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Heidelberger Zeitung — 1865 (Juli bis Dezember)

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Nr. 283-207 December
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Zetzt ist durch Selbstanzeige herausgekommen,
daß ein Finanzasseffor Osaun, ein tüchtiger
Bergmann. anscheinen^ ausgebracht über die
lediglich auS Rückstcht auf die Verwandtschaft
mit Wermuth erfolqte Ernennung eineS Man-
neS, die Correspondenz verfaßt habe. Osann
denuncirte sich selbft, alS er vyn den Maßregeln
gegcn den Oberrevisor hörte, reistc dann aber
schleunigst ab, um nicht die mit Arbeits- oder
ZuchthauS zu ahndende Strafe der Majestäts-
beleidigung zu erleiden, und hat jctzt von Eng-
land auS scine daselbst erfolgte Ankunft nnd
seine Absicht, nach Mexiko zu gehen, angezeigt.

(N- Fr. Z.)

Kiel, 29. Novbr. Eine recht pikantc Ge-
schichte bildct hier seir einigen Tagen daS Stadt-
gespräch. Man erzählt sich nämlich von cinem
eigenthümlichen Versuch Preußischcr ScrtS, sich
Kenntniß von den Papiercn des Geheimraths
Samwer zu verschaffen. AlS Mitwisier des
Plans, resp. an dcr AuSfnhrung betheiligt,
werden zwei höhere preußische Offiziere bezeich-
nel. Die vorliegenden Beiveife soüeu so voll-
ständig sein, daß die Möglichkeit eineS Jrr-
thum» ausgcschlosten ist. AlS characteristisch
für die hiesige Stimmung führe ich noch an,
daß man sich im Allgemeinen faft nicht so
sehr über die Sache sclbst, die doch glücklicher-
weise eine iu militarischen Kreisen ziemlich un-
erhörte ist, als darüber wundert, daß sie nicht
den Gerichten überwiesen ist. Freilich mag es
seiu Bed-.nken haben, die MilitärgerichtSbarkeit
zu erproben.

Dic „SchleSwig-Holsteinische Zeitung" fügt
bei: „Wir ersparen unS jeoen Zufa^. Die
Thatsachc, die wir berichten — denn eine
Thatsache, das wiederholeu wir, ist cS —
steht ohne Beispiel; sie bekundet vor Europa,
mit welchem Syftem mir zn thun haben; ste
beweist aufs Neue, daß der Rechtskampf unse--
reS Landes im höchsten Sinne cin sittlicher
Kampf ist "

Hadersleben, 29. Novbr. Außer der
Tödtung deS deutschen Sattlergesellen sind noch
zwei Verwundungcn anderer Gesellen vorge-
fallen. Die Anzcigen wider ein verhastetes
Clubmitglied mehren sich. (N. C.)

Wien, 27. Nov. Die hcutigen telegraphi-
schen Berichte auS den Landtagen lenkcn unsere
Aufmerksamkeit auch auf die kleincn Landtage
von Krain und Görz. Jn Laibach (Krain)
hatte der Führer der slovenischen Partei und
Apostel dcS noch nicht entdecklcn LandeS Slo-
venicn, Dr. Bleiweiß, den Antrag auf eine
Dankadreffe für daS September-Patent cinge-
bracht und war dabei von dem slovenischen
Dichter und Handelskammersecrctair Lovro To-
mann auf daS Nachdrücklichste unterstützt. Dcr
Antrag solltc nur zur formellen Vorbehandlung
gelangcn; da erhob sich der wackere Vorkampfer
der freiheitlichen Entwicklung des Staates, Graf
Anton Auersperg, und bcantwortcte dcn Adreß-
antvag mit dem anch in der Mehrzahl dcr an-
deren Landtage eingebrachten Antragc auf Nie-
dersetzung eines AuSschusseS, wclcher dic Nück-
wirkung dcs Septomber-Patentes anf das Wohl
des Landcs zu prüfen hat. Dieser Antrag
wurde nach Verwerfung des AntrageS auf eine
Dankadreffe (mit 18 gegen 14 St.) mit 17
gegen 15 St. zum Bcschluffe erhoben. So hat
sich denn auch das Land Krain der großen
Reihe der verfaffungstreuen Länder der Mo-
narchie angeschlossen.

