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Heidelberger Zeitung — 1865 (Januar bis Juni)

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Nr. 127-151 Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.2822#0621

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Uti-elbtrgrr Zrilung.

Kreisverküudigungsblatt ftir üen Kreis Heiaelbcrg unü amtliches Lerkiinüigungsblatt fiir Üie Amts^ nnü Amts-
Gerichtsbczirke Heidelbcrg und Wicsloch unü dcn Aintsgerichtsbezirk Neckargeinüiiü.

M 138


Donnerstag, IS Zuni


Einlaüung zum Abonneiiicnt.

Auf das mit dem 1. Juli beginnende dritte
Quartal der „Heidelberger Zeitung"
laden wir anmit zum Abonnemcnt ergebenst ein.
Die Heidelberger.Zeitung ist durch Beschluß
Großh. Ministeriums des Jnnern vom 24. No-
vember v. I., Nr. 14,731, als Kreisver-
kündigungsblatt für den Kreis Heidelberg
und als amtliches Verkündigungsblatt
für die Amts- und Amtsgcrichtsbezirke Heidel-
berg und Wiesloch und den Amtsgerichtsbezirk
Neckargemünd erklärt worden, in Folge dessen
alle Bekanntmachungen der betreffenden Staats-
stellen darin zu erscheinen haben.

Jndem wir uns im Uebrigen aus das mehr-
fach veröffentlichte auSführliche Programm be-
ziehen, bemerken wir hier noch, daß das viertel-
jährliche Abonnement in hiesiger Stadt 1 fl.
3 kr., durch die Poft bezogen 1 fl. 24 kr. be-
trägt. Jnserate, welche durch unsere Zeitung
die ausgedehnteste Verbreitung finden, werden
mit 3 kr. die dreispaltige Petitzeile oder deren
Raum berechnet.

Heidelberg, im Juni 1865.

Die Exvedition.

(Schiffgassc Nr. 4.)

* Politische Umschau.

"Jn Nassau wird nun zum drlttenmale
innerhalb anderthalb Jahren ein Landtag ge-
wählt, der wahrscheinlich wiederholt vorwiegeikd
llberal ausfallen und, wenn die Negierung auf
ihrer bisherigen Bahn beharrt, abermals auf-
gelöst werden wird. Jndessen liegen einige
schwache Anzeichen vor, daß die Negierung von
ihrem Zrrthume zurückkommen werde. Sie hat
nämlich das Versammlungsrecht, das in der
Blüthezeit der Reaction nur ein Monopol der
Hlericalcn war, thatsächlich für Alle wieder-
hergestellt, sic hat die Geistlichen, die durch
Züschreiben der Steuern der Kirchcngüler zu
Gpoßwählcrn gemacht waren, wieder in die
unteren Wählerklaffen zurückversetzt, in die sie
ihrer Personalsteuer gemäß gehören. AÜein es
cxistirt keine feste Garantie, daß nicht diese
Mißbräuche wiederkehreu, so lange das Bünd-

niß zwischen Regierung und Clerikalen noch
bestehen bleibt. Diese letzteren haben wieder
ein neues Wahlmanifest erlassen, worin sie
einige liberalisirende Phrasen aufstellen, die
keinen Glauben finden, und daneben einige
stark ultramontane Sätze, die selbst in den
rein politisch cönservativen Kreisen Anstoß er-
regen. Die Folge davon ift, daß di^se letzteren,
die sich zu ausschließlich clericalen Zwecken nicht
mehr hergeben wollen, sich von der Führung
der Pfaffen-Partei loszusagen beginnen.

Ein Correspondent der „Köln. Ztg." berichtet,
daß die Sitzungen des preuß. Abgeordneten-
hauses späteftcns bis zum Samstag geschloffen
sein werden.

Die Ratificationen des Zoll- und Handels-
vertrages zwischen dem Zollverein und Oefter-
reich sind in Berlin im auswärtigen Ministe-
rium ausgewechselt worden.

