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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 26-49 Februar
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Uridrllmger Irilung.

Kreisverßiildigungsblatt sür öen Kreis Heidelberg und amtliches Äerkünöignngsblatt für öie Amlü- unö AmtS-
Gcrichtsbezirkc Hcidclbcrg und Wicsloch unö dcn AmtSgerichtSbezirk Ncckargemüiid.

Nk. 28 Samstag, 3. Fcbruar 18KS

Auf die „Heidclberger
^ Zeitung" kann man sich

nock für die Monate
Februar und März mit 42 Kreuzern abonnireu
bei allen Postanstalten, den Boten und Zei-
tungstragern, sowie der Expedition (Schiffgasse
Nr. 4).

* Politifche Umfcha«.

* Nach den ncuesten Nachrichten aus PariS
soll die Veröffentlichung der Seward'schen De-
peschen (in Betreff dcr amerikanischen Frage)
den Kaiser Napoleon III. auf's Empfindlichste
vcrletzt und zu dem definitiven Entschlnsse ver-
anlaßt haben, sich von den Vereinigten Staaten
keine Concession, geschweige 'einen Nückzug auf-
dringen zn lassen. Er soll nun den Krieg mit
Amcrika nicht mehr für unmöglich halten, son-
dern einc Tactik entdcckt haben, mit welcher er
einen solchcn Krieg nicht zu scheuen brauche.
Ein Kriegsschiff geht ab, um nach Washington
eine Note zu bringen, welche der dortigen Re-
gierung keincn Zweifel belassen wird, daß das
Kaiscrthnm durchaus kcine Demülhigung oder
Nöthigung ertragcn kann und will. Ganz hic-
von abgesehen, dürftc noch folgende Bemerkung
am Platze scin: Prüft man in der That die
rechtliche Begründung der sog. Monrocdoc-
trin ohne Vorurtheil, so wird solchc vor
dem Völker- und StaatSrechte nicht Stich hal-
ten. Die von dem vormaligen Präfidenten
Mofiroe aufgeffcüte Theorie (worin Europa den
Europäern, und Amerika dcn Amer kancrn,
d. h. der Union gehören soll), ist bis jetzt von
keinem andern Staate ausdrücklich odcr still-
schweigend gutgchcißcn worden, sie hat nirgcndS
Vertrags-Natur erlangt, sondcrn enthält einen
einseitigc)! Entschluß der Unionsregierung.
Die einzig corrccte Handlizngsweise in Bezug
auf Mexico wärc die, das mexicanisch'e
Volk selbst ausmachen zu laffen, ob es die
Hcrrschaft des Kaisers Max beibchalten will
oder nicht; hiebei ist cine Jntcrvcntion der Union
so wenig statthaft, als eine von Sciten Frank-
reichs. Abcr leidcr wcrdcn auf diescr unvoll-
kommenen Welt die Streitigkeitcn der Völker
überhaupt sclten nach den Normcn deS Ncchts,
vielmehr nach Willkür, Laune, Opportuni-
tät rc. entschieden.

Der „Pesther Lloyd" behauptet mit Bestimmt-
heit, daß eine Allianz zwischen Frankrcich und
Ocsterreich „nunmehr" förmlich bejchlossen sei.

Die Thronrede in Versen.

Man bat der jüngsten feierlichen Ansprache Na-
poleon'S an seine Kammrrn, welche bekanntlich
reich an intereffanten AparlcS für daS nichtfranzö-
stsche Pnblikum gewesen, so viele merkwürdige Sei-
ten bereitS abgewonnrn, daß man glauben sollte,
eS set in dieser Bezirbung ein Mehr rein unmöglich.
Ein norddeuticher Schaik indeffen, der Zeit dazu
hatte, geht hierin von einer ganz origiiiellrn An-
stcht aus, mnd läßt Napolron zur Abwechslung eine
Metrische „Bearbeitung" angedeihen. Jst in der
Regel die Prosa klarer alS das Gedickt, so wird
Riemanv den folgendrn Versen abfprechen, daß fie
den inrimsten Gedanken drS französischen HerrscherS
einen writ undiplomatischeren, d. i. deutlickcren
Ausdruck verleihen, als der officielle Trrt drS Te-
legraphen uns zu birten vermochte. Wir wiffen
nicht, ob dem französischen Hofe diese burschikose
Auffaffung besonders behagen würve; daß fie den
deutschcn Leser nicht unangenebm berühren wirv,
steht außer Frage, da die Thronrede fich in dteser
grbundenen Sprache wett amusanter ausnimmt,

Zwei Tage nach Eröffnung der französischen
Kammern habe der Hcrzog von Grammont dem
Grafen Mcnsdorff dahingchcnde Eröffuungcn
gemacht.