Wien, 29. Nov. Reber die Betheiligung
Oesterreichs an dem neuen Anlehen giebt die
Wiener Äbendpost nachstehende Daten: Bei
der Eentralcasse waren im Laufe deS 27. No-
vember subscribirt worden: 4480 Stück Obli-
gationen; bei der Nanonalbank 11,367 St.;
bei der Anglo-Oesterreich. Bank 12,659 St.;
bei der Bvdcncrehitanstalt 6913 St.; bei den
Filialen und bei Lämmel in Prag zusammen
2244 St., dazu nachträglich noch 1154 Stück.
Die Gesammtziffer der heimischen Beträge be-
lauft sich also auf 40,917 ObligationeU im
Nominalwerthc von 20,458,500 Franken und
.8.183,400 fi.

F r a n k r e i ch.

Pnris, 29. Nov. Jn Lothringen, nament-
lich in eer alten Hauptstadt dieseS Herzogtbums.
Nancy, wird geqenwarlig lcbhaft über die Frage
vcrhaudelt, ov im Iahre 1866 die hundertjäh-

rige Vereinigung LothringenS mit Frankreich
feicrlich begangen werden soll, oder nicht. Der
Moniteur de la Meurthe muntert dazu in fol-
gender Wcise auf: „Sind dic Lothringcr ge-
ncigt, 1866 ein erstes Jubiläum zu feiern, wie
vie Elsäßer im Iahr 1848 bcreitS ihr zweiteS,
oder, besser gesagt, wollen sie sich als gute
Franzosen zeigen, wie unsere Nachbarn in den
Rheinprovinzen sich im vergattgcnen Frühling
al« entschiedene Preußen gezcigt haben?"

Paris, 30. Nov. Die Wochenbilanz der
Bank von Frankrcich zeigt eine Zunahme des
Baarfonds um 3^/z, deS Portefeurlle um 47,
dcS NotenumlaufS um 32 Mill. Fr.

E n g i a u -

Dublin, 29. Novbr. Der Lordlieutenant
hal den Gouverneur des GefLngnisseS von
Richmond seines AmteS entsetzt. — Der Pro-
zeß Lubz dauert forl. Polizeiageuten und an»
dere Zeugen sind verhört wordcn. Der alS
Zeuge verhörle Spion Nagle sagt aus, daß er
vou StephenS nach Amerika gesandt morden
ift, um Mahoney zu suchen. Er hat während
sünszehn Monatcn der Regierung Berichte über
die Fenier zugejchickt. — Die große Jury hat
erklärl, es lägen gute Gründe vor, Slephens
zu verfolgen. Es ließcn sich bei dieser Gelegen-
heit im Auditorium Hohngelächter hören.

Neueste Nuchrichten.

Altonu, 1. Dec. Der „SchleSw.-Holst.
Ztg." geht auS Kiel oie Miltheilung zu, daß
Hr. S>amwer veranlaßt war, einen Boten zu
entlassen, der von gewisier Seitc bestochen war,
über Alles, waS in den Burcaus vorging, fort^
laufend zu berichlen. Wie man hört, lägen
Papiere vor. welche die Bestechung des Bolen
fowie eincn theils vorbereileten, theils auSge-
führtcn Briefdiebstahl außer Zweifel stellen. S.
Kiel, 29. Novbr. »

Londvn, 1. Decbr. .Hr. Brighl hielt in
Vlackburg eine Rede, in welcher er die Reform-
bill von 1860 befürwortete, sein Vertraucn zu
dem Russell'schen Cabinet aussprach und dit
vom Gouvcrnemenl von Jamaica .rgriffeneu
Maßregetn Juslizmord nannle.