Die Anclamer Zeitung berichtet über eine
Ansprache, welche König Wilhelm bei seiner
Durchreise nach Stralsund in Anclam gehalten,
wie folgl: „Se. Maj. erkundigte sich unter An-
derm nach dem Abhalten der Controlversamm-
lungen und ob das Zusammenziehen des Laud-
wehr - Bataillons ' Veranlassung zu Reclama-
tionen gegeben habe. Als der angeredete Major
dies dahin beantwortete, daß viele Reclama-
tionsgesuche eingegangen, nahm Se. Maj. Ver-
anlassung daraus hinzuweisen, wie es ja seit
lange sein Bestreben sei, die Llteren Lcute zu
erleichtern, daß aber das Abgeordnetenhaus so
verblcndet sei und Seine für das Wohl dcs
LandcS getroffene Neorganisation nicht bewil-
ligen wolle. Nach so staunenswerthcn, glor-
reichen Erfolgen sei das wirklich unbegreiflich,
aber freilich werde das nicht anders werdcn,
so lange man solche Leute in die Kammer
schicke, da könne die Regierung sich noch'so schr
abmühen, das helfe aber nichts. Sodann nahm
der König Veranlassung, darauf hinzuwcisen,
daß cr eben nach Stralsund zu dem Vereini-
gungsfeste gehe, um den Dank der Provinz
entgegenzunehmen, den seine beiden Vorgänger
in der Regierung sich erworben. Jm Lande,
wisse er, müsse es doch nicht so schlimm sein,
wie man es mache, im Rheinlande habe man
ihm unendlichen Jubel und die herzlichsten
Dankesworte entgegenbracht, und so überall,
wohin er auf seiner Reise gekommen. Sodann
fragte Se. Maj., wie hier zuletzt gewählt sei,
und als berichtet wurde, daß die Wahl liberal

ausgefallen sei und auf weitere Frage die Na-
men dcr Gewählten genannt wurden, wies
Se. Maj. in ungnädigem Tone darauf hin,
daß das nächste Mal besser gewählt werden
müsse. Man solle dies sich ja recht dringend
einprägen und nicht wiedcr dieselben Adgeord-
neten schicken." (Jn Anclam wurden bekannt-
lich bci den letzten Wahlen für die gegenwär-
tige Sitzungsperiode Staatsminister a. D. Graf
Schwerin, MichaeliS und Consul Müller ge-
wählt.)

Die Berliner -„Kreuzzeitung" schreibt aus
Wien, daß dort in Bälde eine Art von inter-
nationalem Congreß katholischer Schriftsteller
und Journalisten abgehaltcn werde. Man soll
in diesen Kreisen mit dem Plane umgehen, in
allcn größeren Städten Correspondenz-Bureaur
zu errichten, und auf diese Weise die katholische
Journalistik in eine engere Verbindung zu brin-
gen und ihren Einfluß zu heben.

Jn der A. A. Z. spricht sich nun auch ein
bayerischer Staatsmann für die Anerkenuung
des Königreichs von Jtalien durch die deutschen
Mittelstaaten aus.

Der „Leipziger Zeitung" wird aus Wien vom
7. Juni geschrieben: „Jn der Herzogthümer-
frage spricht man von Verhandlungen, die
zwischen Oesterreich, den Mittelstaaten und dem
Hcrzoge Friedrich stattfinden sollen und den
Zweck haben, die Concessionen definitiv festzu-
stellen, welchc der Herzog, vorbehaltlich natür-
lich dcr Zustimmung der Stände, an Preußen
machcn kann. Der Kaiser Franz Joseph würde
es dann auf sich nehmen, dieses Programm in
Karlsbad dem König von Prcußen gegenüber
zu vertreten. (Vergl. Wien, 13. Zuni.) Rends-
burg alS BundeSfeftung,^die Benutzung des
Kieler Hafens, die Oberaufsicht über den Nord-
Ostseecanal und der Eintritt der Hcrzogthümer
in den Zollverein dürften die Hauptpunkte dieses
Programmes bilden."

