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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 152-177 Juli
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https://doi.org/10.11588/diglit.2833#0070

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vor, um ihre Maffen zum cntscheidendeu Schlag
zu concentriren. Er findet, daß die Preußen
mit außerqewöhnlicher Kühnheit vorgcyen; al-
lein dabei übersieht er nichr,' daß, wcnn si/einc
Niederlage erleiden solltcn, 'ihre Lage sehv ge-
fährdet sein könnte. Bei rinem Nückzug könntcn
die Olmntzer Armee und selbst die Garnisonen
von Joscphskadt und Königgrätz bedeutende Ver-
legenheiten für sie werden.

Der „Jtalie" zufolge würde binnen Kurzem
vom Hauptquarticr aus cin königl. Manifest
erläffen werdcn, welches die Devölkcrung von
italicnisch Tyrol und Jstricn im Namen Jtaliens
zür Unabhängigkcit anfruft.

Nach dcr „Times" wird Graf Julius Un-
draffy mit der Mission bcaustragt, ein unga-
risches Cabinet zu bilden.

Die Pforte knüpft die Anerkennung des Prin-
zen von Hohenzollern an Bedingungen, welche
anzunehmen dieser nicht in der Lage ist; na-
mentlich wird die Erblichkeit de's Hospodarats
verweigert.

Vom Kriegsfchauplatz.

Wahrcnd gestcrn die Nachricht eintras, daß
die preußischcn Truppen vorgestern bei Actzels-
dorf hie niederösterreichischc Grenze überschritten
haben, wird dem „Kamerad" mrtgetheilt, daß
bereits am 11. und 12. d. prcußische Truppen
über Teltsch, Jamnitz, Datschitz, Aithart (sämmt-
lich kleine Städtchen an der mährisch - österxei-
chischcn Grenze) passirtcn und auf der Straße
gegcn Zlabings und Dobersberg (bereits Nie-
derösterreich) nach Waidhosen an der Thaya
ihren Marsch fortsetzten. Man war allgemein
der Ansicht, daß der Fciyd seinen Weg von
Jamnitz nach Znaim nehmen werde ; da dies
aber nicht der Fall war, so dürfte die Vermu-
thung nicht ungegründet sein, daß die Prcußen
auf der über Waidhofeil führenden Straße nach
Krcmö über Gföhl marschiren; das feindliche
Armeecorps, welches diese Gegend passirte, be-
stand aus verschiedenen Truppenkörpern und
führte auch Artillcric mil sich. Außer der üb-
lichen Einquartierung und Verpflegung wurde
von den fcindlichen Truppen nichts beansprucht.

'Wien, 12. Juli. Feldmarschqü Erzherzog
Albrecht hat an die Süd-Armee folgenden
Armecbefehl erlassen:

tn der Mitte deS^luffeS, alS sie das Waffer gegen
etne seiner gefährlichften Stellen trieb, wo fie bald
vvn den Wafferwirbeln in Grund geriffen wurde.

Dame und.thr fünf Iahre alteS Kind konnten
nicht m hr gerrttet werden. Das arme fünfjährige
Ktnd, etnige Miuuten der Spielball der Wogen,
bald unter drm Waffer verschwindend, bald wieder
auftauchcnd, rief klagltch seiner Mutter, die selbst-
mit den Wellen kämpfte und sich nicht zu retten
vermochte. Herr Gruyer, wclcher gut schwimmen
koynte, ward vor den Augen seiner am Ufer
stehenden Frau ein Opfrr der Wellen, als er t.n
edler Aufopferung Mutter und Kind retten wollte,
und es blieb ihr nichts übrig, als ihm ihr letzteS
Lebewohl in dieWogen nachzurufen. DerBanquier,
dte junge Dame mit ihrem Kinde wurden von den
Wirbeln ergriffen und in drn Grund hivabgezogen,
von wo fie nlcht mehr zurückkamen und bis heute
auch nicht aufgefunden werdcn konnten.

* Baden-Baden, 13. Iuli. Gestern fand das
zwette vom SpielpächLer gegebene Concert tm Saale

reitS d'ie größten Schwierlgkeilen siegreich überwinden
gelehrt!'

Erzherzog Albxecht, F.-M. m. p.