Brüftet, 4. Deebr. Die Nachrichten vom
Bcfinben des KönigS sind besorgnißerregend.
DieBeine siud stark angeschwollen. Die Aerzle
erklaren einstimmig, die Kräfte deSKönigs er«
lauben keine neue Operation.

x Heidelberq, 2. Dcc. AuS Beranlas-
sung der vorgestern stattgchabten Abgeordueten-
wahl bewegtc sich gestcrn Abend ein solenner
Fackelzug, vem sich die hiesigen GesangSvereine
anjchlossen, vom Karlsplatze. nach der Wohnung
des Hrn. Bürgermeisters Kraus mann. Da-
selvst angekommen, ergriff Hr. Fabrikant Metz
das Wort und verlieh der allgemeiuen Stim-
mung ber hiesigen Einwohnerschast warme vom
Herzen kommende und zu Herzen gehende Worte.
Der Rcvner dnnkte zunächst dem Hrn. Kraus-
mann für seine aufopfernde achtjährigc THLtig-
keil alS Abgeordneter. Er erwähnte ferner in
lresfenden Zügen der 9jährigen Wirksamkeit deS
Gescierten als erfter Bürgermeister der Stadt
und waö währenv derselben zum Nutzen und
Wohle Heidelbergs geschehen und wie deren
Znteressen gefördert worden seien, wie er un-
ermüdlich läglich seine Kräfte ohne Rücksicht
auf seine Gefuudheit dcm Wohle seiner Mit-
bürger gewidmet, daß er Jedermann, ohne
Unlerschied des Standes, ein freundlich, liebe-
voller Nathgeber gewesen sei und daß er sich
dadurch eine unwandelbare Licbe und Vereh-
rung der Bürger der Stadt erworben habe.
DaS Hoch auf Hrn. Krausmann. womit Herr
Metz seine Rcde schloß, halltc tausendsach wie-
der. Sichtbar ergriffen, dankte ver Gcfeierte
für die ihm dargcbrachken Gesinnungen und er-
wähnte besonderS, daß altein der so laute und
chrenvolle Ruf des größten TheileS seiner Mit-
bürger, die Vertretung unserer Stadt wieder
zu übernehmen, ihn zum Entschluß der An-
nahme bcstimmte. Die dargcbrachte Ehrenbe-
zeugung sei idm ein Bcweis, wie sein Entschluß
in der Bürgerschaft aufgenommen worden und
daß solche Kundgebungen die beste Antwort auf
persönliche Vorurtheile von einer oder auf un-
wahrc Anfeindungen einer andern Seite seien;
für ihn wären sie eine Aufmunterung, dcn seit-

her von ihm betretenen Weg auch ferner treu
seiner Ueberzeugung init Muth und Kraft zu
verfolgen; er sei gewiß, daß dieser Weg zum
Wohl und zur Eh»e unsercs Baterlanves, zum
Heil und Segen unscrer Sladt führe. Er
schloß mit einem Hoch auf die Stadt Heidel-
berg und ihre wackerc Bürgerschaft, in welcheS
die Anwesenden mit Jubel eknstimmteu.

Der lange Zuq von mehreren 100 Fackel-
trägern begab sich alSdann nach dem Karls-
platz, wo die Fackeln vcrbrannt wurden.

