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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 50-75 März
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0264
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denten de« FinauzministeriumS schon bei Bor-
lage des neuen Budgets angeregte Hoffnung
aus Herabsetzung dcr LiegenschastS-
Accisc, wonach man schon lauge strcbe, in
Erfülluug gehen weroe. StaatSrath Vogel.
manu crktärte hierauf: auc^ er theile diese
Hoffuung; aber AngesichtS der sehr bedeuten.
den Forderungen deS außerordentlichen Budgets
mit fcinen noch mehrere Jahre fortlaufenden
Posten für Katastervermeffung, für Straßen-
und Flußbavten u. a. halte er es für nicht
räthlich, in jctzigem Augenblicke schon an eine
Minderunh der Stcuern zu denken.

WaS die Staatsschuld entilg ung be-
trifft, so hat Baden seit einem Zeitraum von
30 Jahren auS der StaatSkasse

1) für die Zehntablösung rund 14 Mill.;

2) für die Bescitigung anderer feudaler La-
sten etwa 5 Millionen;

3) für die Nhein^orrcction nahezu 12 Mill.,
zusammen also 31 Miü. Gulden aufgewendet,
und dies alles ohne Belästigung deS LandeS
und ohne Beeinträchtigung deS gewöhnlichcn
StaatSaufwandeS.

Neben diesem außergcwöhnlichen Aufwand
ist die eigentliche Staätsschuld durch regelmä-
ßige Amortisation bereits auf rund 16,160,000 fl.
reducirt worden. Abcr aych letztere Summe
ist zum weit größeren Theil nur eine fingirte,
nicht eine wirkliche Schuld. Denn eS sind da-
bei eingerechnet ganz unverzi n s liche oder
solche Bcträge, die der Staat lcdiglich sich selbst
schuldet, so z. P., unser Papicrgeld mit
2^/2 Mill. Gulden, dasGuthaben deS Do-
män engrundsto cks an die Staatskasse mit
fast 7^/, Millionen, die als Schuld in der
StaatSrcchnung fortgeführt wird, in Wirklich-
keit abcr keine solche ist. Werden nun diese
unverzinslichen Bestandtheile mit mehr alS
12^/z Millionen an der angegebenen Haupt-
summe der Staatsschuld abgezogcn, wie sie
denn eigentlich auch abgezogen werden müssen,
so bleibt alS wirkliche, d. h. an Privatgläu-
bigcr zu verzinsende Staatsschuld der unbe-
deutcnde Betrag mit nicht ganz 3*/, Millionen
Gulden.

AnderS verhält eS sich freilich mit unserer
Eisenbahnfchuld. Diese ist gegeuwärtig
auf nahezu 81 Millionen angefchwollen. Aber
der Bericht bemerkt hierbei nicht mit Unrccht,
daß wegen der guten Nentabilität unserer Eisen-
bahnen diese Schuld fast mehr als ein Activum
alS ein Passivnm zu betrachten sei. Wenig,
sten» ist dies zur Zeit noch der Fall. Auch
unterliegt eS keinem Zwcifel, daß Baden sich
dieser Schuld sofort entlcdigcn könnte, indem
eS an Licbhabern zum Ankauf unsercr Bahnen
nicht fehlen würde; sicherlich könnte der Staat
noch einen den gcsammten Eisenbahnaufwand
übersteigenden Erlös erzielcn.

-h-f Konstanz, 7. März. Gestern verließ
unser seitheriger erster evangelische Geistliche
dahier, HerrStadtpfarrerJeep, unsereStadt,
um die ihm übertragene Predigcrstclle in der
Stadt Äraunschweig anzutreten. Wir verlie-
ren in ihm einen gewissenhaften Seelsorger und
tüchtigen Kanzclredner, dcr sich sowohl um seine
eigene Gemeinde, wie auch um die Gemeinden

seiner lrtzten Arbeit begonnen. Die biographischen
Thatsachcn brhrrrschen hier nirdt allein die ganze
Analyse, sondern sie machen ven wichtigsten Theil
dcr Analyse sclbst aus; fie allein können das Werk
und seinrn Effect, dem nichtS gleichkommt, wenn
ich nach mir urtheile, und welcher in der That
über Allem steht, was die Musik hervorgebracht
hat, wenn ich nach der Zahl der Zuhörcr urtheile,
auf welche eS, ganz abgesehen von den Orten, wo
fie es hören, dem religiösen Glauben und, selbst
biS auf einen gewiffen Grad, ganz abgeseben von
dem mufikalischen Lulturzustande, auf dem fich die-
selben befinden, mit unwiderstehlicher Macht ein-
wirkt, erklären. Jch habe das Requiem in ver-
schiedeNen Epochen meines Lebens in der. Kirche
und in Eoncert-Sälen und selbst tn Privatwoh-
n^dngen aufführen hören, und überall brachten ge-
wisse Stücke tesselben denselbcn Eindruck auf Ie-
dermann hrrvor. Wenige mufikallsche Tragödien,
im dramatischsten Style grschrieben, mit dem höch-

