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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 76-99 April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0391
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Ueideibrrgrr Ieilung.

KreisvcMndigungsblatt für ben Kreis Hcidclberg und amtliches Verkündignngsblatt für die Aints- nnd AintS-
Gerichtsbezirke Hcidelbcrg und Wicsloch und dcn Anitsgerichtsbezirk Neclargeiiiüiiü.

krscheink, MontagS auSaenvmmen, liglich. H/S JnserkionSgebühren sär die Zspaltige Petik-

LWUW. PreiS vierkrtjährlich 1 U. 3 lr. ;eile werden mit 3 kr. berechnet. M^UWAW»

Befkellungen auf di'e „Heidelberger
Zeirung" nebfi Beilage „Heidelber-
ger Familienblätter" für das mit 1.
April 18<»6 begonnene 2. Quartal
werden fortwährend angenommen.

Die Expedition

* Politifche Umfchau.

Heidelberg, 12. April.

* Bismarck, welcher der Volksvertretung
Preußens die ausgesuchtesten Beschimpfungen
anthut, sie durch das von ihm abhangige Ober-
tribuual förmlich mundtodt machen ließ —
diefer Bismarck will der Schöpfer eineS frcige-
wählten, aus dem allgemeincn Stimmrechte
hervorgchenden Parlamcnts werden!? Wie
wäre dies denkbar? Ein Parlamcnt, dem ein
Btsmarck sich unterwerfen will, kann nur aus
Abgeordneten nach Art dcr prenßifchen Herren-
häuSler zusammengesetzt sein, die nur beschlie-
ßen, waS er ihncn dictirt, und damit ist selbst-
verständlich dem deutschen Volke nicht gedient.
ES verlangt eine Centralgewalt, mittelst wel-
cher nicht Preußen in Deutschland herrscht,
sondern welcher es (nebst Oesterreich) eben so
willig sich unterordnet. wie Bern und Zürich
, dies der Schweizer Bundesgewalt gegenüber
thun. Bismarcks Reformplan hätte höchstens
die Ausdehnung einer Art von Caseruenstaat
über ganz Deutschland, wenigstens über Nord-
deutschland, im Auge. Allein eS ist ihm —
wie wir gestern schon bemerkt haben — nicht
einmal Ernst damit. Die Neformfrage soll
ihm — und hierin stimmen so ziemlich alle
unabhängigen Organe der Presse überein —
nur Zcit gewinnen helfen, um aus seiner
jetzigen Vcrlegenheit herauszukommen, und vor
AÜem, um liie von Oesterreich vorbereitete An-
rusklng des Bundestags in der schleswig-hol-
steinischen Streitsache zu nmgehen. Der Con-
flicl — so will Bismarck — soll iu Schwebe
bleiben. damit wieder Zeit- gewonnen werde,
die Zustande Deutschlands total zu werwirren
und sodann im Trüben zu fischen. Ein Haupt-
zweck hierbei ist auch, Oesterrcich und Bayern
zu verseinden, und Erstcres aus Deutschland
ganz zu verdrängen.

Der deutsche Cörrespondent deS „Temps",
Hr. Seinguerlet, meint, es gebe nur ein ein-
zigeS Mittel, den Schrecken des Kriegcs und
seinen Folgen zu entgehcn, nämlich der Nück-

Die Arbeit der Mädchen.

Copiren, Stenographiren, Malen, Buchführen,
Musterzeichnen u. dgl. unterrichtet werden; wer hter
seinen Cursus durchgemacht hat, findet bald eine
eintragliche Beschäfttgung. Jm Iahr 1860 wurde
in London die GrseUschaft zur Brfördcrung der
Bcschästigungrn der Frauen gegrünbct; fie steht in
nächster Verbtndung mit der Nationalassociatton
zur Bcförderung drr Socialwissensckaft. DaS diri-
girende Comtte befteht auS angcsehenen Männern
und Frauen. MaßgebendeS Princip deS Vereins