Den Schluß der Feier bildele ein Ban-
ketl in der Halle zum „Faulen Pelz" . welche
zu diesem Zwecke festlich mit Kränzcn und Guir-
landen, sowie mil Bildnissen unseres LandeS-
fürsten und unseres Bürgermeisters geschmückt
war. Auch hicr wnrvx noch unseteS Abgeord-
neten zunächst von Hrn. Philipp Mayer in
einem Trinksprnch anerkennend und dankbar
gedacht, nameutlich auf daS Vertrauen hinge-
wiesen, welchcs die Stadl nnerschütterlich an
ihren ersten Bürgermeister feffelte. Hr. Kraus-
manu erwiederte, daß er schou bei seinem er-
sten Dank, den er an dic vor seiner Wohnung
versammelte Bürgerschaft ansgedrückl, so tief
ergriffen und bewegt von dem ihm dargebrach-
ten auftichtigen Beweise der Anerkennung ge-
wesen sei, daß er kaum Worte gefundcn und
noch finben könne. um das auszusprdchen, was
in diesem Augcnblick sein Jnneres durchdringe.
Er gevachte in herzlichen und dankenden Wor-
lcn derer, die ihm Gelegenheit gegcben, sich all'
diese Liebe und Anerkennung zu verdienen und
schloß mit einem Hoch auf die Urwähler det
Sladl. Noch verschiedene anderc stnnige Toaste
wnrden ausgcbracht, u. a. von Hrn. Metz auf
die anwesenden Beamtcn als Gäste, worauf
Hr. Stadtdirector Rcnck mit einem unter un-
cuvlichem Jubel aufgenommenen Trinkspruch auf
ein freieS und sclbststandiges Bürgerlhum ant-
wortete. Die ganze Versammlung verweilte
unker Musik und Gesaug in heiterer gchobener
Stimmung noch lange in den geschmückten Räu-
men, welche der Gefeicrte mit einem kräftigen
Zuruf zur Einigkcit der Bürger HcidelbergS
vcrließ. DaS ohue die geringste Störung
verlaufene wahre Bnrgerfest wird Allen noch
laUge in ftcundlicher ErinUerung bleiben.

Manttheim, 30. Nov. Der Redakteur
der Mannheimer Familienblättcr Herr H. Ungar
erhielt heute iu der Anklagesache deS früheren
UntersuchungsrichterS Hrn. Babo wegen Ehreu-
kränkung durch Urtheil dcs Krcis- und Hof-
gerichtS vier Monate Kreisgefängniß. Der
Anktäger Hcrr Babo wurde beim HerauStrelen
auf Vie Straße von cinem Theile der Anwe-
scnden mit Zeichen des Mi^fallens empfangen.^
(M. J.)W

Aus Badeu. Der aüerhöchsten Ordre.
welche S. G. H. den Prinzen Wilhelm zum
Armeccorpscommandantcn crnannte, ^ist einc
Dienstvorschrift beigefügt, welche im Haupt-
sächlichen bestimmt: Das Armeecorpscommando
ist das oberstc Truppencommando und die den
Waffencommandos zunächst vorgesetzte Dicnst-
stelle. Jn Allem, was die Ausbildung der
Truppen, dcrcn disciplinarische Erziehnng, so
wie den äußern und innern Dicnst betrifft,. ist
eS dem obcrsten Kriegsherrn unmittelbar ver-
antwortlich; alS Dienststelle ist es dem Kriegs-
ministerium untergeordnet und erhält vo-r die-
sem die Weisungen bezüglich der Verwaltung
deS Personellen, der Militärgerichtsbarkeil und
der Militärökonomie. Der Verkehr des Armee-
corpscommandanten mit dem Kriegsministerium
bewegt sich in der Form coordinirter Stellen.
Der Commandant kann zweckmäßig erscheinende
Personalveränderungen bei dem Kriegspräsi-
denten beantragen, an Osfiziere und Soldaten
Urlaub auf 3 Monate, bez. 30 Tage, in das
Jn- oder Ausland ertheilen, Kriegsgerichte über
Offiziere und Soldaten berufen, Urtheile, in
welchen gegen Offiziere bis zu 4 Wochen
Wacharrest und gegen Unteroffiziere und Sol-
daten cine die Zuständigkeit deS Regiments-
commandoS übersteigende Dunkelarreststrafe oder
auf Degradation erkannt ist, bestätigen. Jn
Verhinderungsfällcn wird er dcn Chef seines
Generalstabes mit der Hinausgabc seiner Be--
fehle und Erlasfe beauftragen. Der Gencral-
stab ist ihm beigegcbcn und cbenso ein Beam-
1er der Militärjustiz. . ^
 
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