Nach einer Mittheilung der „Postztg." aus
Wien, welche die Rcdaction mit gesperrter
Schrift auszeichnet, wofür wir jedoch keinerlei
Verantwortung übernehmen möchten, soll sich
der Großherzog von i^ld^iburg während seiner
nculicheü Anwesenheit EDerlin crklärt haben,
das ganze Großherzogthum Oldenburg mit
voller Souveränctät an Preußcn abzutreten,
falls Preußen ihm zum Vollbesitz der Herzog-
thümer Schleswig u. Holstein verhelfen würde,"
und es soll auf der hier angedeuteten BasiS

Aus Andrem Iohnson's Leben.

Vor 7 Iahren erzählte man sich in Tenneffre
Anekdoten voi> Iohnson's kaltblütigem Muthe.
Ein 'Augenzeuge erzählt, daß er eines Morgens
einen Anschlog in der Stadt sah, in dem wohl-
bekannten Style von Alt-Tennessee, baß Andy
Ansichtigwerden" erschoffen werden

Freunde des GouverneurS versammelten fich in
seinem Hause, um ihn nach dem State-House zu
begleiten. „Nein", sagte er, „meine Herren, wenn
auf mich geschossen werden soll, so wünsche ich, daß
Niemand der Kugel im Wege ist." Er ging allein
und^ungewöhnlich M Zeit nehmend, nach seinem

Ein änderes Mal war er als Redner über eine
der aufregenden TageSfragen angekündigt, und
laute Drohungen wurden hörbar, daß, wenn er
wage, zu erscheinen, er den Saal nicht lebendig
verlassen solle. Zur angesetzten Zeit bestieg er die
Plattform und zum Ttsche vortretend, legte er
seine Pistole auf dirsen und redete dann die Ver-
sammlung ungefähr folgendermaßen an:

„Mitbürger! Es schickt fich, daß wenn freie
Männer sich zur Berathung wichtiger öffentlicher
Intereffen versammeln, AUeS mit Anstand und
Ordnung hergeht. Man hat mich unterrichtet, daß
ein Theil der hier abzumachenden Geschäfte in der
Ermordung des Indtviduums bestehe, der die Ehre
hat, zu Euch zu sprechen. Ich beantrage ergebenst,
daß dieS zum ersten Geschäst der Tagesordnung

zu diesem Zwecke hierher gekommen ist, so sage ich
zu ihm nicht: laßt ihn sprechen, fondern laßt
ihn schießen."

Hier hielt er inne, die Rechte an der Pistole,
mit der Anderen seinen Rock aufhaltend, während
sein Auge wild über die Versammlnng lief. Nach
eincr Pause von einer halben Minute fuhr er
fort:

„Meine Herren, es scheint, man hat mich falsch
berichtet. Zch will jetzt zu dem Gegenstande über-
gehen, der uns hter zusammengeführt hat." Und
dies tbat er mit aller seiner gewohnten Kühnheit
und Lebhaftigkeit, seine Gegner nicht schonend,
sondern eS ihnen auf gut Teneffeeisch gebend.

Obgleich früher Schnetder, tst er ketn eingebil-

deter Emporkömmling (Snob). Bald nach feiner
Jnauguration alS Governor von Tennessee be-
schenkte ihn ein hoher Beamter deS StaatS, der

eleganter Feuerutensilien, die er selbst gemacht
hatte. „Jch werde mtch in gleicher Weise bri ihm
abfinden", bemerkte der Governor. Er kaufte vom
feinsten schwarzen Tuche, das tn Nashville zu haben
war, verschaffte sich Schnetderwerkzeug, erhielt vom
Schneider des RichterS drssen Maß und machte ihm
einen vollständigen Anzug zum Geschenke, an dem
er jeden Stich selber grthan. Die ganze Arbeit,
erzählt man, wurde im Governor-Zimmer deS
State-HouseS gemacht. Und der glückliche Em-
pfänger erklärte, daß ihm der Anzug trefflich säße,
und hatte ihn im Jahre 1850 nock (Hermann.)

St. Petersburg, 5. Auni. Heute fand die
feierliche Ueberführung der Leiche des dahingeschie-
denen Großfürsten Thronfolgers Nikolai Aleran-
drowltsch von dem Landungsplatze am englischen
Quai nach der Peter-Paul-Kathedrale in der
Festung, der lehten Ruhestätte der Mitglieder der
rusfischen Kaiserfamtlte, statt. Die Trauer deS
 
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