Die Berlincr „Nationalzeitung" schrcibt:
„Dem Vernehmen nach hal daS Plenum deS
Obertribunalö sich gestcrn für die Zulässigkeit
der gerichtlichen Versolgung von Adgeordneten
wegen ihrer in der Kammer gehaltenen Neden
ausgcsprochen, so daß also die Untersuchung
gcgen bie Abgeordneten Twesten und Frcu-
zel »ingeleitet werden wird. Hieruach werden
die Gerichte in Preußcn in Zukunst die Grän-
zen abzustccken habcn, innerhalb dercn daS
Parlament seine constitutionellen Befugnisse zu
üben hat. Hiermit wäre dcnn dcr preußische
Parlamentariömus mit eiuer Eigenthümlichkeit
auSgestattct, die ihu von jedcm andern in der
alten und neuen Welt unterscheidct. In. diesem
Falle hat nicht einmal das napoleonische Sy-
stem die Wege gcebnet und das Beispiel zu
Schriltcn in das Unbekannte gegeben. Jn
Verbiudung mit der Verorduung, welche dem
Hcrrenhausc in ftiner gegenwärtigcn Gest-tt
den Stcmpel der Unveränderlichkeit aufdrückt,
ist diesc ueue GerichtSpraxis allerdings geeig-
net, dcr Uebcrzeugung allgemciucn Eingang zu
verschaffen, 5aß unsere StaatSzustände dcn Cha-
raktcr eincs Proviioriums tragen."

Das neueste Urtheil dcs preuß. Obertribu-
nals hat im ganzen Laude, iu ganz Deutsch-
land tiefen Eiudruck hervorgcbracht. Die prcu-
ßischen Abgeordncten sclbst sind nicht wenig
darüber bctroffen. Und wir finden dicS schr
natürlich. Wie kann eine VolkSverlretung frei
ihrc Psticht erfüllen, wenn daS Dämoklcsschwcrt
fortwährend über ihrem Haupte schwcbt, vor
Nichter geschleppt zu werden, wclche dem cnt-
gcgeustehenden Theile ihre Ernennung zu ver-
danken, welche von ihm Bcfördcrung, Aus-
zcichnuug, Bcgüustigung selbst ihrer Angchöri-
geu zu hoffen, odcr hinwieder dcren Nichtan-
stcllung, eigene Nichtbcförderung vder Pensio-
nirung zu fürchten habcn! — Dcn prcußischcn
Abgeordneten dürfte sich aber dabei nebcnher
doch noch eine Frage aufdrängen. Sie fordcrn
Anerkenuung ihreS NechteS. Haben sie aber
auch das Jhrige gethan zur Ancrkcnnung des
Nechtcs Auderer, dcö Schleswig - Holstein'schen
Volkcs? Und können, fragt die „N F. Z ",
diejenigen, welche — aus schuöder Vcrgröße-
rungölust — das Necht Andercr nicht achteteu,

die Achtung chres eigenen RechteS fordern? —
Jm Ucbrigen fprechcn wir mit vollster Ueber-
zeugung auS: Es ift weniger schlimm für ein
Land, gar keine Verfassung zu haben,
als eine solche nur zum Scheine, wie eS heute
in Prcnßen ver Fall ist.

Bei cinem Bankctte, welcheS bei dem Lord-
mayor iu Dublin stattgcfundeu, hat dcr Lord-
licutcnant von Jrland eine Rede gehalten, in
der er erklarte, die Regierung wcrve vor keinex
Maßnahme zurückschrccken, um die öffentliche
Nuhe zu wahren.

Die italieuische Negicrung legte der Abge-
ordnetenkammcr den Gesetzcntwurf in Bczug
auf dieAufhcbung derreligiöscn Gcnossenschaften
und die Derwendung ihrer Güter vor.

Die spanische Negierung hat im Scnate er-
klärt, daß sie zwar Ersparnisse im Budget
einführcu wolle, aber weder den Bestand deS
Heeres verringern, noch dessen Organisation
Lndern werde.

Aus Madrid wird nenestenö gemcldet, daß
die dortige Negierung der Deputirtenkammer
Gesctzentwürfe gegen die Presse und die Vereine
vorgelegt hat, die im Publikum einen übeln
Eindruck machen.