Nach einem Telegramm der „Ostd. Post"
hätten preuß. Vorposien den 14. Juli Unga-
risch-Hradisch, an der Olmütz-Lundenburger
Bahnstrccke, östlich von Brünn gelegen, besetzt.
Würde diese Nachricht sich bcstätigen, w wäre
die Eisenbahnverbindung mit Olmütz bereits
unterbrochen und die Verschanzung von Lun-
denburg umgangen. — Einem anderen Berichte
zufolge wnrde an demselben Tage Proßnitz
(südwcstlich von Olmütz) vom Feinve occupirt;
auf heute soll eine gauze Brigad.e angesagt sein.
Der Vfirmarsch nach Süd-Ost und Süden voll-
zieht sich also sehr rajch. — Jm nördtichen
Byhmen werven fortwährend.preußische Trup-,
pen aus Sachsen nachgeschoben. So mcldct ein
Telegramm aus Saatz vom 13. Juti: „Pren-
ßen heute zwischen 9 und 11 Uhr.Vormittags
circa 1700 Mann in Kommotan eingerückt.
Nach ihrer Aussage morgen Nasttag, dann über
Postelbcrg gegen Prag, Mehr Cav.allerie und
Geschütz soll morgen und folgende Tagc nach-
koznmen. Von Görkau Abtheilungen in Kom-
motau vereinigf." Der Commandant dieser Ab-
theilunL hat bei. scinem Einmarsche folgende
Proclamalion erlaffen: „Nachdem die königl,
preuß. Truppen von hiesiger Gegend Besitz ge?.
nommen, besehle ich wie folgtz: NekrrMrungen
jedwxder Art sind aus das strengste vcrhoten
und werden widrigensalls sowohl die auSsüh-
renden.Behörden als. die den Besehlen derselben
Folge gebfinden Nekrnten unnachfichtlich kriegs-
rechllich bestraft. Kommotau, den 13e Juli
1^66, Der Comm.andant: Gyns v. Rekowsky."

Nach dcr Schlacht bei Königgrätz erließ dcr
König von Prcnßen uachstehenden Tagesbefchlt
„Soldaten meiner in Böhmen versammelten
Armecn! Einc Neihe blutiger und ruhmreicher
Gefechte hat die rcchtzeitige Vercinigung unserer
sämmllichen Strcitkräftc in Böhmcn möglich
gemacht. Aus den mir vorliegenden Berichten
ersehe ich, daß dies Resultat durch die sichere
Führnng meiner Generalc und durch dic Hin-
gebm'g und Tapserkeit sämmtlichcr Truppen
erreicht worden ist. Unmittelbar darauf hat die
Armee, trotz aller Anstrengungen und Entbch-
rungen der vorhergehenden Tage, unter meiner
Führüng, den. Fcind in eiuer fcsten Stellung
ber Königgrätz energisch angegriffcn, die gut-
verthei.dig.te Position nach heißem Kampfe ge-
nommen und eiueu glorreichen Sieg erkämpft.
Viele Trophäen, über hundert croberte Kano-.

; nen, Tausende von Gefangenen geben aufs neue
Zeugniß vou der Tapferkeit und Hingebung, in
welcher alle Waffen mit einqnder gcwetteifert
haben. Der, Tag von Königgrätz hut schwxre
Opfer gefordert, aber er'ist ein Ehrentag für
die ganze Armee, auf welche das BLterwnd mit
Stolz und Bewunderung blickt. Jch wM, ihr
werdet auch ferner meinen Erwartungen ent-
sprechen, denn preußische Truppen wußten stetS
mit dem Hcldenmuth diejenige Mauuszucht zu
vereinigen, ohne welche große Erfolge nicht er-
kämpft werden können. Hauptquartier Horzitz, ^
den 4. Zul,i^1866.- Wilhelan,"'

Lsie Erfolge P-reHßenS» in. de.m ersi. vM-
wtzchen.tlichon, K-nege.- mit Oesierreich, und. denjf
Mittelstaaten — preußische Truppen siegrsich
durch Böhmen und Mähren in die Nähe WienS..
vorgedrungen, Sachsen, Hannover, Kurhessen
besetzt, Nassau, Hessen - Darmstadt durchstreift
nnd bedryht, der König von Sachsen flüchftg^
der König von Hannover kraft Capftulatifiu
außer Lands, der Kurfürst von Heffen gefan-.
gcn, der Großherzog von Heffen-Darmstadt,
der Herzog von Nassau außer LandS, die Reste^
dcs BundeStags flüchtig, der Sitz deö Bundes,,
tags besetzt, daS 7. und 8.. Bundesarineccorpsi^
über den Main zurückgedrängt, kein Feind im ,
eigenen Landc auf der ganzen Linie vom Rhein
bis zur Weichsel — diese Erfolge sind so be-
deutcnd, daß es für Preußen sich fragen wird.
ob nicht auf Grund derselben ein Friedens-

schluß mit gemäßigten Bedingungcn sicherer

und vortheilhafter wäre, als daS Kriegsgltzck
noch fcrner zu versuchen; ob nicht des BlutS
Deutscher gegen Deutsche genugsam vcrgossen sei.