dte Majestät deS TemvelS, der Anblick des TrabeS,

in der Diaspora, verdient gemacht hat. Diese
verdanken seiner Anregung und Thätigkeit ihre
Gründung, jene die Errichtung zweicr Schulen,
an deren einer er mit scltcner Uneigennützigkeit
alS Lehrer mitgewirLt hat. Den Adgegangetwn
überall zu ersetzeu, möchte um so weniger eiue
leichte Aufgabc sein, als die bekannteu hiesigen
Verhältuisse ohnehin einen durch Erfahrung,
wifsenschaftliche Bildung und Gewandthe^ im
Umgang hervorragenden Mann erforder/r, der
insbcsondere gecignet ist, die hiefige, alö die
Mutter-Gemcinde fämmtlicher evangellscher Ge-
meindcn im ^»eekreife, uach Außen würdig zu
repräsentiren und zügleich der Aufgabe zu ge-
nügen, welche mit der Jnspection über die meist
jüngexn Pgstorations-Geisllichen der Diaspora
verbunden ist. Wir zweifeln indeffcn njcht, daß
von Seite des großh. Oberkirchenraths die hicr
einschlagenden Verhältniffe reiflich erwogen und
demgemäß nur vorzüglich geeignete Bewerbcr
werden zur Wahl vorgeschlagen werden, weS-
halb auch dcr bei wcitem größte Theil der wohl-
berechligten Gemeinseglieder hinsichtlich ihrer
Abstimmung sich volle Freiheit bewahren rznd
unter keinen Umständen irgendwie im Voraus
binden werden. ,

Wien, 7. März. Mit dem Feldzeugmeister
Benedek, dem Höchstcommandirenden der Armee
in Zlalien, sind der Chef des.Generalquartier-
meisterstabeS, Generalmajor Baron John, und
der Generaladjutant dieser Armee, Qberst Krig,
hier eingetroffen, ohne Zweifel ein Zeichen
mehr, daß es sich um militärische Conferenzen
von mehr als gewöhnlicher B.edeutung handelt.
Benedek hattc schon wenige Stunden nach seiner
Ankunft eine Audienz beim Kaiser.

Wien, 7. MLrz. Aus Prag berichtet die
„Preffe": „Zahlrciche AnerkennungSadressen
sind vom Lande an die hervorragenden Ab-
geordneten der deutschen Partei eingelaufen.
Die czechischen Blätter veröffentlichen ein „Ein-
gesendet" gegen Herbst, von 151 czechischen
UniversitätShörern gezeichnet." — Der Polizei-
commissär Chlcbiczek wurde ebenfatzS suSpen-
dirt. — Unter demselben Datum wird der
„D. Allg. Ztg." aus Prag geschricben: „Die
Excesse im Lande haben trotz der Versichernng
dcS Negierungsvertrcter» im Landtage, daß die
energischsten Verhülungsmaßregeln getroffen
wurden, noch nicht ihr'Ende erreicht. Aus
Dobrichowitz und Tmain sind Berichte über
neue Excesse cingelanfen. und die enorm ge-
rcizte Stimmnng in uuserer Stadt selbst läßt
jeden Augenblick den Ausbruch deS drohenden
Unwetters befürchten. Deutsche und Judcn
siud auf öffentlicher Straße und in Gasthäu-
sern den gröbsten Jnsulten auSgcsetzt, und die
czechischen Journale schüren, statt zu besänf-
tigen, so daß man über daS passive Verhalten
des StaatSanwalts nicht wenig erstaunt ist.
Gegen das in deutschcr Sprache erscheinende
Czechenblatt soll allerdings ein Proceß einge-
leitet sein; aber die AuSfälle desselben gegen
die Juden und Deutschen haben nur noch zu-
genommen. Die deutsche Partei wird von die-
sem Blatte „politischeS Ungeziefer" genannt,
die Judencrawalle gerechtfertigt rc."

Agrau», 8. März. Jm Landtag fand heute

futstis und deS L.scrz'moss Personen erblcichen und
erzittrrn sehen, welche gar nichts von Musik ver-
flanden, und deren Ohren nicht einmal an den

Requiem in seinem Ensemble ist aber viel gelehr-
tere Mufik, als die irgeud einer Oper. Wir haben
aber bereitS in einem andern Theile dteses Buches

durchaus außer Stande ist, eine Kirchen Eompo-
fition als Kunstwerk zu beurtheilen, diesc deßhalb
dennoch in der Wahrheit ihxes christlichen AuSdrucks
fühlen kann; eine Bemerkung, welche fich vor Allem
und im höchsten Grade auf Mozart'S Requiem
anwenden läßt. Niemand täuscht stch über die
Deutung dieser Musik: Gott, der Tod, das Ge-
richt, die Ewigkeit! Man braucht deßhalb weder
Katholik zu sein, noch Latetn zu verstehen.

die Verhanolnng über das königliche Nescript
vom 27. Febr. statt. Dcr Commissionsantrag,
eine ans 12 Mitgliedern bestehende Depntation*
nach PAh zu senden, wurde angenommen.