D e n t s ch l a n d
s-f) Karlsrutze, 30. Jan. Jn dcn euro
päischcn Großstaaten ist der Aufwand für das
Militärwesen gegcnwärtig durchschn'lttlich auf
40, in Nußland sogar bcrcitS übcr 50 pCt.
aller eigentlichen Staatsausgaben gestiegen.
Gleich nach Nußland erschcint Prenßen mit
sciner neucn Militärorganifation, die dem Lande
faft 44 Proccnt scincs öffentlichcn Einkommens
wegnimmt; eS erklärt sich hicraus schou hin-
länglich, wie diese kostspielige. die Kräfte des
LandcS weit übersteigende Organisation dcn
Ausgang der gcgenwärtigen bedanerlichcn Wir-
reu des preußischcn Staatcs werden konnte.
Eine so knnsUiche Uebcrspannung nach einer
Sritc hin mnß noilwindig znr baldigcnAb-
spannung führen, wenn es einmal wirklich zur
ernsteu That kommt!

Zu dem was der Staat unmittclbar für das
Milltärwesen aufwendet, kommen nun aber
noch die großcn Opfer, welchc hierbei die Ein-
zclncn und dic Familien zu bringen haben.
Es mag für eine Klasse von Staatsangehörigen,
ven Adel, selbst einen Thcil des Beamten- und
höhern BürgerstandcS gauz angenehm und will-

als dic officiclle, angeblich in nngebundener Rede
gchaltene, vor dem Eorps LegiSlatif.

E r sagt also:

Ihr alle seiv jrtzt um mich her vers-immclt,

So lange IchO mein Op»s nicht gestammelt,

Wird eurer kein«r sciiiks Lcbrns frob,

Denn heut isi ja jedwede Tdur verrammrlt,

Die ick nicht öffne — warum ist es so?

Ich will's euch s.igen, ob eS glkich mick daure:

Die ganze Wclt hat ja vor Mir heut Maure! *)

Und auch mit GrUnd, kenn wenn Ich mich nur rege,
Alö flotter Hrckt im ftillen Karpfknteich,

Wte ich zuweilrn grrn zu th»n ks pftrge,

Dann gibt rS,,Leben in der Bud'" soglnch,

M<in rknnt umher, man sorscht nnck Mcinkm Wege
Unv zweifrlnv, angstvoll frägt fich Arm und Reich:
Was wird Er sprechcn in gewrihtr» Hallen,

Und werdcn die PapiercherS darauf fallen?

So hört, ihr wißt, eS war mein groß Schlammassel,
Daß Ich »ach Mrxico mich hin vrrirrt,

Den Bruder Ionathan sckrcckt nicht Gerassel
Von Meinem Degen, wenn er laut auch klirrt;
Mir tst zu Muth, wie jenrm dort »n Kaffrl,

Das heißt: Ich bin ein biSchen sehr verwirrt,

*) Furcht. Anmerk. eineS oriental. SetzerS.

Mir frißt ver Aerger täglick an der Leber,

Gern möckt'Ich ihm auf's Fell — begreift ibr'Swohl.
Doch ack. nicvt fttz' ich an den Kriegeshrber,

An vicses Faß — es ift mir viel zu voll,

Unv darum sag' Ich: brssrr ist'S, ick gehe,
Jedweder sehe zu — ob er dann fall', ob stehe!

Dies wäre nUn der Sckkuß von der Gefchichte,
Die Mir unv euch sckwcr anf dem Herzen lag,
Indeß von PapstenS lieber ich berickte,

Weil den^iioch lang^nicht sckeint der „lctzte Tag".

Das man genannt: Septembermonds-Vertrag,
Doch wißt: Das war nur alles pure Flause
l Und meine Truppen gehn noch nicht nach Hause!

^ Zürnt Victor Hrob, so werd' ich zn ibm rufen:

! Mein Freund, zu handeln wär jetzt hobe Zeit,

! Denn wacklig schr find Deinrs Tbrones Stufen,
Dic Wühlcr find z» stürzen ibn bercit.

Frilch drauf — soll ich erst ärgcrlich nock fiuchen:
Frisch — mille wnneres! Decrmber ist noch
writ,

Doch läßt sick auch, verstrht man nnr die Sachen,
Zm Frühjahr schon ein StaatSstreich prächrig machen!
 
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