic selbst vom Strafrichter streng
bestraft werden würde. Die Statuten der Uni-
versitäl Bonn besagcn nichk, daß der Ober-
Aufsichlsgcwalt keine Befugniß zur Disciplinar-
gewalt zustehc; aus Vorgängen an andcren
Universitäten crhellt, daß mcin Verfahren inner-
halb meiner Befugniß geblieben ist, und daß
es mcine Pflicht war, fo zu handelu. Ein nä-
hereS Eingehen auf den Fall mit Professor
Ritschl muß ich vorläufig ablehnen, weil diese
Sache noch in der Schwebe ist. Von einem
Disciplinarverfahrcn ist keine Nedc gewcsen,
und ich inuß wicderholsn, daß die Regicrung
nicht dulden kann, daß MLnncr der Wisscn-
schast sich so wcit vergesien. wie in diesem
Fallc."

Berlin, 31. Mai. Der Handelsvertrag
zwischen dem Zollverein und Großbritannien
ist gestern von den Bevollmächtigten unterzeich-
nct worden. — Morgen wird der Großherzog
von Oldenburg hier eintreffen, wie eS heißt, in
Angelegenheiten dcr Elbhcrzoglhüiner.

Arankreich.

Paris, 29. Mai. Bei dem CommerS der
deutschen Tnrner im Elysec Montmartre hielt
der Franzose Ehassin, der Vcrfasier dcS „Gci-
steS der Revolution", cine Rede zum Dank der
zu Ehren Frankreichs gesyrochcnen Worte.
Darin fagte cr: „Jch bringe einen Toast auf
den Rhcin au». Nicht Frankrcich gehört der
Rhein, nicht Deutschland, sondcrn beiden Na-
tionen. Lange Zcit hat er nnS getrennt, heute
soll er ein Bindemittel, cin Bruderband zwischen
uns sein. Da, wo zwischen stcilen FclSwänden

eingeengt, seine Wogen, schäumcnd aufhcnlen,
da rust er nichk die Einen gcgen die Andern
zur Rache aus. Nein, es ertönt aus ihm der
dumpse Wicdrrhall d-s grmciusamen HaffeS,
dcS Hasses dcs Volkes gegcn die feudalen Gcitr,
keren Felsemiesier Sie und wir vdrnichlck haben.
Aber sein Ruf hat nur noch eine geschichtliche
Bcdcutung, die Gegenwart kümmert sich nicht
darum. Gedenken wir nur der Knechtschaft
von gestern, um inniger die Freihcil von mor-
grn zn lieben."

T ch w e i z.

Bcrn, 28. Mai. Zn dem Kanton Basel-
land herrscht wicder cinmal große Aufregung.
Osiiziellen Depeschen an dcn BundcSrath zu-
svlge hat Regierungsrath Rolle, das Haupt dcr
Revisionisten, vorgestern Abcnd in einem Streit
mit seinen Gcgncrn, den Aiiti-Rcvisioiiisten,
einen Bürger von Lausen, Namens Zonas Bal-
mer, mit einem Messer so gcsährlich in die
Brust verwniidct, daß derselbc rettungSlos dar-
niederliegt. Trotzdem bcfindet sich Regierungs-
rath Rolle znr Stunde nvch auf freiem Fuße,
und da StaatSanwalt Bruhin, ein ihm ergc-
bener Anhänger, mit der Untcrsuchung des
Vorfalls betraut ist, dürfte seinc Verhaftung
auch nicht »vrgenommcn werden, wenn die
Sachc nicht durch die Zntcrvention deS Bun-
dkSraths eine andere Wendung nimmt. Jeden-
fallS dürfte eine solchc ain Platze sein. Laut
Vcrnehmen hat man anch von Liestal aus die
Absendung eidgenöss. Commissarien verlangt.

Z t a l i e n.