Vrünn, 14. Juli. (Ueber Berlin.) Die -
Ocsterreicher ziehen sich hart bedrängt hinter
der Taya auf Wien zurück. MLHren, auSge-n
nommen Olmütz, wird von ihnen widerstands- ,
los geränmt. Der hiesige Bürgermeister chat
eine beruhigende Bekanntmachung veröffentlicht,
auf die Mannszncht der preußischeu Armee
hinweisend. Die Oesterreicher verlassen Olmütz^
theilweise.

Stockerau, 16. Juli. Gestern hat ein
Vorpostengesecht der Brigadc Wallis mit preu-
ßischen Truppen bei Jetzelsdorf stattgefunden.
Die Prcußen, muthmaßlich zwei Jnfanterie-
und zwei Cavallcrieregimenter mit Batterien,
sind heute früh in Oberhollabrunn eingetroffen.
Der Anmarsch einer größeren Truppenmenge
ist nahe bcvorstehend.

Brünn, 16. Juli. Jm Widerspruch mit >
der gestern-mitgetheilten Nachricht aus Berlin,
welche über Paris dahin gelangt.und auch unter
Wien, 17. Juli gcmeldet wird- schreibt die i
„Köln. Ztg ": Das königl. Hanptquartier ver-
bleibt morgen noch hier. Heute werden Ge,. .
fechte der ersten Armee gegen die Olmütz ver-
lassenden österreichischen Truppen erwartet,

Wi^n, 17. Juli. Lunpenburg wurde gestern
Abend von 4000-Preußen besetzt (vgl. Brünn>
16. Juli); die Verbindung mit Olmütz ist dem-
vach unterbrochen,. die Aufstellung auf unserer
Seite vollendet und der entscheidende Schlag nahe .
gerückt; nähcr vielleicht, als man im großen
Publikum annimmt. Der Feind rückt roieder
rasch vov; Krems soll, wie Neiseude, die heute -

Ludwig XIV. statt. Erne Beethoven'sche Sonate für ,
Violine und Clavier in diesen Räumen vor diesem-i
Publikum, welcheS kaum cjn Verständniß entgegen-
brachte, war eine Seltenheit. Die AuSführenden,
W. Kräger und Sighicelli, waren übrigknS ihrer
Aufgabe gewachsen. Herr Krägsr spielte das Piano
mit großer Sicherheit, nur hätten wir etwas mehr
Zartheit gewünscht. Herr Sighicellt behandelte tie
Violine mit genügender Technik, der Ton tst wetch,
sedoch nicht breit und voll genug, wie wir von den
bedeutendstrn deutschen Meistern gewohnt find. Frau t
Elise Werbcr, unverkennbar von großer künstle- i
rischer Begabung, sang zwei Arien aus der neueren
französischeu Dramatik und Lieder. Ihr fehlt übri-
genS ein wesentliches Lrforderniß zur Sängerin,
cine frische Stimme.

Die Schauspielerin Bourgoin befreite sich
einft auf seltsame Weife von einem zudrtnglichen
Lirbhaber. Der alte etngrbtldete Graf T. war in l
sie verliebt, wagte jedoch nicht, ihr setne Gesühle !
zu offenbahren. Dagegen setzte er fich fast jeden
Abend auf etne Bank beim Eingange in daS Foyer. j
Hier blieb er, wie durch etnen Zauber gefeffelt, ^

fitzen, heftete seine Augen auf dte Bourgoin und
berausc^te sich in dem Glücke, fie zu sehen und zu
hören. Ging fie auf ^ie Bübne., so folgte er thr
hinter die Louliffen, ging sie wieder zu ihrem Wa-
gen, so hatte er fich gewiß auf ihrem Wege so auf-
gestcllt, baß er ihr Klrid berühren und cineu Blick
von ihr erhalken konnte. Die Schauspielertn war
dteser lächerlichen Zudrtnglichkeit müde und nahm
fich vor, thn vor allen Leuten entscheidend abzu-
führen. EineS AbendS, alS er fich, nach Gewohn-
heit, an die Thür gestellt hatte und den Hut gleich
etnem Bettler htelt, der um einc Gabe bittet, legte
die Bourgoin, als fie an ihm vorübn gtng, etn
; Fünffrankenstück rn den Hut des Grafen uud jagte
! dabet mit mitletdiger Stimme: „Gotd.helfe Euch,
i armer alter Mann!" Der Graf warf bleich vor
! Zorn das Geldstück drm kcckeu Mädchen vor dte
Füße und verließ schnell den Saal, in dem man
zhn niemals wieder sah.

Auflöfung der Homonyme tn Nr. 159:
 
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