G n g l a »t d.

London, 7. März. Dr. Dhewell, auch in
Deutschland insbesondere durch seine Geschichte
der inductiven Wiffcnschaften (übersctzt von
Littrow) rühmlichst bekannt, ist gestern zu
Cambridge gestorbeu. — Zn Dublin wurde
gestern Äbend wieder eine Gescllschaft von Fe-
niern, die in einem Wirthshause Berathung
hielt, aufgehoben. 28 Personen wurden, ohne
Widerstand zu leisteu. verhaftet.

A m e r i k a.

Newyork, 24. Febr. Am GeburtStage
Washington'S wnrden (wie schon kurz berichtet)
im ganzen Lande Maffenversammlungen abge-
haltcn, um die Politik des Präsidentcu John-
son zu untcrstützen. Jn der zu Wajhmgton
abgehaltenen wurde eine Nesolution, welche
Herrn Johnson's Verfahren billigt, gefaßt,
worauf man sich nach dem Weißen Hause be-
gab. Hier wiedsrholte der Präsidenl vor ciner
unermeßlichen Volksmenge die Ankündigung,
daß er der in seiner letzten Botschaft auSge-
sprochenen Politik tren bleiben wolle. Er sei-
entschlossen, die Union zu erhalten. Er stände
noch, wo er beim Beginne der Nebellion ge-
standen; jetzt wie damals sei seine Aufgabe:
Vertheidigung der Union und Verfassung gegen
ihre Widersacher im Norden oder Süden. Da-
malS, wo er sein Amt angetreten, ha-be der
Süden sie zu zerstören gekämpft; „kaum ift
der Krieg vorüber und das Land befindct stch
inmitten einer neuen Rebellion. Wir führten
Krieg, um eine Trennung der Staaten zu ver-
hüten, jetzt macht man den Versuch, die Re-
gierungsgewalt in den Händen einiger Wenigen -
zu concentriren, eine Vereinigung, die nicht
weniger schlimm und gefährlich als Trennung
ist." Weiter spricht sich der Präsident schr
scharf gcgen die Bildung eineS Congreßcomite'S
zur Prüfung der südstaatlichcn Ansprüche auf
Vertrctung im Congresse aus. „Die Executive
wie daS öffcntliche Ürtheil habe entschieden, datz
kein Staat die Macht oder das Recht, die Union
zu verlassen, besitze, und jetzt behauptet Jbr,
Zcne seien einmal ausgeschicden und sollen
nicht wieder herein! Verrath fand ich im Sü-
den, und nun ich mich nZende, auch hier Be-
fehdung der Union und Bekämpfung ihrer
Grundprincipien." Auf deu Rnf, die Namen
Derer, die solches betriebcn, anzugeben, nannte
der Präsident ThaddeuS Stevens, Charles Sum-
ner, Wendell Phillips als die bedeutendsten.
Man möge, bemerkt der Präsident im Weite-
ren, ihn verlästern und verleumden und der
Usurpation bczüchtigen, ihn werde daS nicht
einschüchtern und nicht abhalten von Dem, was
er zum Heile der Union für nöthig erachte.
Er werde nicht weichcn und wenn cs sein müsse,
sein Lcben zum Opser bringen. — Jm Cooper
Jnstitute war ein dichtgedrängteS Meeting ab-
gehalten wordeu, in welchcm alle politischen
Nichtungen vertreten waren. ES wurde auf
demselben eine Adresse und Resolution ange-
nommen, in welcher die Zulassung loyaler Ver-
treter auS den Sndstaaten dringend befürwor-
tct, daS Vcto gebllligt und deS Präsidenten
Politik gutgeheißcn wurde. — Hr. Seward
hielt ebenfalls eine Nede, in der er die beruhi-
gende Vcrsicherung ertheilte, daß die Lage deS
LandeS eine ungefährdete sei, möge die Politik
deS Präsidenten oder deS Congresses schließlich
den Sieg davontragen. Früher oder später
müßten auf alle Fälle die Südstaaten ihren
gebührenden Platz in der Nationalvertretung
wieder einnehmen, dann werde die Herstellung
der Union eine vollständige sein. Unter An-
derem bemerkt Hr. Seward, daß die Politik
der beiden Kaiser in Mexico weder weise noch
hoffnung-voll genannt werdcn könne. Die We-
senheij seiner Rede liegt darin, daß er sich auf
Seiteu des Präsidenten gegen die Majorität
deS CongresseS bekennt. — Ein Comite ein-
flußreicher Persönlichkeiten auS Newyork begibt
sich nach Washington, um mit dem Präsidenten
über die besten Mittel zur Durchführung seiner
administrativen Maßregeln NathS zu pflegen.
— Von Washington telegraphirt Hr. Seward
nach Newyork: „AlleS steht gut. Die Union
 
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