Neapel, 18. Mai. Die Blättcr veröffent-
lichen einen Brief Mazzini's übcr das Leben
Cäsars von Napoleon III., dem wir Folgendes
entnehmen: „Das ueue Buch, gczcichnet von
Lonis Napoleon, vcrdient als geschichtliche Er-
zählung 'nicht, daß Zemand darauf Zeit und
Worte verwende. Es ist ein wcnigcr als mit-
tclmäßigcs Buch. Der Abriß der römischen
Geschichte von CLsar enthält keine Thatjache
oder Untersuchung, wclchc nicht in jcdem ge-
naucn Cvmpendium zu finden wäre; er ver-
nachlässigt dic wichtigsten Ergebnissc oer deut-
schen Critik, er ignorirt dic cnglischen Arbei-
tcn, mißversteht die altcii, mid übersetzl falsch
dic citirten Stellen. Wcnn nntcr der Vorrede
nicht der Name eincs Mannes stünde, der deü
servilcn Zournalisteu Beifall cingibt, so würdc
wcniger darüber geschrieben, niemand würde es
gelobt haben. Aber die Vorrede enkhält einc
Thcorie, auf welche dic Erzählung dcs LcbenS
Cäsars gegründct ist, und welche jystematisch die
Geschichte zu verfälschcii, und dic unersahrcne
Jugend zu verführen jucht.... Es ist die
Hegel'schc Theoric von der Macht der That-
sachcn. Gegcn einc jolche Theorie sollte, im
Namen deS mcnschlichen Gewissens und der
beleidigtcn Moral, Zeder protestircn."

Mailand, 28. Mai. Am 23. d. wurden
die k. Prinzen Umberto und Amedo auf ihrer
Reije in Süditalien an dcr Station Sansevero
von dcn Behvrden der Provinz empfangen;
auch das Volk stellte sich inassenhaft ein und
ließ ohne Unterlaß dcutlich folgende Wortc
hören: „Wir wollen Rom und Venedig l Niedcr
mit dcn Klöstern! Niedcr mit der weltlichcn
Herrschaft des Papstesl Es lebe der König
von Ztalien auf deni Capidoglio!" AehnlicheS
hört der Kronprinz allcnthalben, wo er anhält.
Es mag ihm dies s-hr besremdend vorkommen,
da stch bis zu deu Unterhandlungen mit Rom
die Unznsricdenheit der Nation nur gegen Bc-
amte richtete, das königliche Haus abcr außcr
dem Spiel blicb.

Dänemark.

Kopenhagen, 29. Mai. Der König ist
von Nyborg zurückgekehrt. Er besuchte vor-
gestern mit dem Kronprinzen auf der dortigen
Rhede däs russische Trauergeschwader, legte
Kränze anf dcn Sarg deS Großfürsten-Thron-
folgcrs und wohnte am Bord einer Seelcnmesse
bei. DaS Trauergeschwader tauschte mit der
Festung Nyborg 21 Salutschüsfe auS, und
Fcstungswcrke, russtsches Consulat, königliche
Gebäude und Fahrzeuge im Hafen slaggtcn an
halber Stangc.

Kopenhagen, 31. Mai. D-r Ausfall der
Wahlcn zum Folkething dcS ReichSraths in den

Provinzcn stellt ungesähr daS frühere Stim-
mcnverhältniß im Thiug wieder her. Die Bau-
ernfreunde scheinen einlge Stimmen gewonnen
;u habeii.

A m e ^ i k a.

Newyork, 16. Mai. Der „Washington
Star" beschreibt die in dem Mordprocesse am
meisten blosgestellten, jetzt im ZeugLjause be-
ftndlichen Gefangenen in folgender Weise: „Vor
Allem macht sich Frau Surrat bcmerkbar. Sie
ift ein untersetztes, blühend aussehendes Weibs-
bild mit grauem Haar und hellen, kalten,
grauen Augen, aus dcnen cine listige und un-
beugsame Secle hervorblickt. Sie hat ohne
Zmeifel den Meuchelmord mit boshafter Sorg-
falt gehegt, obgleich es scheint, als habe sie ihren
Sohn gerade dann fortgeschickt, als der Augen-
blick der That gekommen war. Payne ist ledig-
lich eine wilde, brutale Bestie nnd besitzt offen-
bar weder Gcist, noch Herz. Harrold ist wirk-
ljch nur der einfältige, zutrauensvolle Junge,
als dcn ihn scine hier wohnenden Verwandten
darzustellen suchen; es geht aus Allem hervor,
daß Booth sich denselben nur in der Eigen-
schaft eines Gefährten und Wegweisers, keines-
wegs aber als Freund auserkoren hatte. Atze-
roth war zum Mordc gcdungen, hatte aber
nicht den Muth zur That. Er ist deutscher
Abkunft und schon als Kind nach Amerika ge-
kommen. Unter den Gefangenen befinden sich
Diejcnigen, die als Thülnehmer des Verbre-
chens sich in Ford's Theater, in Maryland und
in Virginien daran betheiligten. Es mögen
etwa 20 Gefangene in Haft sein. Auch Ford
und zwei seiner Angestellten befinden sich noch
iu Gefangenschaft."