tritt dcS Hrn. v. Bismarck. So lange er am
Ruder sci uud 500,000 Bajonette ihm zur
VerfügUng stehen, sei die Nuhe Europas in
Gefahr. Selbst falls cs zu eincm Arrangement
zwischen Oesterreich und Prenßen käme, so
würde das nur ein Provisorium sein, eine
Verlängerung der durch den Gasteincr Vertrag
hervorgebrachten schiefen Stellung; bei näch-
ster Gelegenheit, die Herr v. Bismarck für
günstig halten werde, würde er von Neuem
Streit anfangen. Es kommt deShalb darauf
an, vaß alle wahren Frcunde des FriedenS
gegen oiesen Staatsmann wirken.

Der „Temps" bemcrkt, wenn Graf BiSmarck
das allgemeine Stimmrecht wolle, so möge er
es zuvörderst in dcn Hcrzogthümern einsühren.

Glaubwürdigcn Nachrichten zufolge, soll der
Plan des preußischcn Premiers dahin zielen:
allgemeine directe Wahlen einzusühren, d. h.
das active Wahlrccht möglichst vollständig zu-
zulassen, dagegen aber das passive Wahlrecht
in möglichst beengende Grenzen zu bannen.
Ferner sollen die Abgeordneten während ihres
Aufenthaltes in Franksurt keine Vergütung be-
anspruchen dürfen. Der Wirkung nach wärc
dies ein Ausschließen aller wcniger Bemittelten,
mit dem selbstvcrständlichen Vorbehalte, die
„Gutgesinnten" vermittelst Anstellungen, Be-
förderungen oder auch Zuwendung anderer Vor-
theile an ste selbst oder ihre Verwandten —
gebührend zu belohnen.

Das „Dresdener Journal" veröffentlicht die
Erwiederung der sächsischen Ncgierung vom
6. d. auf die preußische Circulardepesche vom
24. März. Jn dieser Antwort bekämpft Frhr.
v. Beust im Voraus die Motivirung des prcu-
ßischen Reformantrages.

Eine von etwa 3000 PersoNen besuchte
Volksversammlung in Essen hat dic Wittener
Nesolution angenommen.

Auch der „Köln.Ztg." wird gemeldet: Wegen
deü Parlaments-AntrageS scheint eS sich zu be-
stätigen, daß daS active Wahlrecht unbegrenzt,
daS passive dagegen wenigstenS thatsächlich sehr
beschränkt sein soll. — Das Parlament soll
eventuell in Frankfurt zusammentreten.

Die zur Fortschrittspartei gehörigen Mitglie-
der der nassauischcn ersten und zweiten Kam-
mcr habcn an die ständige Commission des Ab-
geordnetentags einen Aufruf erlassen, worin
dieselbe aufgefordert wird, zur Verständigung
in der Parlamentsfrage eiuen Abgeordnetentag

nach Frankfurt zu berufen. Zugleich werden
die übrigen deutschen Landtagsmitglieder auf-
gefordert, diesen Antrag bei der ständigen Com-
mission zu unterstützen.

Die „Krcuzztg." erklärt, wenn Oesterreich den
Antrag auf Mobilisirung deSBundeSarmeecorpS
stelle und der Bund ihn annehme, soseidamitder
Krieg erklärt.

Die Wiener „Presse" meldet, die Bundes-
regierungen würden erst dann auf die geschäft-
liche Behandlung deS preuß. ReformprojectS
eingehen, wenn einzelne Punkte desselben vor-
her präcisiv erläutert werden.

Nach der osficiösen „Lcipziger Zcitung" soll
das vom sächsischen Ministerium am 10. d.
'erlassene Pferdeausfuhrverbot schon vom 14. d.
ab in Kraft trcten.

' Die bayerische Regierung hat nunmchr auch
das Verbot der PferdeauSfuhr über die Zoll-
vercinsgrenze beschlossen.

Deutschland.

-j-* * Karlsruhe, 12. LLpril. (21. öffentliche
Sitzung der zwciten Kammer.)