Reneste Rachrichtei».

Wien, 1. Juni, BormittagS. Die amtliche
„Wiener Zeiinng" veröffentlicht ein k-nserlicheS
Rescript vom 27. Mai an den BannS vvn
Kroatien, durch welches der krvatische Landtag
für den 17. Juli einberusen wird. Ein zweites
Rescript des Kaisers genehmigt snr diesen Land-
lag die Wahlordnung von 1881.

Wien, 1. Juni, NachmittagS. DaS Unter-
haus bcschloß gemäß dem AuSschußantrage, der
SteNerreformausschuß habe seine Thätigkeit auch
nach dem Schlusse der dicsjährigen Sesston
fortzusetzcn. Die nächste Sitznng wird am 8.
Juni gehalten.

Wien, 1. Zuni. Dcr Abgang der öster-
reichischen Antwortsnote nach Berlin ist nahe
beborstehend. Sie cmpfiehlt nochvials den Zu-
sammentritt der gemeinsamen Ständcvertrctnng,
stimmt aber eventuell ciner Einbcrufung der
54-er Ständc zu, vorbehaltlich der Nenwahi
und Amnestirung derjenigen Schleswig - Hol-
steiner, welche von der Aüsübung des Wahl-
rcchts durch dic 54-er Provinzialstatulen aus-
gejchlvssen wurdcn.

Paris, 1. Juni. Der hentigc AnSweis d-r
französischen Bank zeigt cine Znnahme deS
BaarvorrathS von 4V° Mill., deS Notenum-
laufs von 6V° Mill., der Privatrechnungen
von 1N/z Mill., deS StaatSschatzeS von 12^/g
Mill-, dagegen eine Abnahme des Porteseuilles
von 1 Mill., die Vorschüsse anf llnterpfänder
bliebtn unverändert, — Die gestern verfallenen
und heute zu empfangenden Effecten betragen
18'/- Mill.

Vermischtc Nachrichte».

Leipzig, 27- Mai. Die aiigticheilc Pesther Finna
'Johaun Samuel Frohlich hal dcu Coucurs angemeidet.
Wieu lst hierbei mil circa 60,000 fl. beihefl'igt und die
gesammleu Passiven fofleu uoch nichl die Summe von
175,000 fl. übersteigen, während die Aeflveil zu bO'OOO fl.
angegedcii werden. Jerner wird dic Zahluttgöciiistellung
dcr FlachSfpinnerri von Franz Gabcrle und doohne ge-
meldel. niid ift das Verglcichsvcrfahrcn attch uber das
Vermögen der ösfenllichcn Gesellfchafker der Firma Hugo
und K-rl Gaberlc in Schatzlcr und Malhüde swoboda
geborene Gabcrle in Tranlcnau cröflncl ivorden; die
Passiva follcn sich über 400,000 fl. belauieii. Jn
Chnr hal daS HauS Madner imd Brauii uiil 2.100,000
Frauken Pafsiven fallirt", die Aciivcn sollen 800,000 Fr.
belragen. lT. A. ./.)

München, 2S. M-i. Di- Lune Nurnberg - Wurz-
kura wiid °m 15. Juui -röflu-t werden. ader di- regel-
mätzigeu Fabrleu Iverden -rft mn dem 1. Juli be-

KarlSruhe, M. Mai. Jn der h-uligm Sirafkammer-
sitzunq kamen 4 FSlle znr Verhandlung, -°n denen 2
mil Berurlbeilungen und 2 mll Freisprechuugeu -ndig-
 
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