Jn Folge der gestrigen Besprechung der deut-
schen Frage in privater Versammlung der Kam-
mermitglieder kündigt der Abg. Knies in Ver
heutigen Sitzung eine Jnterpcllation an bezüg-
lich der Stelluug der Großh. Negierung zu dem
preußischcn Antrag über Bundcsreform. Wegen
Dringlichkeit der Sache soll dieselbe in einer
der nächsten Sitzungen stattfinven. ^

Dcr Tagesordnung gemäß kommt der Bericht
des Abg. Muth über den GesctzeSentwurf, die
neue Katastrirung der Gebäude im Großher-
zogthum, zur Berathung. Das genannte Gesetz
soll dic Aufstellung eineö neueu Grundsteuer-
katasters zum Abschlusse bringen, nachdem be-
reits in Folge dcS GesctzeS vom 23. März 1854
eine neue Schätzung stattg^nden, und die neue
Katastrirung des landwirthschaftlichen Gcländes
durch das Gesetz vom 7. Mai 1858 bereits im
Vollzug begriffcn ist. Die nxue Einschätzung
der Gebäude ift um so mehr geboten, als die-
sclbe letztmals im Jahre 1810 stattgefundcn
hat, und scitdem der Kaufwerth aller Liegen-
schaften, inSbesondere aber jener der Gebäude,
sich wesentlich verändert, d. i. sich erhöht hat.
Jm Großherzogthnm waren am Schlusse des
Jahres 1864 200,995 bewohnte Häuser, nicht
bewohnte 2046, und sonstige Gebäude, welche
nicht zum Bewohnen, sondcrn sür andere Zwecke

ist: die Gescllscbaft bescbäftigt dtrect Niemanden;
fie selbst macht kein Gcschäft und erzielt keinen Ge-
winn; sie ermuthigt Privatunternehmungen und
dic Selbsthilfe der Fraucn; ihr Ziel ist, Frauen
durch Vorschüssc und andern Beistand zu befähigen,
fich selbst zu etablircn, so daß sie wiedcr andere
Frauen bcschästigen. Für die AuSführung dteses
Princips bcsteht folgcnde Organisation:

1) Ein Nachweisburcau, das unentgeltlich
Lber Angebot unc> Nacbfrage weiblicher Arbeit Aus-
kunft gibt. Es verlangt und gibt genügende Nach-
richten über die Qualification der Arbeiterinnen, !
und Personen, die fich als tüchtig auszeicbnen, er- !
langcn durch das Bureau sehr bald in deu verschie- I
denen Branchen weiblicber Thätigkeit Beschäftigung.

2) EineHaiidelsschule. Hier werden meistens Töch-
ter von HandelSleuten, aber auch andere Mädchen
durch Untcrricht und geeignete Uebungen vorberei-
tet, Stellen als Verkäuferinncn, Kassiererinnen,
Rechnungsführerinncn zu bekleiden.

3) Von der Gescllsckaft brgründete EtablissementS.
Unter drn Leistungen in drnselben ist besonders die
Schreiberarbeit hervorzuheben. In dret dafür
eristirenden Bureaus wurden nach kurzen Andeu-

dienst beträgt dabei 15 Schilling.

Uhrmacherkunst und noch mehrere andere Arbeiten.

Die directe und indirecte Wirksamkeit der Ge-
sellschaft soll bedeutenb sein, und es kommt ihr
jedenfalls in hohem Grad der praktische Sinn der
Engländer zugut, während bei uns solche Unter-
nehmungen oft an einem idealistischen. sentimen-
talen und religiösen Anstrich kranken und dadurch
gcsunde und befriedigende Erfolge beeinträchtigt

Zn PariS bestchen ebenfalls Gesellschaften zur
gewerblichen Vorbildung der Frauen, und die
Frauen betreiben in Frcrnkreich schon viele Arbet-
ten, die anderwärtS den Mänuern zufallen. In
Paris stnd allcin 12,000 Frauen bei der Schuh-
! macherei beschäftigt. (Schluß f)
 
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